Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.[Spaltenumbruch] Beg müssen sich dieses tief einprägen, daß sie mit ihrenStimmen weder herrschen, noch sich hervor thun, sondern der Hauptstimme dienen sollen. Sie thun am besten, sich aller Manieren, aller Zierrathen zu enthalten, jede Note, so wie sie steht, richtig, mit gemäßigter Stärke, und in der richtigsten Haltung, so anzugeben, daß man ihre Parthie nicht besonders bemerkt, daß selbige sich hinter der Hauptstimme gleichsam verstekt. Vorzüglich müssen sich die Baßisten der äußer- Der Baß ist die wichtigste aller begleitenden Wer die besondern Regeln der Begleitung für Der begleitende Generalbaß hat seine Schwierig- Beg Beh Weil der Generalbaßiste nur die Harmonie Den Baß muß er schlechtweg anschlagen, und Wegen der obern Stimmen hat der Begleiter Jn Ansehung aller übrigen Regeln eines guten Phil. Em. Bachs Versuch über die wahre Art, das Clavier zu spielen. II. Theil S. 242. u. f. Behandlung. (Zeichnende Künste.) Durch die Behandlung verstehet man die, jedem andrer
[Spaltenumbruch] Beg muͤſſen ſich dieſes tief einpraͤgen, daß ſie mit ihrenStimmen weder herrſchen, noch ſich hervor thun, ſondern der Hauptſtimme dienen ſollen. Sie thun am beſten, ſich aller Manieren, aller Zierrathen zu enthalten, jede Note, ſo wie ſie ſteht, richtig, mit gemaͤßigter Staͤrke, und in der richtigſten Haltung, ſo anzugeben, daß man ihre Parthie nicht beſonders bemerkt, daß ſelbige ſich hinter der Hauptſtimme gleichſam verſtekt. Vorzuͤglich muͤſſen ſich die Baßiſten der aͤußer- Der Baß iſt die wichtigſte aller begleitenden Wer die beſondern Regeln der Begleitung fuͤr Der begleitende Generalbaß hat ſeine Schwierig- Beg Beh Weil der Generalbaßiſte nur die Harmonie Den Baß muß er ſchlechtweg anſchlagen, und Wegen der obern Stimmen hat der Begleiter Jn Anſehung aller uͤbrigen Regeln eines guten Phil. Em. Bachs Verſuch uͤber die wahre Art, das Clavier zu ſpielen. II. Theil S. 242. u. f. Behandlung. (Zeichnende Kuͤnſte.) Durch die Behandlung verſtehet man die, jedem andrer
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Er loͤſcht<lb/> dadurch ganze Stellen der Melodie wie mit einem<lb/> Schwamm aus: nicht zu gedenken, daß dem Baſ-<lb/> ſiſten das zierlich thun eben ſo anſteht, als wenn<lb/> ein alter Mann ſich ſchminken, oder mit Baͤndern<lb/> behaͤngen wollte.</p><lb/> <p>Der Baß iſt die wichtigſte aller begleitenden<lb/> Stimmen, denn jeder kleinſte Fehler deſſelben ver-<lb/> derbt viel, und jede kleinſte Schoͤnheit erhebt die<lb/> Hauptſtimme; alſo iſt im Baſſe nichts klein. Dar-<lb/> um ſollte er nur Spielern von dem feinſten Ge-<lb/> ſchmak anvertrauet werden. 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Beg
Beg Beh
muͤſſen ſich dieſes tief einpraͤgen, daß ſie mit ihren
Stimmen weder herrſchen, noch ſich hervor thun,
ſondern der Hauptſtimme dienen ſollen. Sie thun
am beſten, ſich aller Manieren, aller Zierrathen zu
enthalten, jede Note, ſo wie ſie ſteht, richtig, mit
gemaͤßigter Staͤrke, und in der richtigſten Haltung,
ſo anzugeben, daß man ihre Parthie nicht beſonders
bemerkt, daß ſelbige ſich hinter der Hauptſtimme
gleichſam verſtekt.
Vorzuͤglich muͤſſen ſich die Baßiſten der aͤußer-
ſten Reinigkeit, ſo wie der hoͤchſten Einfalt, befleiſ-
ſen. Nichts wird unertraͤglicher, als wenn ein
Baßiſte ſich durch Zierrathen zeigen will. Er loͤſcht
dadurch ganze Stellen der Melodie wie mit einem
Schwamm aus: nicht zu gedenken, daß dem Baſ-
ſiſten das zierlich thun eben ſo anſteht, als wenn
ein alter Mann ſich ſchminken, oder mit Baͤndern
behaͤngen wollte.
Der Baß iſt die wichtigſte aller begleitenden
Stimmen, denn jeder kleinſte Fehler deſſelben ver-
derbt viel, und jede kleinſte Schoͤnheit erhebt die
Hauptſtimme; alſo iſt im Baſſe nichts klein. Dar-
um ſollte er nur Spielern von dem feinſten Ge-
ſchmak anvertrauet werden. Das gewiſſefte Zei-
chen, daß ein Capellmeiſter den wahren Geſchmak
der Muſik nicht habe, iſt dieſes, wenn er die Baͤſſe
ſchlechten Spielern anvertrauet.
Wer die beſondern Regeln der Begleitung fuͤr
alle Arten der Jnſtrumente naͤher erforſchen will,
der kann in Quanzens Anweiſung. die Floͤte zu
ſpielen, den ganzen XVII. Abſchnitt nachleſen.
Der begleitende Generalbaß hat ſeine Schwierig-
keiten. Man ſoll die vollſtaͤndige Harmonie an-
ſchlagen. Dieſe kann der Spieler nicht anders, als
durch die vor ſich habende Partitur oder durch die
Bezifferung des Baſſes wiſſen. Hat er das erſte,
ſo iſt es in geſchwinden Sachen ſehr ſchweer, alle
Stimmen zu uͤberſehen. Zu dieſer Fertigkeit ge-
langen nur wenige; hat er einen bezifferten Baß
vor ſich, ſo macht ihn ſo wol die Unvollkommenheit
der uͤblichen Bezifferung, wovon in einem beſondern
Artikel geſprochen worden, als die andern Schwie-
rigkeiten, verwirrt. Wer die großen Schwierig-
keiten dieſer Sache einzuſehen wuͤnſchet, der mag
Bachs Werk von der Begleitung des Generalbaſſes
nachſehen. Sich in die beſondern Regeln der Be-
gleitung einzulaſſen, erfoderte allein ein ganzes Buch.
Sehr wichtig ſind folgende allgemeine Regeln.
Weil der Generalbaßiſte nur die Harmonie
anzugeben hat, ſo muß er ſich aller Zierrathen,
die nicht weſentlich zur Harmonie gehoͤren, ent-
halten, und ſich uͤberhaupt allezeit der Einfalt be-
fleißen.
Den Baß muß er ſchlechtweg anſchlagen, und
weder Ausfuͤllungen dazu greifen, noch die Noten,
die der Setzer vorgeſchrieben hat, theilen. Sind
ihm ganze oder halbe Noten vorgeſchrieben, ſo muß
er ſie nicht in Viertel verwandeln. Daraus ent-
ſtuͤnde ein Klimpern, das der Majeſtaͤt der Harmo-
nie ſchaden, und auch oft den Geſang verderben
wuͤrde. Daß dem Baß keine ausfuͤllende Harmo-
nie hinzu gefuͤgt werden muͤſſe, giebt die Natur bey
Erzeugung der Harmonie ſelbſt an die Hand, da ſie
zwiſchen dem Grundton 1 und ſeiner Octave ½ kei-
nen Ton angiebt. (*) Es iſt auch gar leicht zu
ſehen, daß Ausfuͤllungen in der Tiefe ſeltſam diſſo-
nirende Toͤne hervorbringen wuͤrden.
(*) S.
Harmonie.
Wegen der obern Stimmen hat der Begleiter
darauf zu ſehen, daß er die Hauptſtimme in einer
ſchiklichen Hoͤhe begleite. Einen hohen Diſcant ſoll
er nicht in der Gegend des Alts, noch einen Alt in
der Hoͤhe einer Diſcantſtimme begleiten; ſondern in
jedem Fall ſich in der Gegend der Hauptſtimme
auf halten.
Jn Anſehung aller uͤbrigen Regeln eines guten
Vortrags iſt jedem Liebhaber zu rathen, daß er das
29. Capitel des Bachiſchen Werks mit der genaue-
ſten Ueberlegung ſtudire. (*)
Behandlung.
(Zeichnende Kuͤnſte.)
Durch die Behandlung verſtehet man die, jedem
Kuͤnſtler beſondre, Art, den Pinſel und andre Werk-
zeuge des Zeichnens zu fuͤhren, in ſo fern ſie dem
Werk einen eigenen Charakter eindruͤkt. So kann
der Kupferſtecher ein Geſicht durch Punkte, oder
durch kleine abgeſonderte Striche, oder durch
Schraffirungen, oder durch gerade herunterlaufende
Parallellinien, wie Pitteri thut; oder durch eine
einzige im Zirkel herum laufende Linie, nach Mel-
lans und Turneiſers Art, herausbringen. Eben
ſo kann der Mahler die mechaniſche Fuͤhrung des
Pinſels auf vielerley Arten abaͤndern: einer ſetzet
die Farben kuͤhn neben einander, und uͤberlaͤßt der
Entfernung, in welcher das Gemaͤhlde ſoll geſehen
werden, dieſe Farben in einander zu ſchmelzen; ein
andrer
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