Jndessen schien mir, im Ganzen genommen, doch das Landvolk im Canton Zürich nicht so wohlha- bend, als das in dem deutschen Theile des Cantons Bern. Nur was längst dem See wohnet, ist durchgehends wohlhabend, auch sogar reich.
Gegen Abend langte ich in Zürich an; sehr ver- gnügt, wenigstens noch halb gesund einen Ort erreicht zu haben, wo ich völlig auszuruhen und vielleicht auch merklich gesünder zu werden hoffte.
Vom 5 bis zum 13 Junius. Aufenthalt in Zü- rich.
Aufenthalt in Zürich.
Jch trat bey meinem alten Freunde, dem Hrn. Director Schultheß ab, von dem ich mit herzlicher und brüderlicher Liebe aufgenommen wurde. Meine durch die Herreise von Meiland aufs neue geschwäch- te Gesundheit erlaubte mir nicht viel Besuche zu ma- chen. Doch hatte ich täglich das Vergnügen, die Gesellschaft einiger fürtrefflichen Männer, Bodmers, Breitingers, Geßners des berühmten Chorherrn und Professors, Geßners des Dichters, Lavaters, D. Hirzels und anderer zu genießen; und würde hier gesund worden seyn, wenn das innige Vergnügen eines herzlichen und zugleich geistreichen Umganges das Ue- bel, das mich zu verzehren drohte, zu vermindern vermocht hätte. Es schien aber, daß meine Ge- sundheit hier eher ab- als zunehme; und dieses erweck- te die Begierde in mir, mich sobald als möglich auf das Land zu begeben.
Aufenthalt zu Wülflin- gen.
Jch reiste den 13 Junius von Zürich nach Wülflingen, einem in einem schönen Thale eine hal- be Stunde von Winterthur gelegenen angenehmen
Dor-
Tagebuch von der Ruͤckreiſe
Jndeſſen ſchien mir, im Ganzen genommen, doch das Landvolk im Canton Zuͤrich nicht ſo wohlha- bend, als das in dem deutſchen Theile des Cantons Bern. Nur was laͤngſt dem See wohnet, iſt durchgehends wohlhabend, auch ſogar reich.
Gegen Abend langte ich in Zuͤrich an; ſehr ver- gnuͤgt, wenigſtens noch halb geſund einen Ort erreicht zu haben, wo ich voͤllig auszuruhen und vielleicht auch merklich geſuͤnder zu werden hoffte.
Vom 5 bis zum 13 Junius. Aufenthalt in Zuͤ- rich.
Aufenthalt in Zuͤrich.
Jch trat bey meinem alten Freunde, dem Hrn. Director Schultheß ab, von dem ich mit herzlicher und bruͤderlicher Liebe aufgenommen wurde. Meine durch die Herreiſe von Meiland aufs neue geſchwaͤch- te Geſundheit erlaubte mir nicht viel Beſuche zu ma- chen. Doch hatte ich taͤglich das Vergnuͤgen, die Geſellſchaft einiger fuͤrtrefflichen Maͤnner, Bodmers, Breitingers, Geßners des beruͤhmten Chorherrn und Profeſſors, Geßners des Dichters, Lavaters, D. Hirzels und anderer zu genießen; und wuͤrde hier geſund worden ſeyn, wenn das innige Vergnuͤgen eines herzlichen und zugleich geiſtreichen Umganges das Ue- bel, das mich zu verzehren drohte, zu vermindern vermocht haͤtte. Es ſchien aber, daß meine Ge- ſundheit hier eher ab- als zunehme; und dieſes erweck- te die Begierde in mir, mich ſobald als moͤglich auf das Land zu begeben.
Aufenthalt zu Wuͤlflin- gen.
Jch reiſte den 13 Junius von Zuͤrich nach Wuͤlflingen, einem in einem ſchoͤnen Thale eine hal- be Stunde von Winterthur gelegenen angenehmen
Dor-
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Tagebuch von der Ruͤckreiſe
Jndeſſen ſchien mir, im Ganzen genommen,
doch das Landvolk im Canton Zuͤrich nicht ſo wohlha-
bend, als das in dem deutſchen Theile des Cantons
Bern. Nur was laͤngſt dem See wohnet, iſt
durchgehends wohlhabend, auch ſogar reich.
Gegen Abend langte ich in Zuͤrich an; ſehr ver-
gnuͤgt, wenigſtens noch halb geſund einen Ort erreicht
zu haben, wo ich voͤllig auszuruhen und vielleicht auch
merklich geſuͤnder zu werden hoffte.
Vom 5 bis zum 13 Junius. Aufenthalt in Zuͤ-
rich.
Jch trat bey meinem alten Freunde, dem Hrn.
Director Schultheß ab, von dem ich mit herzlicher
und bruͤderlicher Liebe aufgenommen wurde. Meine
durch die Herreiſe von Meiland aufs neue geſchwaͤch-
te Geſundheit erlaubte mir nicht viel Beſuche zu ma-
chen. Doch hatte ich taͤglich das Vergnuͤgen, die
Geſellſchaft einiger fuͤrtrefflichen Maͤnner, Bodmers,
Breitingers, Geßners des beruͤhmten Chorherrn
und Profeſſors, Geßners des Dichters, Lavaters,
D. Hirzels und anderer zu genießen; und wuͤrde hier
geſund worden ſeyn, wenn das innige Vergnuͤgen eines
herzlichen und zugleich geiſtreichen Umganges das Ue-
bel, das mich zu verzehren drohte, zu vermindern
vermocht haͤtte. Es ſchien aber, daß meine Ge-
ſundheit hier eher ab- als zunehme; und dieſes erweck-
te die Begierde in mir, mich ſobald als moͤglich auf
das Land zu begeben.
Jch reiſte den 13 Junius von Zuͤrich nach
Wuͤlflingen, einem in einem ſchoͤnen Thale eine hal-
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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 392. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/412>, abgerufen am 16.02.2025.
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