Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.von Nizza nach Deutschland. als das Meer, oder die ebenen Flächen der Lombar-dey gegen Venedig hin. Jch kam mit anbrechen- der Nacht hier an. Den 3 Junius. Reise von Airol über den Gott- hard bis zum Dorfe Am Stäg. Zehn Stun- den weit. Heute that ich die beschwerlichste und gefährlichsteReise über Um 7 Uhr langte ich bey dem Schnee an. Nun allen Z 5
von Nizza nach Deutſchland. als das Meer, oder die ebenen Flaͤchen der Lombar-dey gegen Venedig hin. Jch kam mit anbrechen- der Nacht hier an. Den 3 Junius. Reiſe von Airol uͤber den Gott- hard bis zum Dorfe Am Staͤg. Zehn Stun- den weit. Heute that ich die beſchwerlichſte und gefaͤhrlichſteReiſe uͤber Um 7 Uhr langte ich bey dem Schnee an. Nun allen Z 5
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div type="diaryEntry" n="2"> <p><pb facs="#f0381" n="361"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">von Nizza nach Deutſchland.</hi></fw><lb/> als das Meer, oder die ebenen Flaͤchen der <hi rendition="#fr">Lombar-<lb/> dey</hi> gegen <hi rendition="#fr">Venedig</hi> hin. Jch kam mit anbrechen-<lb/> der Nacht hier an.</p> </div><lb/> <div type="diaryEntry" n="2"> <head>Den 3 Junius. Reiſe von <hi rendition="#fr">Airol</hi> uͤber den <hi rendition="#fr">Gott-<lb/> hard</hi> bis zum Dorfe <hi rendition="#fr">Am Staͤg.</hi> Zehn Stun-<lb/> den weit.</head><lb/> <p>Heute that ich die beſchwerlichſte und gefaͤhrlichſte<note place="right">Reiſe uͤber<lb/> den Gott-<lb/> hardsberg.</note><lb/> der vielen Tagereiſen, die ich bisher gemacht hatte;<lb/> und ich werde lange daran denken. Der ganze Weg<lb/> von <hi rendition="#fr">Airol</hi> bis oben auf den <hi rendition="#fr">Gotthardsberg</hi> iſt faſt<lb/> durchgehends ſehr ſteil. Gegen halb ſechs Uhr des<lb/> Morgens ritt ich aus, und immer ſo gerade in die Hoͤ-<lb/> he, als ob ich eine Treppe hinauf ritt. Auf der er-<lb/> ſten Stunde trifft man noch uͤberall Holz an, ſchoͤne<lb/> Lerchen- und Tannenbaͤume, die aber allmaͤhlig nie-<lb/> driger werden, und endlich ſich ganz verlieren. Der<lb/> uͤbrige Theil des Berges iſt alsdenn kahler Felſen, hier<lb/> und da, wo ſie nicht gar zu ſteil ſind, mit einer Decke<lb/> von Gras und Kraͤutern uͤberzogen.</p><lb/> <p>Um 7 Uhr langte ich bey dem Schnee an. Nun<lb/> hatte ich noch eine Stunde lang, oder etwas daruͤber<lb/> zu ſteigen, und ſah vor und um mich nichts, als eine<lb/> weite Wuͤſte von tiefem Schnee, der 20 bis 50 Fuß<lb/> hoch die Gegend bedeckte. Der Theil des Berges,<lb/> der ſo mit Schnee bedeckt war, iſt noch immer eine<lb/> Art von Thal, aber ſteil wie ein Dach; denn zu bey-<lb/> den Seiten erheben ſich Berge von kahlen Felſen<lb/> in die obere Luft. Durch dieſes ſteile mit Schnee be-<lb/> deckte Felſenthal ſtuͤrzt der <hi rendition="#fr">Ticino</hi> in einem engen, tief<lb/> in die Felſen ausgehoͤhlten Bette ſehr rauſchend her-<lb/> unter, und laͤuft durch ſo viele Kruͤmmungen, daß<lb/> man oft daruͤber muß. Jetzt war der Strom mit<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Z 5</fw><fw place="bottom" type="catch">allen</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [361/0381]
von Nizza nach Deutſchland.
als das Meer, oder die ebenen Flaͤchen der Lombar-
dey gegen Venedig hin. Jch kam mit anbrechen-
der Nacht hier an.
Den 3 Junius. Reiſe von Airol uͤber den Gott-
hard bis zum Dorfe Am Staͤg. Zehn Stun-
den weit.
Heute that ich die beſchwerlichſte und gefaͤhrlichſte
der vielen Tagereiſen, die ich bisher gemacht hatte;
und ich werde lange daran denken. Der ganze Weg
von Airol bis oben auf den Gotthardsberg iſt faſt
durchgehends ſehr ſteil. Gegen halb ſechs Uhr des
Morgens ritt ich aus, und immer ſo gerade in die Hoͤ-
he, als ob ich eine Treppe hinauf ritt. Auf der er-
ſten Stunde trifft man noch uͤberall Holz an, ſchoͤne
Lerchen- und Tannenbaͤume, die aber allmaͤhlig nie-
driger werden, und endlich ſich ganz verlieren. Der
uͤbrige Theil des Berges iſt alsdenn kahler Felſen, hier
und da, wo ſie nicht gar zu ſteil ſind, mit einer Decke
von Gras und Kraͤutern uͤberzogen.
Reiſe uͤber
den Gott-
hardsberg.
Um 7 Uhr langte ich bey dem Schnee an. Nun
hatte ich noch eine Stunde lang, oder etwas daruͤber
zu ſteigen, und ſah vor und um mich nichts, als eine
weite Wuͤſte von tiefem Schnee, der 20 bis 50 Fuß
hoch die Gegend bedeckte. Der Theil des Berges,
der ſo mit Schnee bedeckt war, iſt noch immer eine
Art von Thal, aber ſteil wie ein Dach; denn zu bey-
den Seiten erheben ſich Berge von kahlen Felſen
in die obere Luft. Durch dieſes ſteile mit Schnee be-
deckte Felſenthal ſtuͤrzt der Ticino in einem engen, tief
in die Felſen ausgehoͤhlten Bette ſehr rauſchend her-
unter, und laͤuft durch ſo viele Kruͤmmungen, daß
man oft daruͤber muß. Jetzt war der Strom mit
allen
Z 5
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |