Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

Bild:
<< vorherige Seite

Tagebuch von einer nach Nizza
Bau an dem Hafen. Jch habe zuverläßig erfahren,
daß gegenwärtig diese Summe sich jährlich ohngefähr
auf 700000 Lire beläuft. Rechnet man zu dieser
Summe eine Million jährlich für Oel, etwa 300000
Lire für Seide, Früchte und Wein, und eben so viel
was etwa durch die Handlung, das Aus- und Durch-
führen der Waaren, und von Fremden, die sich hier
aufhalten, gewonnen wird, so beläuft sich die jährli-
che Summe des umlaufenden Geldes auf 2 Millio-
nen und 300000 Lire.

Daß das Land dem König gegenwärtig viel weni-
ger einbringe, als es an Ausgaben kostet, ist aus
dem monatlichen Transport, der aus Turin hieher
kommenden Gelder offenbar. Die Grafschaft Nizza
bezahlt zwar dem König eine mäßige Landtaxe; davon
aber ist das Gebiet der Stadt Nizza, der ansehnlichste
und fruchtbarste Theil der Provinz, ausgenommen.
Die Stadt bezahlt nichts, als 12000 Lire für alle
Abgaben der Stadt und ihres Gebietes. Diese
Summe bezahlt der Municipalmagistrat, der dafür
die Bäckerey und Schlächterey der Stadt verpachtet,
und die Summe auf diese Art durch eine geringe Er-
höhung des Preises des Brodtes und Fleisches wieder
einziehet *).

Außer-
*) Das Brodbacken ist also hier ein Monopolium für
die Stadt, und vielleicht das einzige nützliche Mo-
nopolium. Denn wenn, wie anderswo, jeder Land-
mann und gemeine Bürger selbst backen wollte, so
wäre nicht Holz genug in dem Lande. Es sind nur
wenige Backofen in der Stadt, die aber Tag und
Nacht die ganze Woche durch, den Sonntag und ei-
nige Feyertage ausgenommen, warm bleiben. Jeder
bringt seinen Teig dahin und läßt ihn backen. Es ist
leicht zu erachten, wie beträchtlich die Ersparung
des Holzes dabey seyn müsse.

Tagebuch von einer nach Nizza
Bau an dem Hafen. Jch habe zuverlaͤßig erfahren,
daß gegenwaͤrtig dieſe Summe ſich jaͤhrlich ohngefaͤhr
auf 700000 Lire belaͤuft. Rechnet man zu dieſer
Summe eine Million jaͤhrlich fuͤr Oel, etwa 300000
Lire fuͤr Seide, Fruͤchte und Wein, und eben ſo viel
was etwa durch die Handlung, das Aus- und Durch-
fuͤhren der Waaren, und von Fremden, die ſich hier
aufhalten, gewonnen wird, ſo belaͤuft ſich die jaͤhrli-
che Summe des umlaufenden Geldes auf 2 Millio-
nen und 300000 Lire.

Daß das Land dem Koͤnig gegenwaͤrtig viel weni-
ger einbringe, als es an Ausgaben koſtet, iſt aus
dem monatlichen Tranſport, der aus Turin hieher
kommenden Gelder offenbar. Die Grafſchaft Nizza
bezahlt zwar dem Koͤnig eine maͤßige Landtaxe; davon
aber iſt das Gebiet der Stadt Nizza, der anſehnlichſte
und fruchtbarſte Theil der Provinz, ausgenommen.
Die Stadt bezahlt nichts, als 12000 Lire fuͤr alle
Abgaben der Stadt und ihres Gebietes. Dieſe
Summe bezahlt der Municipalmagiſtrat, der dafuͤr
die Baͤckerey und Schlaͤchterey der Stadt verpachtet,
und die Summe auf dieſe Art durch eine geringe Er-
hoͤhung des Preiſes des Brodtes und Fleiſches wieder
einziehet *).

Außer-
*) Das Brodbacken iſt alſo hier ein Monopolium fuͤr
die Stadt, und vielleicht das einzige nuͤtzliche Mo-
nopolium. Denn wenn, wie anderswo, jeder Land-
mann und gemeine Buͤrger ſelbſt backen wollte, ſo
waͤre nicht Holz genug in dem Lande. Es ſind nur
wenige Backofen in der Stadt, die aber Tag und
Nacht die ganze Woche durch, den Sonntag und ei-
nige Feyertage ausgenommen, warm bleiben. Jeder
bringt ſeinen Teig dahin und laͤßt ihn backen. Es iſt
leicht zu erachten, wie betraͤchtlich die Erſparung
des Holzes dabey ſeyn muͤſſe.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0238" n="218"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Tagebuch von einer nach Nizza</hi></fw><lb/>
Bau an dem Hafen. Jch habe zuverla&#x0364;ßig erfahren,<lb/>
daß gegenwa&#x0364;rtig die&#x017F;e Summe &#x017F;ich ja&#x0364;hrlich ohngefa&#x0364;hr<lb/>
auf 700000 Lire bela&#x0364;uft. Rechnet man zu die&#x017F;er<lb/>
Summe eine Million ja&#x0364;hrlich fu&#x0364;r Oel, etwa 300000<lb/>
Lire fu&#x0364;r Seide, Fru&#x0364;chte und Wein, und eben &#x017F;o viel<lb/>
was etwa durch die Handlung, das Aus- und Durch-<lb/>
fu&#x0364;hren der Waaren, und von Fremden, die &#x017F;ich hier<lb/>
aufhalten, gewonnen wird, &#x017F;o bela&#x0364;uft &#x017F;ich die ja&#x0364;hrli-<lb/>
che Summe des umlaufenden Geldes auf 2 Millio-<lb/>
nen und 300000 Lire.</p><lb/>
        <p>Daß das Land dem Ko&#x0364;nig gegenwa&#x0364;rtig viel weni-<lb/>
ger einbringe, als es an Ausgaben ko&#x017F;tet, i&#x017F;t aus<lb/>
dem monatlichen Tran&#x017F;port, der aus <hi rendition="#fr">Turin</hi> hieher<lb/>
kommenden Gelder offenbar. Die Graf&#x017F;chaft <hi rendition="#fr">Nizza</hi><lb/>
bezahlt zwar dem Ko&#x0364;nig eine ma&#x0364;ßige Landtaxe; davon<lb/>
aber i&#x017F;t das Gebiet der Stadt <hi rendition="#fr">Nizza,</hi> der an&#x017F;ehnlich&#x017F;te<lb/>
und fruchtbar&#x017F;te Theil der Provinz, ausgenommen.<lb/>
Die Stadt bezahlt nichts, als 12000 Lire fu&#x0364;r alle<lb/>
Abgaben der Stadt und ihres Gebietes. Die&#x017F;e<lb/>
Summe bezahlt der Municipalmagi&#x017F;trat, der dafu&#x0364;r<lb/>
die Ba&#x0364;ckerey und Schla&#x0364;chterey der Stadt verpachtet,<lb/>
und die Summe auf die&#x017F;e Art durch eine geringe Er-<lb/>
ho&#x0364;hung des Prei&#x017F;es des Brodtes und Flei&#x017F;ches wieder<lb/>
einziehet <note place="foot" n="*)">Das Brodbacken i&#x017F;t al&#x017F;o hier ein Monopolium fu&#x0364;r<lb/>
die Stadt, und vielleicht das einzige nu&#x0364;tzliche Mo-<lb/>
nopolium. Denn wenn, wie anderswo, jeder Land-<lb/>
mann und gemeine Bu&#x0364;rger &#x017F;elb&#x017F;t backen wollte, &#x017F;o<lb/>
wa&#x0364;re nicht Holz genug in dem Lande. Es &#x017F;ind nur<lb/>
wenige Backofen in der Stadt, die aber Tag und<lb/>
Nacht die ganze Woche durch, den Sonntag und ei-<lb/>
nige Feyertage ausgenommen, warm bleiben. Jeder<lb/>
bringt &#x017F;einen Teig dahin und la&#x0364;ßt ihn backen. Es i&#x017F;t<lb/>
leicht zu erachten, wie betra&#x0364;chtlich die Er&#x017F;parung<lb/>
des Holzes dabey &#x017F;eyn mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;e.</note>.</p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch">Außer-</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[218/0238] Tagebuch von einer nach Nizza Bau an dem Hafen. Jch habe zuverlaͤßig erfahren, daß gegenwaͤrtig dieſe Summe ſich jaͤhrlich ohngefaͤhr auf 700000 Lire belaͤuft. Rechnet man zu dieſer Summe eine Million jaͤhrlich fuͤr Oel, etwa 300000 Lire fuͤr Seide, Fruͤchte und Wein, und eben ſo viel was etwa durch die Handlung, das Aus- und Durch- fuͤhren der Waaren, und von Fremden, die ſich hier aufhalten, gewonnen wird, ſo belaͤuft ſich die jaͤhrli- che Summe des umlaufenden Geldes auf 2 Millio- nen und 300000 Lire. Daß das Land dem Koͤnig gegenwaͤrtig viel weni- ger einbringe, als es an Ausgaben koſtet, iſt aus dem monatlichen Tranſport, der aus Turin hieher kommenden Gelder offenbar. Die Grafſchaft Nizza bezahlt zwar dem Koͤnig eine maͤßige Landtaxe; davon aber iſt das Gebiet der Stadt Nizza, der anſehnlichſte und fruchtbarſte Theil der Provinz, ausgenommen. Die Stadt bezahlt nichts, als 12000 Lire fuͤr alle Abgaben der Stadt und ihres Gebietes. Dieſe Summe bezahlt der Municipalmagiſtrat, der dafuͤr die Baͤckerey und Schlaͤchterey der Stadt verpachtet, und die Summe auf dieſe Art durch eine geringe Er- hoͤhung des Preiſes des Brodtes und Fleiſches wieder einziehet *). Außer- *) Das Brodbacken iſt alſo hier ein Monopolium fuͤr die Stadt, und vielleicht das einzige nuͤtzliche Mo- nopolium. Denn wenn, wie anderswo, jeder Land- mann und gemeine Buͤrger ſelbſt backen wollte, ſo waͤre nicht Holz genug in dem Lande. Es ſind nur wenige Backofen in der Stadt, die aber Tag und Nacht die ganze Woche durch, den Sonntag und ei- nige Feyertage ausgenommen, warm bleiben. Jeder bringt ſeinen Teig dahin und laͤßt ihn backen. Es iſt leicht zu erachten, wie betraͤchtlich die Erſparung des Holzes dabey ſeyn muͤſſe.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/238
Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 218. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/238>, abgerufen am 21.11.2024.