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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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Tagebuch von der Rückreise
ckel eines alten Gesangbuchs. Sie stellt den Kaiser
Otto I mit seiner Gemalinn vor dem päbstlichen Thro-
ne vor. Die Arbeit ist noch in erträglichem Ge-
schmack, besonders die Köpfe und die Gewänder: ein
Beweis, daß zu derselben Zeit die zeichnenden Kün-
ste noch nicht in dem äußersten Verfalle gewesen seyn.
Einige auf Eisenblech, wie es mir schien, gemalte
Heilige, mit coptischen Beyschriften. Die Arbeit ist
auch nicht ganz schlecht, und die Köpfe meist gut. Ei-
ne große elfenbeinerne Tafel, mit erhabenen geschnitz-
ten biblischen Geschichten, ein Stück, welches der
Abbate sehr hoch schätzt, und über welches er damals
eine Abhandlung schrieb. Er bewies mir, und, wie
mich dünkte, überzeugend, daß diese Tafel ein Stück
aus der Rückenlehne des ehemaligen bischöflichen Stuh-
les von Ravenna, von dem das Gerippe noch auf-
behalten wird, gewesen sey. Besonders schätzt dieser
Antiquarius unter den verschiedenen Diptychis oder
alten römischen Schreibtafeln, die er besitzt, eine, die
dem Consul Orestes, dessen Bildniß darauf geschnitzt
ist, gehört hatte, sehr hoch, weil man, wie er mei-
net, bisher selten, oder gar nie dergleichen consulari-
sche Diptycha gesehen; die man noch hat, seyen kai-
serliche oder christkirchliche. Jndessen ist doch aus ei-
nigen spätern römischen Schriftstellern bekannt, daß
dergleichen mit elfenbeinernen Deckeln und Schnitzwerk
versehene Schreibtafeln auch den Consuln als Eh-
rengeschenke überreicht worden.

Theatralische
Bibliothek.

Bey Dom Casati, dem kaiserlichen königlichen
Wappenkönige, fand ich eine Bibliothek, die wohl die
einzige in ihrer Art ist: sie enthält nämlich nichts als
theatralischdramatische Stücke; und der Besitzer

schmei-

Tagebuch von der Ruͤckreiſe
ckel eines alten Geſangbuchs. Sie ſtellt den Kaiſer
Otto I mit ſeiner Gemalinn vor dem paͤbſtlichen Thro-
ne vor. Die Arbeit iſt noch in ertraͤglichem Ge-
ſchmack, beſonders die Koͤpfe und die Gewaͤnder: ein
Beweis, daß zu derſelben Zeit die zeichnenden Kuͤn-
ſte noch nicht in dem aͤußerſten Verfalle geweſen ſeyn.
Einige auf Eiſenblech, wie es mir ſchien, gemalte
Heilige, mit coptiſchen Beyſchriften. Die Arbeit iſt
auch nicht ganz ſchlecht, und die Koͤpfe meiſt gut. Ei-
ne große elfenbeinerne Tafel, mit erhabenen geſchnitz-
ten bibliſchen Geſchichten, ein Stuͤck, welches der
Abbate ſehr hoch ſchaͤtzt, und uͤber welches er damals
eine Abhandlung ſchrieb. Er bewies mir, und, wie
mich duͤnkte, uͤberzeugend, daß dieſe Tafel ein Stuͤck
aus der Ruͤckenlehne des ehemaligen biſchoͤflichen Stuh-
les von Ravenna, von dem das Gerippe noch auf-
behalten wird, geweſen ſey. Beſonders ſchaͤtzt dieſer
Antiquarius unter den verſchiedenen Diptychis oder
alten roͤmiſchen Schreibtafeln, die er beſitzt, eine, die
dem Conſul Oreſtes, deſſen Bildniß darauf geſchnitzt
iſt, gehoͤrt hatte, ſehr hoch, weil man, wie er mei-
net, bisher ſelten, oder gar nie dergleichen conſulari-
ſche Diptycha geſehen; die man noch hat, ſeyen kai-
ſerliche oder chriſtkirchliche. Jndeſſen iſt doch aus ei-
nigen ſpaͤtern roͤmiſchen Schriftſtellern bekannt, daß
dergleichen mit elfenbeinernen Deckeln und Schnitzwerk
verſehene Schreibtafeln auch den Conſuln als Eh-
rengeſchenke uͤberreicht worden.

Theatraliſche
Bibliothek.

Bey Dom Caſati, dem kaiſerlichen koͤniglichen
Wappenkoͤnige, fand ich eine Bibliothek, die wohl die
einzige in ihrer Art iſt: ſie enthaͤlt naͤmlich nichts als
theatraliſchdramatiſche Stuͤcke; und der Beſitzer

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[328/0348] Tagebuch von der Ruͤckreiſe ckel eines alten Geſangbuchs. Sie ſtellt den Kaiſer Otto I mit ſeiner Gemalinn vor dem paͤbſtlichen Thro- ne vor. Die Arbeit iſt noch in ertraͤglichem Ge- ſchmack, beſonders die Koͤpfe und die Gewaͤnder: ein Beweis, daß zu derſelben Zeit die zeichnenden Kuͤn- ſte noch nicht in dem aͤußerſten Verfalle geweſen ſeyn. Einige auf Eiſenblech, wie es mir ſchien, gemalte Heilige, mit coptiſchen Beyſchriften. Die Arbeit iſt auch nicht ganz ſchlecht, und die Koͤpfe meiſt gut. Ei- ne große elfenbeinerne Tafel, mit erhabenen geſchnitz- ten bibliſchen Geſchichten, ein Stuͤck, welches der Abbate ſehr hoch ſchaͤtzt, und uͤber welches er damals eine Abhandlung ſchrieb. Er bewies mir, und, wie mich duͤnkte, uͤberzeugend, daß dieſe Tafel ein Stuͤck aus der Ruͤckenlehne des ehemaligen biſchoͤflichen Stuh- les von Ravenna, von dem das Gerippe noch auf- behalten wird, geweſen ſey. Beſonders ſchaͤtzt dieſer Antiquarius unter den verſchiedenen Diptychis oder alten roͤmiſchen Schreibtafeln, die er beſitzt, eine, die dem Conſul Oreſtes, deſſen Bildniß darauf geſchnitzt iſt, gehoͤrt hatte, ſehr hoch, weil man, wie er mei- net, bisher ſelten, oder gar nie dergleichen conſulari- ſche Diptycha geſehen; die man noch hat, ſeyen kai- ſerliche oder chriſtkirchliche. Jndeſſen iſt doch aus ei- nigen ſpaͤtern roͤmiſchen Schriftſtellern bekannt, daß dergleichen mit elfenbeinernen Deckeln und Schnitzwerk verſehene Schreibtafeln auch den Conſuln als Eh- rengeſchenke uͤberreicht worden. Bey Dom Caſati, dem kaiſerlichen koͤniglichen Wappenkoͤnige, fand ich eine Bibliothek, die wohl die einzige in ihrer Art iſt: ſie enthaͤlt naͤmlich nichts als theatraliſchdramatiſche Stuͤcke; und der Beſitzer ſchmei-

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 328. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/348>, abgerufen am 22.11.2024.