Es ist vorher angemerkt worden, daß der Man- gel an Mannigfaltigkeit Armuth des Genies verräth. Könnte nicht hieraus in gewissen Fällen eine Regel zur Beurtheilung des Genies einer ganzen Nation gezogen werden? Würde man z. B. nicht schließen können, daß die Nation, bey der gewisse Werke der Kunst durchaus immer einerley Form haben, wie wenn alle Wohnhäuser nach einerley Muster aufge- führet; alle Comödien nach einerley Plan eingerichtet; alle Oden in einem Ton angestimmt, und nach einer Regel ausgeführt wären u. d. gl. daß dieser Nation das Genie zur Baukunst, zur Comödie, zur Ode noch fehlet?
Mansarde. (Baukunst.)
Eine besondere Art der Dächer, die von ihrem Er- finder, dem französischen Baumeister Mansard, ihren Namen bekommen hat. Jn Deutschland wer- den sie auch gebrochene Dächer genennt; weil jede Seite des Daches, an statt eine einzige Fläche aus- zumachen, wie sonst gewöhnlich geschieht, gebro- chen und in zwey Flächen von ungleicher Neigung gegen die Horizontalfläche getheilet wird.
[Abbildung]
Die Figur stellt den Durchschnitt eines solchen Da- ches vor. Die Baumeister geben den Theilen des- selben nicht immer einerley Verhältnis. Jn Frank- reich ist folgende durchgehends angenommen. Ueber die ganze Tiefe des Hauses a b wird ein halber Zir- kel beschrieben, dessen Umfang in fünf gleiche Theile getheilt wird. Die beyden untersten Theile a c und b d bestimmen die Lage und Höhe des Daches unter dem Bruch; der übrige aus drey fünftheil beste- hende Bogen wird in e in zwey gleiche Theile ge- theilt; alsdenn bestimmen die Sehnen c e, d e, die Lage und Größe des Daches über dem Bruch. An [Spaltenumbruch]
Mar
dem Bruche selbst läßt man ein hölzern Gesims her- um laufen.
Die gebrochenen Dächer verstatten die Bequem- lichkeit, daß der Boden zwischen a b und c d zu räumlichen Dachstuben kann gebraucht werden. Wo man aber den Boden hiezu gar nicht benöthiget ist, thut man besser, anstatt der Mansarde, ein einfa- ches Dach zu machen. Denn wo die Dachfenster der Mansarden nicht mit ausnehmender Aufmerk- samkeit gemacht und nicht mit dem besten Blech, oder gar mit Kupfer an das Dach verbunden werden, da dringet der Regen durch und verursachet allmählig die Fäulung der Sparren.
Marsch. (Musik.)
Ein kleines Tonstük, das unter festlichen Aufzügen vornehmlich unter den Zügen der Kriegesvölker auf Blasinstrumenten gespielt wird. Der Zwek dessel- ben ist ohne Zweifel diejenigen, die den Zug machen aufzumuntern und ihnen auch die Beschwerlichkeit desselben zu erleichtern. Man hat, vermuthlich schon vor der Erfindung der Musik bemerket, daß abgemessene Töne, auch in so fern sie ein bloßes Geräusch ausmachen, viel Kraft haben, die Kräfte des Körpers bey beschwerlichen Arbeiten zu unter- stüzen und die Ermüdung aufzuhalten. Daher fin- den wir vielfältig in allen Geschichten, daß große Arbeiten, die man in der Geschwindigkeit wollte ver- richten lassen, unter dem Schall der Trompeten und andrer klingenden Jnstrumente verrichtet worden. Als Lysander die lange Mauer bey Athen niederreis- sen ließ, mußten alle Spielleuthe seines Kriegeshee- res zusammen kommen, um währender Arbeit auf Flöten und andern Jnstrumenten zu blasen. (*) Chardin sagt in seiner Reise nach Persien, daß die morgenländischen Völker keine schweere Last heben können, wenn nicht ein Geräusche dabey gemacht wird. Vielleicht wollen einige alte Nachrichten von Aufbauen und vom Einstürzen ganzer Stadt- mauern durch die Kraft der Musik, nichts anders sagen, als daß die Arbeit der Menschen durch die Musik unterstüzt, mit unglaublicher Geschwindigkeit verrichtet worden sey. Was wir noch izt bisweilen an dem Schiffvolk, welches schweer beladene Kähne gegen den Strohm der Flüße ziehet, sehen, daß es sich diese mühesame Arbeit durch Singen erleichtert,
wobey
(*) Tlut ar- chus im Lo- sander.
Yy yy 3
[Spaltenumbruch]
Man
Es iſt vorher angemerkt worden, daß der Man- gel an Mannigfaltigkeit Armuth des Genies verraͤth. Koͤnnte nicht hieraus in gewiſſen Faͤllen eine Regel zur Beurtheilung des Genies einer ganzen Nation gezogen werden? Wuͤrde man z. B. nicht ſchließen koͤnnen, daß die Nation, bey der gewiſſe Werke der Kunſt durchaus immer einerley Form haben, wie wenn alle Wohnhaͤuſer nach einerley Muſter aufge- fuͤhret; alle Comoͤdien nach einerley Plan eingerichtet; alle Oden in einem Ton angeſtimmt, und nach einer Regel ausgefuͤhrt waͤren u. d. gl. daß dieſer Nation das Genie zur Baukunſt, zur Comoͤdie, zur Ode noch fehlet?
Manſarde. (Baukunſt.)
Eine beſondere Art der Daͤcher, die von ihrem Er- finder, dem franzoͤſiſchen Baumeiſter Manſard, ihren Namen bekommen hat. Jn Deutſchland wer- den ſie auch gebrochene Daͤcher genennt; weil jede Seite des Daches, an ſtatt eine einzige Flaͤche aus- zumachen, wie ſonſt gewoͤhnlich geſchieht, gebro- chen und in zwey Flaͤchen von ungleicher Neigung gegen die Horizontalflaͤche getheilet wird.
[Abbildung]
Die Figur ſtellt den Durchſchnitt eines ſolchen Da- ches vor. Die Baumeiſter geben den Theilen deſ- ſelben nicht immer einerley Verhaͤltnis. Jn Frank- reich iſt folgende durchgehends angenommen. Ueber die ganze Tiefe des Hauſes a b wird ein halber Zir- kel beſchrieben, deſſen Umfang in fuͤnf gleiche Theile getheilt wird. Die beyden unterſten Theile a c und b d beſtimmen die Lage und Hoͤhe des Daches unter dem Bruch; der uͤbrige aus drey fuͤnftheil beſte- hende Bogen wird in e in zwey gleiche Theile ge- theilt; alsdenn beſtimmen die Sehnen c e, d e, die Lage und Groͤße des Daches uͤber dem Bruch. An [Spaltenumbruch]
Mar
dem Bruche ſelbſt laͤßt man ein hoͤlzern Geſims her- um laufen.
Die gebrochenen Daͤcher verſtatten die Bequem- lichkeit, daß der Boden zwiſchen a b und c d zu raͤumlichen Dachſtuben kann gebraucht werden. Wo man aber den Boden hiezu gar nicht benoͤthiget iſt, thut man beſſer, anſtatt der Manſarde, ein einfa- ches Dach zu machen. Denn wo die Dachfenſter der Manſarden nicht mit ausnehmender Aufmerk- ſamkeit gemacht und nicht mit dem beſten Blech, oder gar mit Kupfer an das Dach verbunden werden, da dringet der Regen durch und verurſachet allmaͤhlig die Faͤulung der Sparren.
Marſch. (Muſik.)
Ein kleines Tonſtuͤk, das unter feſtlichen Aufzuͤgen vornehmlich unter den Zuͤgen der Kriegesvoͤlker auf Blasinſtrumenten geſpielt wird. Der Zwek deſſel- ben iſt ohne Zweifel diejenigen, die den Zug machen aufzumuntern und ihnen auch die Beſchwerlichkeit deſſelben zu erleichtern. Man hat, vermuthlich ſchon vor der Erfindung der Muſik bemerket, daß abgemeſſene Toͤne, auch in ſo fern ſie ein bloßes Geraͤuſch ausmachen, viel Kraft haben, die Kraͤfte des Koͤrpers bey beſchwerlichen Arbeiten zu unter- ſtuͤzen und die Ermuͤdung aufzuhalten. Daher fin- den wir vielfaͤltig in allen Geſchichten, daß große Arbeiten, die man in der Geſchwindigkeit wollte ver- richten laſſen, unter dem Schall der Trompeten und andrer klingenden Jnſtrumente verrichtet worden. Als Lyſander die lange Mauer bey Athen niederreiſ- ſen ließ, mußten alle Spielleuthe ſeines Kriegeshee- res zuſammen kommen, um waͤhrender Arbeit auf Floͤten und andern Jnſtrumenten zu blaſen. (*) Chardin ſagt in ſeiner Reiſe nach Perſien, daß die morgenlaͤndiſchen Voͤlker keine ſchweere Laſt heben koͤnnen, wenn nicht ein Geraͤuſche dabey gemacht wird. Vielleicht wollen einige alte Nachrichten von Aufbauen und vom Einſtuͤrzen ganzer Stadt- mauern durch die Kraft der Muſik, nichts anders ſagen, als daß die Arbeit der Menſchen durch die Muſik unterſtuͤzt, mit unglaublicher Geſchwindigkeit verrichtet worden ſey. Was wir noch izt bisweilen an dem Schiffvolk, welches ſchweer beladene Kaͤhne gegen den Strohm der Fluͤße ziehet, ſehen, daß es ſich dieſe muͤheſame Arbeit durch Singen erleichtert,
wobey
(*) Tlut ar- chus im Lo- ſander.
Yy yy 3
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[743[725]/0160]
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Es iſt vorher angemerkt worden, daß der Man-
gel an Mannigfaltigkeit Armuth des Genies verraͤth.
Koͤnnte nicht hieraus in gewiſſen Faͤllen eine Regel
zur Beurtheilung des Genies einer ganzen Nation
gezogen werden? Wuͤrde man z. B. nicht ſchließen
koͤnnen, daß die Nation, bey der gewiſſe Werke der
Kunſt durchaus immer einerley Form haben, wie
wenn alle Wohnhaͤuſer nach einerley Muſter aufge-
fuͤhret; alle Comoͤdien nach einerley Plan eingerichtet;
alle Oden in einem Ton angeſtimmt, und nach einer
Regel ausgefuͤhrt waͤren u. d. gl. daß dieſer Nation
das Genie zur Baukunſt, zur Comoͤdie, zur Ode
noch fehlet?
Manſarde.
(Baukunſt.)
Eine beſondere Art der Daͤcher, die von ihrem Er-
finder, dem franzoͤſiſchen Baumeiſter Manſard,
ihren Namen bekommen hat. Jn Deutſchland wer-
den ſie auch gebrochene Daͤcher genennt; weil jede
Seite des Daches, an ſtatt eine einzige Flaͤche aus-
zumachen, wie ſonſt gewoͤhnlich geſchieht, gebro-
chen und in zwey Flaͤchen von ungleicher Neigung
gegen die Horizontalflaͤche getheilet wird.
[Abbildung]
Die Figur ſtellt den Durchſchnitt eines ſolchen Da-
ches vor. Die Baumeiſter geben den Theilen deſ-
ſelben nicht immer einerley Verhaͤltnis. Jn Frank-
reich iſt folgende durchgehends angenommen. Ueber
die ganze Tiefe des Hauſes a b wird ein halber Zir-
kel beſchrieben, deſſen Umfang in fuͤnf gleiche Theile
getheilt wird. Die beyden unterſten Theile a c und
b d beſtimmen die Lage und Hoͤhe des Daches unter
dem Bruch; der uͤbrige aus drey fuͤnftheil beſte-
hende Bogen wird in e in zwey gleiche Theile ge-
theilt; alsdenn beſtimmen die Sehnen c e, d e, die
Lage und Groͤße des Daches uͤber dem Bruch. An
dem Bruche ſelbſt laͤßt man ein hoͤlzern Geſims her-
um laufen.
Die gebrochenen Daͤcher verſtatten die Bequem-
lichkeit, daß der Boden zwiſchen a b und c d zu
raͤumlichen Dachſtuben kann gebraucht werden. Wo
man aber den Boden hiezu gar nicht benoͤthiget iſt,
thut man beſſer, anſtatt der Manſarde, ein einfa-
ches Dach zu machen. Denn wo die Dachfenſter
der Manſarden nicht mit ausnehmender Aufmerk-
ſamkeit gemacht und nicht mit dem beſten Blech, oder
gar mit Kupfer an das Dach verbunden werden, da
dringet der Regen durch und verurſachet allmaͤhlig
die Faͤulung der Sparren.
Marſch.
(Muſik.)
Ein kleines Tonſtuͤk, das unter feſtlichen Aufzuͤgen
vornehmlich unter den Zuͤgen der Kriegesvoͤlker auf
Blasinſtrumenten geſpielt wird. Der Zwek deſſel-
ben iſt ohne Zweifel diejenigen, die den Zug machen
aufzumuntern und ihnen auch die Beſchwerlichkeit
deſſelben zu erleichtern. Man hat, vermuthlich
ſchon vor der Erfindung der Muſik bemerket, daß
abgemeſſene Toͤne, auch in ſo fern ſie ein bloßes
Geraͤuſch ausmachen, viel Kraft haben, die Kraͤfte
des Koͤrpers bey beſchwerlichen Arbeiten zu unter-
ſtuͤzen und die Ermuͤdung aufzuhalten. Daher fin-
den wir vielfaͤltig in allen Geſchichten, daß große
Arbeiten, die man in der Geſchwindigkeit wollte ver-
richten laſſen, unter dem Schall der Trompeten und
andrer klingenden Jnſtrumente verrichtet worden.
Als Lyſander die lange Mauer bey Athen niederreiſ-
ſen ließ, mußten alle Spielleuthe ſeines Kriegeshee-
res zuſammen kommen, um waͤhrender Arbeit auf
Floͤten und andern Jnſtrumenten zu blaſen. (*)
Chardin ſagt in ſeiner Reiſe nach Perſien, daß die
morgenlaͤndiſchen Voͤlker keine ſchweere Laſt heben
koͤnnen, wenn nicht ein Geraͤuſche dabey gemacht
wird. Vielleicht wollen einige alte Nachrichten
von Aufbauen und vom Einſtuͤrzen ganzer Stadt-
mauern durch die Kraft der Muſik, nichts anders
ſagen, als daß die Arbeit der Menſchen durch die
Muſik unterſtuͤzt, mit unglaublicher Geſchwindigkeit
verrichtet worden ſey. Was wir noch izt bisweilen
an dem Schiffvolk, welches ſchweer beladene Kaͤhne
gegen den Strohm der Fluͤße ziehet, ſehen, daß es
ſich dieſe muͤheſame Arbeit durch Singen erleichtert,
wobey
(*) Tlut ar-
chus im Lo-
ſander.
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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 743[725]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/160>, abgerufen am 21.11.2024.
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