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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771.

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Fis Fla
das Oel durch das Aufwallen überfließen und sich
entzünden würde. Diesem Zufall, der doch bey
Vernachläßigung einiger Handgriffe sich leicht er-
eignet, die Gefahr zu benehmen, thut man wol,
wenn man den Firnis unter freyem Himmel kocht.

Fis.
(Musik.)
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Der Name den man in Deutschland der siebenden
Sayte unsers heutigen Tonsystems giebt, weil sie
als die um einen halben Ton erhöhete Sayte F an-
gesehen, und ihre Note auf dem Notensystem auf
eben der Stelle steht, worauf die Note des Tones
F gesetzt wird. Wenn die Länge der tiefsten Sayte
C, mit 1 ausgedrükt wird, so muß die Sayte
Fis seyn, alsdenn ist dieser Ton die reine Quinte
von H und die reine große Terz zu D, zugleich aber
das Subsemitonium zu G.

Man kann Fis auch als einen Grundton betrach-
ten, aus welchem ein Stük kann gesetzt werden,
weil er seine völlige diatonische Tonleiter, so wol in
(*) S.
Tonart.
der harten als in der weichen Tonart hat. (*)

Flaches Schnizwerk.
(Bildhauerkunst.)
[Spaltenumbruch]

Unter dieser Benennung verstehen wir die Arbeiten
bildender Künste, die man insgemein mit dem fran-
zösischen Worte Bas-Reliefs, das ist, wenig erha-
bene Schnizarbeit, nennt. Die alten Griechen fan-
den Geschmak daran, so wol den Werken der Bau-
kunst, als den Geräthschaften, dadurch mehr Geist
und Annehmlichkeit zu geben, daß sie dieselben mit
allerhand Schnizwerk auszierten. So finden wir,
daß insgemein an den Giebelfeldern der Tempel,
Vorstellungen, die sich auf die Gottheiten, denen
diese Tempel geweyht waren, bezogen, in Stein aus-
(*) S.
Winkelm.
über die
Baukunst
der Alten
S. 56.
gehauen gewesen; (*) und wem ist der mit erhabe-
ner Arbeit verzierte Schild des Achilles, den Homer be-
schreibt, unbekannt? Eben so bekannt sind die Gefässe
der Alten, die mit erhabener Arbeit verziert sind.

Diese wenig erhabene Schnizarbeit ist also eine Art
Mahlerey ohne Farben, auf welcher die Gegen-
stände selbst zwar nicht in ihrer völligen körperlichen
Gestalt, wie die Statuen, aber doch würklich maßiv
und etwas hervorstehend abgebildet sind. Die Neu-
ern haben diese Verzierungen der Gebäude um Ge-
räthschaften beybehalten, wiewol sie itzt auch nicht
mehr so gewöhnlich sind, als vor zweyhundert [Jah-]-
[Spaltenumbruch]

Fla
ren, da kaum ein hölzerner Schrank, von irgend
einer Zierlichkeit, oder eine Thüre an prächtigen Ge-
bäuden gemacht worden, an welchen nicht verschie-
denes Schnizwerk von historischen oder allegorischen
Vorstellungen, angebracht gewesen. Gegenwär-
tig liebet man das Glatte mehr, oder man scheuet
die Umkosten des Schnizwerks. Jndessen wird die-
ses doch noch verschiedentlich angebracht.

Dergleichen Arbeit ist am künstlichsten, wenn die
Figuren nur wenig über den Grund herausstehen,
so wie die Köpfe auf den meisten Münzen, und
ihr allein kömmt eigentlich der Name des flachen
Schnizwerks
zu. Man findet antikes Schnizwerk,
da die Figuren fast ganz, oder in ihrer völligen kör-
perlichen Rundung aus dem Grunde heraustreten,
anders da sie etwa halb heraustreten, noch anders
wo sie nur wenig über den Grund erhaben sind.
Jnsgemein richteten sich die Alten nach der Ver-
tiefung des Grundes, oder nach der Höhe der Ein-
faßung, damit von dem Schnizwerk nichts hervor-
stehen und der Gefahr abgestoßen zu werden unter-
worfen seyn möchte, so wie man itzt die Bilder auf
Schaumünzen mehr oder weniger erhaben macht,
nachdem der Rand der Schaumünze mehr oder we-
niger hoch ist. Diese Arbeit ist deswegen zu den
dauerhaftesten Denkmälern der zeichnenden Künste
die schiklichste, indem sie der Zerstöhrung nicht so
unterworfen ist, als die Statuen und die Gemählde.
Deswegen macht auch das antike Schnizwerk den
größten Theil der unverdorben auf uns gekomme-
nen Antiken aus.

Die Bearbeitung des flachen Schnizwerks hat
ihre eigenen Schwierigkeiten, die sich leicht fühlen
lassen. Einer Figur, die ihre natürliche Höhe und
Breite, aber nur den dritten oder vierten Theil ihrer
körperlichen Tiefe oder Dike hat, ein natürliches An-
sehen zu geben, ist würklich eine schweere Sache.
Noch mehr Schwierigkeit aber macht die mahlerische
Zusammensetzung und Gruppirung der Figuren;
denn da kann man sich nicht so leicht, wie in der
Mahlerey, verschiedener und weit hinter einander
liegender Gründe bedienen. Da auch die Schatten
darin würkliche, nicht durch dunklere Farben nach-
geahmte Schatten sind, so muß jede Kleinigkeit auf
das genaueste nach Maaßgebung des würklich ein-
fallenden Lichts abgemessen seyn. Ein in allen Thei-
len vollkommenes Werk dieser Art ist deswegen
höchst selten.

Unter

[Spaltenumbruch]

Fis Fla
das Oel durch das Aufwallen uͤberfließen und ſich
entzuͤnden wuͤrde. Dieſem Zufall, der doch bey
Vernachlaͤßigung einiger Handgriffe ſich leicht er-
eignet, die Gefahr zu benehmen, thut man wol,
wenn man den Firnis unter freyem Himmel kocht.

Fis.
(Muſik.)
[Spaltenumbruch]

Der Name den man in Deutſchland der ſiebenden
Sayte unſers heutigen Tonſyſtems giebt, weil ſie
als die um einen halben Ton erhoͤhete Sayte F an-
geſehen, und ihre Note auf dem Notenſyſtem auf
eben der Stelle ſteht, worauf die Note des Tones
F geſetzt wird. Wenn die Laͤnge der tiefſten Sayte
C, mit 1 ausgedruͤkt wird, ſo muß die Sayte
Fis ſeyn, alsdenn iſt dieſer Ton die reine Quinte
von H und die reine große Terz zu D, zugleich aber
das Subſemitonium zu G.

Man kann Fis auch als einen Grundton betrach-
ten, aus welchem ein Stuͤk kann geſetzt werden,
weil er ſeine voͤllige diatoniſche Tonleiter, ſo wol in
(*) S.
Tonart.
der harten als in der weichen Tonart hat. (*)

Flaches Schnizwerk.
(Bildhauerkunſt.)
[Spaltenumbruch]

Unter dieſer Benennung verſtehen wir die Arbeiten
bildender Kuͤnſte, die man insgemein mit dem fran-
zoͤſiſchen Worte Bas-Reliefs, das iſt, wenig erha-
bene Schnizarbeit, nennt. Die alten Griechen fan-
den Geſchmak daran, ſo wol den Werken der Bau-
kunſt, als den Geraͤthſchaften, dadurch mehr Geiſt
und Annehmlichkeit zu geben, daß ſie dieſelben mit
allerhand Schnizwerk auszierten. So finden wir,
daß insgemein an den Giebelfeldern der Tempel,
Vorſtellungen, die ſich auf die Gottheiten, denen
dieſe Tempel geweyht waren, bezogen, in Stein aus-
(*) S.
Winkelm.
uͤber die
Baukunſt
der Alten
S. 56.
gehauen geweſen; (*) und wem iſt der mit erhabe-
ner Arbeit verzierte Schild des Achilles, den Homer be-
ſchreibt, unbekannt? Eben ſo bekannt ſind die Gefaͤſſe
der Alten, die mit erhabener Arbeit verziert ſind.

Dieſe wenig erhabene Schnizarbeit iſt alſo eine Art
Mahlerey ohne Farben, auf welcher die Gegen-
ſtaͤnde ſelbſt zwar nicht in ihrer voͤlligen koͤrperlichen
Geſtalt, wie die Statuen, aber doch wuͤrklich maßiv
und etwas hervorſtehend abgebildet ſind. Die Neu-
ern haben dieſe Verzierungen der Gebaͤude um Ge-
raͤthſchaften beybehalten, wiewol ſie itzt auch nicht
mehr ſo gewoͤhnlich ſind, als vor zweyhundert [Jah-]-
[Spaltenumbruch]

Fla
ren, da kaum ein hoͤlzerner Schrank, von irgend
einer Zierlichkeit, oder eine Thuͤre an praͤchtigen Ge-
baͤuden gemacht worden, an welchen nicht verſchie-
denes Schnizwerk von hiſtoriſchen oder allegoriſchen
Vorſtellungen, angebracht geweſen. Gegenwaͤr-
tig liebet man das Glatte mehr, oder man ſcheuet
die Umkoſten des Schnizwerks. Jndeſſen wird die-
ſes doch noch verſchiedentlich angebracht.

Dergleichen Arbeit iſt am kuͤnſtlichſten, wenn die
Figuren nur wenig uͤber den Grund herausſtehen,
ſo wie die Koͤpfe auf den meiſten Muͤnzen, und
ihr allein koͤmmt eigentlich der Name des flachen
Schnizwerks
zu. Man findet antikes Schnizwerk,
da die Figuren faſt ganz, oder in ihrer voͤlligen koͤr-
perlichen Rundung aus dem Grunde heraustreten,
anders da ſie etwa halb heraustreten, noch anders
wo ſie nur wenig uͤber den Grund erhaben ſind.
Jnsgemein richteten ſich die Alten nach der Ver-
tiefung des Grundes, oder nach der Hoͤhe der Ein-
faßung, damit von dem Schnizwerk nichts hervor-
ſtehen und der Gefahr abgeſtoßen zu werden unter-
worfen ſeyn moͤchte, ſo wie man itzt die Bilder auf
Schaumuͤnzen mehr oder weniger erhaben macht,
nachdem der Rand der Schaumuͤnze mehr oder we-
niger hoch iſt. Dieſe Arbeit iſt deswegen zu den
dauerhafteſten Denkmaͤlern der zeichnenden Kuͤnſte
die ſchiklichſte, indem ſie der Zerſtoͤhrung nicht ſo
unterworfen iſt, als die Statuen und die Gemaͤhlde.
Deswegen macht auch das antike Schnizwerk den
groͤßten Theil der unverdorben auf uns gekomme-
nen Antiken aus.

Die Bearbeitung des flachen Schnizwerks hat
ihre eigenen Schwierigkeiten, die ſich leicht fuͤhlen
laſſen. Einer Figur, die ihre natuͤrliche Hoͤhe und
Breite, aber nur den dritten oder vierten Theil ihrer
koͤrperlichen Tiefe oder Dike hat, ein natuͤrliches An-
ſehen zu geben, iſt wuͤrklich eine ſchweere Sache.
Noch mehr Schwierigkeit aber macht die mahleriſche
Zuſammenſetzung und Gruppirung der Figuren;
denn da kann man ſich nicht ſo leicht, wie in der
Mahlerey, verſchiedener und weit hinter einander
liegender Gruͤnde bedienen. Da auch die Schatten
darin wuͤrkliche, nicht durch dunklere Farben nach-
geahmte Schatten ſind, ſo muß jede Kleinigkeit auf
das genaueſte nach Maaßgebung des wuͤrklich ein-
fallenden Lichts abgemeſſen ſeyn. Ein in allen Thei-
len vollkommenes Werk dieſer Art iſt deswegen
hoͤchſt ſelten.

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[388/0400] Fis Fla Fla das Oel durch das Aufwallen uͤberfließen und ſich entzuͤnden wuͤrde. Dieſem Zufall, der doch bey Vernachlaͤßigung einiger Handgriffe ſich leicht er- eignet, die Gefahr zu benehmen, thut man wol, wenn man den Firnis unter freyem Himmel kocht. Fis. (Muſik.) Der Name den man in Deutſchland der ſiebenden Sayte unſers heutigen Tonſyſtems giebt, weil ſie als die um einen halben Ton erhoͤhete Sayte F an- geſehen, und ihre Note auf dem Notenſyſtem auf eben der Stelle ſteht, worauf die Note des Tones F geſetzt wird. Wenn die Laͤnge der tiefſten Sayte C, mit 1 ausgedruͤkt wird, ſo muß die Sayte Fis [FORMEL] ſeyn, alsdenn iſt dieſer Ton die reine Quinte von H und die reine große Terz zu D, zugleich aber das Subſemitonium zu G. Man kann Fis auch als einen Grundton betrach- ten, aus welchem ein Stuͤk kann geſetzt werden, weil er ſeine voͤllige diatoniſche Tonleiter, ſo wol in der harten als in der weichen Tonart hat. (*) (*) S. Tonart. Flaches Schnizwerk. (Bildhauerkunſt.) Unter dieſer Benennung verſtehen wir die Arbeiten bildender Kuͤnſte, die man insgemein mit dem fran- zoͤſiſchen Worte Bas-Reliefs, das iſt, wenig erha- bene Schnizarbeit, nennt. Die alten Griechen fan- den Geſchmak daran, ſo wol den Werken der Bau- kunſt, als den Geraͤthſchaften, dadurch mehr Geiſt und Annehmlichkeit zu geben, daß ſie dieſelben mit allerhand Schnizwerk auszierten. So finden wir, daß insgemein an den Giebelfeldern der Tempel, Vorſtellungen, die ſich auf die Gottheiten, denen dieſe Tempel geweyht waren, bezogen, in Stein aus- gehauen geweſen; (*) und wem iſt der mit erhabe- ner Arbeit verzierte Schild des Achilles, den Homer be- ſchreibt, unbekannt? Eben ſo bekannt ſind die Gefaͤſſe der Alten, die mit erhabener Arbeit verziert ſind. (*) S. Winkelm. uͤber die Baukunſt der Alten S. 56. Dieſe wenig erhabene Schnizarbeit iſt alſo eine Art Mahlerey ohne Farben, auf welcher die Gegen- ſtaͤnde ſelbſt zwar nicht in ihrer voͤlligen koͤrperlichen Geſtalt, wie die Statuen, aber doch wuͤrklich maßiv und etwas hervorſtehend abgebildet ſind. Die Neu- ern haben dieſe Verzierungen der Gebaͤude um Ge- raͤthſchaften beybehalten, wiewol ſie itzt auch nicht mehr ſo gewoͤhnlich ſind, als vor zweyhundert Jah-- ren, da kaum ein hoͤlzerner Schrank, von irgend einer Zierlichkeit, oder eine Thuͤre an praͤchtigen Ge- baͤuden gemacht worden, an welchen nicht verſchie- denes Schnizwerk von hiſtoriſchen oder allegoriſchen Vorſtellungen, angebracht geweſen. Gegenwaͤr- tig liebet man das Glatte mehr, oder man ſcheuet die Umkoſten des Schnizwerks. Jndeſſen wird die- ſes doch noch verſchiedentlich angebracht. Dergleichen Arbeit iſt am kuͤnſtlichſten, wenn die Figuren nur wenig uͤber den Grund herausſtehen, ſo wie die Koͤpfe auf den meiſten Muͤnzen, und ihr allein koͤmmt eigentlich der Name des flachen Schnizwerks zu. Man findet antikes Schnizwerk, da die Figuren faſt ganz, oder in ihrer voͤlligen koͤr- perlichen Rundung aus dem Grunde heraustreten, anders da ſie etwa halb heraustreten, noch anders wo ſie nur wenig uͤber den Grund erhaben ſind. Jnsgemein richteten ſich die Alten nach der Ver- tiefung des Grundes, oder nach der Hoͤhe der Ein- faßung, damit von dem Schnizwerk nichts hervor- ſtehen und der Gefahr abgeſtoßen zu werden unter- worfen ſeyn moͤchte, ſo wie man itzt die Bilder auf Schaumuͤnzen mehr oder weniger erhaben macht, nachdem der Rand der Schaumuͤnze mehr oder we- niger hoch iſt. Dieſe Arbeit iſt deswegen zu den dauerhafteſten Denkmaͤlern der zeichnenden Kuͤnſte die ſchiklichſte, indem ſie der Zerſtoͤhrung nicht ſo unterworfen iſt, als die Statuen und die Gemaͤhlde. Deswegen macht auch das antike Schnizwerk den groͤßten Theil der unverdorben auf uns gekomme- nen Antiken aus. Die Bearbeitung des flachen Schnizwerks hat ihre eigenen Schwierigkeiten, die ſich leicht fuͤhlen laſſen. Einer Figur, die ihre natuͤrliche Hoͤhe und Breite, aber nur den dritten oder vierten Theil ihrer koͤrperlichen Tiefe oder Dike hat, ein natuͤrliches An- ſehen zu geben, iſt wuͤrklich eine ſchweere Sache. Noch mehr Schwierigkeit aber macht die mahleriſche Zuſammenſetzung und Gruppirung der Figuren; denn da kann man ſich nicht ſo leicht, wie in der Mahlerey, verſchiedener und weit hinter einander liegender Gruͤnde bedienen. Da auch die Schatten darin wuͤrkliche, nicht durch dunklere Farben nach- geahmte Schatten ſind, ſo muß jede Kleinigkeit auf das genaueſte nach Maaßgebung des wuͤrklich ein- fallenden Lichts abgemeſſen ſeyn. Ein in allen Thei- len vollkommenes Werk dieſer Art iſt deswegen hoͤchſt ſelten. Unter

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 1. Leipzig, 1771, S. 388. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie01_1771/400>, abgerufen am 22.11.2024.