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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von der Rückreise
des Berges an. Etwa eine Stunde nachher kamen
auch meine Leute, Mann und Vieh und Gepäck un-
beschädigt nach.

Es war mir eine nicht unangenehme Ueberra-
schung, in dem Gasthofe einen Officier anzutreffen,
der ein Schweizer aus der Stadt Rheinek ist, und
einer Familie angehört, davon ich einen Theil kenne.
Also konnte ich in dieser Wildniß und in einer so wei-
ten Entfernung von meinen alten Bekannten mich doch
mit einem Einwohner dieser Gegend von gemeinschaft-
lichen Bekannten unterhalten. Dieser Officier com-
mandirte ein kleines Detaschement hier liegender Sol-
daten, die alle 6 Wochen abgelöset werden. Seine
Bekanntschaft überhob mich der Beschwerde, meine
Sachen hier durchsuchen zu lassen; denn dieses ist der
erste Ort in Piemont. Auf sein Wort, daß er mich
kenne, daß ich kein Kaufmann sey, und nichts steu-
erbares bey mir habe, bekam ich eine Bolleta, oder
einen Visitationsschein, vermittelst dessen ich überall
in Piemont frey durchkam.

Limone.

Limone ist ein sehr kleines Städtchen, am En-
de eines sich bis an den Fuß des Colle di Tenda er-
streckenden engen Bergthales; es ist gleichsam das
Thor, durch welches man aus Piemont nach der
Grafschaft Tenda kommt, und hat seine fürnehmste
Nahrung von den Durchreisenden. Doch hat dieses
noch ziemlich hohe Bergthal auch schon Wiesen, eini-
gen Acker und viel Kastanien.

Von Limone
nach Savig-liano.
Den 5 May. Reise von Limone über Coni nach
Savigliano.

Jch hatte zwar die Maulthiere bis Coni gemie-
thet, auf allen Fall aber auch eine Postchaise oder

Cam-

Tagebuch von der Ruͤckreiſe
des Berges an. Etwa eine Stunde nachher kamen
auch meine Leute, Mann und Vieh und Gepaͤck un-
beſchaͤdigt nach.

Es war mir eine nicht unangenehme Ueberra-
ſchung, in dem Gaſthofe einen Officier anzutreffen,
der ein Schweizer aus der Stadt Rheinek iſt, und
einer Familie angehoͤrt, davon ich einen Theil kenne.
Alſo konnte ich in dieſer Wildniß und in einer ſo wei-
ten Entfernung von meinen alten Bekannten mich doch
mit einem Einwohner dieſer Gegend von gemeinſchaft-
lichen Bekannten unterhalten. Dieſer Officier com-
mandirte ein kleines Detaſchement hier liegender Sol-
daten, die alle 6 Wochen abgeloͤſet werden. Seine
Bekanntſchaft uͤberhob mich der Beſchwerde, meine
Sachen hier durchſuchen zu laſſen; denn dieſes iſt der
erſte Ort in Piemont. Auf ſein Wort, daß er mich
kenne, daß ich kein Kaufmann ſey, und nichts ſteu-
erbares bey mir habe, bekam ich eine Bolleta, oder
einen Viſitationsſchein, vermittelſt deſſen ich uͤberall
in Piemont frey durchkam.

Limone.

Limone iſt ein ſehr kleines Staͤdtchen, am En-
de eines ſich bis an den Fuß des Colle di Tenda er-
ſtreckenden engen Bergthales; es iſt gleichſam das
Thor, durch welches man aus Piemont nach der
Grafſchaft Tenda kommt, und hat ſeine fuͤrnehmſte
Nahrung von den Durchreiſenden. Doch hat dieſes
noch ziemlich hohe Bergthal auch ſchon Wieſen, eini-
gen Acker und viel Kaſtanien.

Von Limone
nach Savig-liano.
Den 5 May. Reiſe von Limone uͤber Coni nach
Savigliano.

Jch hatte zwar die Maulthiere bis Coni gemie-
thet, auf allen Fall aber auch eine Poſtchaiſe oder

Cam-
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[286/0306] Tagebuch von der Ruͤckreiſe des Berges an. Etwa eine Stunde nachher kamen auch meine Leute, Mann und Vieh und Gepaͤck un- beſchaͤdigt nach. Es war mir eine nicht unangenehme Ueberra- ſchung, in dem Gaſthofe einen Officier anzutreffen, der ein Schweizer aus der Stadt Rheinek iſt, und einer Familie angehoͤrt, davon ich einen Theil kenne. Alſo konnte ich in dieſer Wildniß und in einer ſo wei- ten Entfernung von meinen alten Bekannten mich doch mit einem Einwohner dieſer Gegend von gemeinſchaft- lichen Bekannten unterhalten. Dieſer Officier com- mandirte ein kleines Detaſchement hier liegender Sol- daten, die alle 6 Wochen abgeloͤſet werden. Seine Bekanntſchaft uͤberhob mich der Beſchwerde, meine Sachen hier durchſuchen zu laſſen; denn dieſes iſt der erſte Ort in Piemont. Auf ſein Wort, daß er mich kenne, daß ich kein Kaufmann ſey, und nichts ſteu- erbares bey mir habe, bekam ich eine Bolleta, oder einen Viſitationsſchein, vermittelſt deſſen ich uͤberall in Piemont frey durchkam. Limone iſt ein ſehr kleines Staͤdtchen, am En- de eines ſich bis an den Fuß des Colle di Tenda er- ſtreckenden engen Bergthales; es iſt gleichſam das Thor, durch welches man aus Piemont nach der Grafſchaft Tenda kommt, und hat ſeine fuͤrnehmſte Nahrung von den Durchreiſenden. Doch hat dieſes noch ziemlich hohe Bergthal auch ſchon Wieſen, eini- gen Acker und viel Kaſtanien. Den 5 May. Reiſe von Limone uͤber Coni nach Savigliano. Jch hatte zwar die Maulthiere bis Coni gemie- thet, auf allen Fall aber auch eine Poſtchaiſe oder Cam-

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/306>, abgerufen am 24.11.2024.