Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.Tagebuch von einer nach Nizza Oeles, zu pressen. Wenn das Wallnußöl mitSorgfalt gepreßt wird, so kann es das feine Oel aus der Provence ersetzen. Jch habe etliche Tage lang täglich den Sallat mit feinem Nußöl angemacht geges- sen, und habe gefunden, daß es jenem gar nichts nachgiebt; und doch war dieses Oel bereits zwey volle Jahr alt. Die Nüsse geben allemal so feines Oel, wenn sie gut, an einem schattigen, trockenen, aber zugleich luftigen Ort getrocknet, hernach beym Auf- knacken die, welche schon etwas angegangen seyn möchten, auf die Seite gethan, die guten aber kalt gepreßt werden. Denn so wie man in der Provence von denselben Olivenbäumen gutes und schlechtes Oel gewinnt, nachdem man damit umgeht, so verhält es sich auch mit den Wallnüssen. Wenn man es ernst- lich darauf anlegte, so könnte Deutschland überhaupt das feine Olivenöl missen, ohne am Wohlleben etwas zu verlieren, wenn man sich beflisse, mehr Wallnuß- bäume zu pflanzen, und auch feines Oel daraus zu verfertigen. Diese Art würde noch über die Oliven- cultur den beträchtlichen Vortheil haben, daß man wegen des Pressens an keine Zeit gebunden wäre, weil die getrockneten Nüsse sich aufbehalten lassen, da man die Oliven bald, nachdem sie eingesammelt worden, pressen muß. Stadt Hei- delberg. Bey Heidelberg, wohin ich gegen Mittag kam, den
Tagebuch von einer nach Nizza Oeles, zu preſſen. Wenn das Wallnußoͤl mitSorgfalt gepreßt wird, ſo kann es das feine Oel aus der Provence erſetzen. Jch habe etliche Tage lang taͤglich den Sallat mit feinem Nußoͤl angemacht gegeſ- ſen, und habe gefunden, daß es jenem gar nichts nachgiebt; und doch war dieſes Oel bereits zwey volle Jahr alt. Die Nuͤſſe geben allemal ſo feines Oel, wenn ſie gut, an einem ſchattigen, trockenen, aber zugleich luftigen Ort getrocknet, hernach beym Auf- knacken die, welche ſchon etwas angegangen ſeyn moͤchten, auf die Seite gethan, die guten aber kalt gepreßt werden. Denn ſo wie man in der Provence von denſelben Olivenbaͤumen gutes und ſchlechtes Oel gewinnt, nachdem man damit umgeht, ſo verhaͤlt es ſich auch mit den Wallnuͤſſen. Wenn man es ernſt- lich darauf anlegte, ſo koͤnnte Deutſchland uͤberhaupt das feine Olivenoͤl miſſen, ohne am Wohlleben etwas zu verlieren, wenn man ſich befliſſe, mehr Wallnuß- baͤume zu pflanzen, und auch feines Oel daraus zu verfertigen. Dieſe Art wuͤrde noch uͤber die Oliven- cultur den betraͤchtlichen Vortheil haben, daß man wegen des Preſſens an keine Zeit gebunden waͤre, weil die getrockneten Nuͤſſe ſich aufbehalten laſſen, da man die Oliven bald, nachdem ſie eingeſammelt worden, preſſen muß. Stadt Hei- delberg. Bey Heidelberg, wohin ich gegen Mittag kam, den
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Tagebuch von einer nach Nizza
Oeles, zu preſſen. Wenn das Wallnußoͤl mit
Sorgfalt gepreßt wird, ſo kann es das feine Oel aus
der Provence erſetzen. Jch habe etliche Tage lang
taͤglich den Sallat mit feinem Nußoͤl angemacht gegeſ-
ſen, und habe gefunden, daß es jenem gar nichts
nachgiebt; und doch war dieſes Oel bereits zwey volle
Jahr alt. Die Nuͤſſe geben allemal ſo feines Oel,
wenn ſie gut, an einem ſchattigen, trockenen, aber
zugleich luftigen Ort getrocknet, hernach beym Auf-
knacken die, welche ſchon etwas angegangen ſeyn
moͤchten, auf die Seite gethan, die guten aber kalt
gepreßt werden. Denn ſo wie man in der Provence
von denſelben Olivenbaͤumen gutes und ſchlechtes Oel
gewinnt, nachdem man damit umgeht, ſo verhaͤlt es
ſich auch mit den Wallnuͤſſen. Wenn man es ernſt-
lich darauf anlegte, ſo koͤnnte Deutſchland uͤberhaupt
das feine Olivenoͤl miſſen, ohne am Wohlleben etwas
zu verlieren, wenn man ſich befliſſe, mehr Wallnuß-
baͤume zu pflanzen, und auch feines Oel daraus zu
verfertigen. Dieſe Art wuͤrde noch uͤber die Oliven-
cultur den betraͤchtlichen Vortheil haben, daß man
wegen des Preſſens an keine Zeit gebunden waͤre, weil
die getrockneten Nuͤſſe ſich aufbehalten laſſen, da man
die Oliven bald, nachdem ſie eingeſammelt worden,
preſſen muß.
Bey Heidelberg, wohin ich gegen Mittag kam,
ruͤhrte mich die ſonderbare Lage dieſer Stadt. Der
Necker kommt hier in einem ſehr breiten, aber bey
trockner Zeit halb trockenen, mit Steinen und mit groſ-
ſen Felſenſtuͤcken angefuͤllten Bette aus dem Schlund
der Berge heraus, um ſeinen uͤbrigen Lauf in der Ebe-
ne fortzuſetzen. Die an ſeinen beyden Ufern liegen-
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