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Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780.

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gethanen Reise.
an einem Berge fortlaufenden Strich Landes nicht schick-
lich ein Thal nennen kann. Zu diesem Distrikt ge-
hören die drey kleinen an dem Ufer des Sees liegenden
Städtchen Lutri, Cuilly, St. Saphorin und das
Dorf Corsier oder Corsi. Diese Gegend ist wegen
ihres Weines berühmt, der unstreitig alle andre in der
Schweiz wachsende Weine weit übertrifft. Von den
Weintrauben dieser Gegend aber behaupten erfahrne
Kenner, daß sie allen andern Weintrauben den Vor-
zug streitig machen; und ich habe nichts dagegen ein-
zuwenden, da sie mir vor allen spanischen, französi-
schen und italiänischen Weintrauben, die ich ge-
gessen, den Vorzug zu haben schienen. Sie haben
nicht einen so zähen Honigsast, wie viele spanische
Trauben, aber bey einer sehr dünnen Haut und einem
ganz flüßigen Saft eine ausnehmende Lieblichkeit.

Dieses Weins halber sind die Weinberge in laTheures
Land.

Vaud in sehr hohem Werth, und vielleicht das theu-
reste Land von der Welt, wenn man die seltenen Län-
dereyen dicht an großen Städten ausnimmt, die zu
Gärten oder zu Lusthäusern gebraucht werden, und
darum außer aller Proportion mit großen Ländereyen
stehen. Ein Arpent oder Pose, wie es hier genennt
wird, (ohngefähr vierzigtausend rheinländische Qua-
dratfuß,) ist bisweilen mit 8 auch 10000 Pfund,
das ist, mit 13 bis 16000 franz. Livres bezahlt wor-
den. Eine sehr große Summe in Vergleichung des-
sen, was in den besten und fruchtbarsten Gegenden
Deutschlands für so viel Land bezahlt wird.

Jch besinne mich ehedem in Brüssel von einem
dortigen Finanzrath gehört zu haben, daß in dersel-
ben Gegend ein Bonnier des besten Landes, (ohngefähr

zwey
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gethanen Reiſe.
an einem Berge fortlaufenden Strich Landes nicht ſchick-
lich ein Thal nennen kann. Zu dieſem Diſtrikt ge-
hoͤren die drey kleinen an dem Ufer des Sees liegenden
Staͤdtchen Lutri, Cuilly, St. Saphorin und das
Dorf Corſier oder Corſi. Dieſe Gegend iſt wegen
ihres Weines beruͤhmt, der unſtreitig alle andre in der
Schweiz wachſende Weine weit uͤbertrifft. Von den
Weintrauben dieſer Gegend aber behaupten erfahrne
Kenner, daß ſie allen andern Weintrauben den Vor-
zug ſtreitig machen; und ich habe nichts dagegen ein-
zuwenden, da ſie mir vor allen ſpaniſchen, franzoͤſi-
ſchen und italiaͤniſchen Weintrauben, die ich ge-
geſſen, den Vorzug zu haben ſchienen. Sie haben
nicht einen ſo zaͤhen Honigſaſt, wie viele ſpaniſche
Trauben, aber bey einer ſehr duͤnnen Haut und einem
ganz fluͤßigen Saft eine ausnehmende Lieblichkeit.

Dieſes Weins halber ſind die Weinberge in laTheures
Land.

Vaud in ſehr hohem Werth, und vielleicht das theu-
reſte Land von der Welt, wenn man die ſeltenen Laͤn-
dereyen dicht an großen Staͤdten ausnimmt, die zu
Gaͤrten oder zu Luſthaͤuſern gebraucht werden, und
darum außer aller Proportion mit großen Laͤndereyen
ſtehen. Ein Arpent oder Poſe, wie es hier genennt
wird, (ohngefaͤhr vierzigtauſend rheinlaͤndiſche Qua-
dratfuß,) iſt bisweilen mit 8 auch 10000 Pfund,
das iſt, mit 13 bis 16000 franz. Livres bezahlt wor-
den. Eine ſehr große Summe in Vergleichung deſ-
ſen, was in den beſten und fruchtbarſten Gegenden
Deutſchlands fuͤr ſo viel Land bezahlt wird.

Jch beſinne mich ehedem in Bruͤſſel von einem
dortigen Finanzrath gehoͤrt zu haben, daß in derſel-
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zwey
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[51/0069] gethanen Reiſe. an einem Berge fortlaufenden Strich Landes nicht ſchick- lich ein Thal nennen kann. Zu dieſem Diſtrikt ge- hoͤren die drey kleinen an dem Ufer des Sees liegenden Staͤdtchen Lutri, Cuilly, St. Saphorin und das Dorf Corſier oder Corſi. Dieſe Gegend iſt wegen ihres Weines beruͤhmt, der unſtreitig alle andre in der Schweiz wachſende Weine weit uͤbertrifft. Von den Weintrauben dieſer Gegend aber behaupten erfahrne Kenner, daß ſie allen andern Weintrauben den Vor- zug ſtreitig machen; und ich habe nichts dagegen ein- zuwenden, da ſie mir vor allen ſpaniſchen, franzoͤſi- ſchen und italiaͤniſchen Weintrauben, die ich ge- geſſen, den Vorzug zu haben ſchienen. Sie haben nicht einen ſo zaͤhen Honigſaſt, wie viele ſpaniſche Trauben, aber bey einer ſehr duͤnnen Haut und einem ganz fluͤßigen Saft eine ausnehmende Lieblichkeit. Dieſes Weins halber ſind die Weinberge in la Vaud in ſehr hohem Werth, und vielleicht das theu- reſte Land von der Welt, wenn man die ſeltenen Laͤn- dereyen dicht an großen Staͤdten ausnimmt, die zu Gaͤrten oder zu Luſthaͤuſern gebraucht werden, und darum außer aller Proportion mit großen Laͤndereyen ſtehen. Ein Arpent oder Poſe, wie es hier genennt wird, (ohngefaͤhr vierzigtauſend rheinlaͤndiſche Qua- dratfuß,) iſt bisweilen mit 8 auch 10000 Pfund, das iſt, mit 13 bis 16000 franz. Livres bezahlt wor- den. Eine ſehr große Summe in Vergleichung deſ- ſen, was in den beſten und fruchtbarſten Gegenden Deutſchlands fuͤr ſo viel Land bezahlt wird. Theures Land. Jch beſinne mich ehedem in Bruͤſſel von einem dortigen Finanzrath gehoͤrt zu haben, daß in derſel- ben Gegend ein Bonnier des beſten Landes, (ohngefaͤhr zwey D 2

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Tagebuch einer von Berlin nach den mittäglichen Ländern von Europa in den Jahren 1775 und 1776 gethanen Reise und Rückreise. Leipzig, 1780, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_reise_1780/69>, abgerufen am 27.11.2024.