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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.

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dem Punkt o, wo O P den Zirkel durchschneidet,
theile man, wie die Figur zeiget, die Bogen O S
und o Q jeden in 90 Grade. Ziehet man nun aus
dem Punkt P durch die Theilungspunkte gerade Li-
nien bis an den Horizont, so ist dieser dadurch in
seine Grade getheilt, so wie oben in der zweyten Fi-
gur. Will man nun einen Winkel auf der Fläche
des Gemähldes messen, so därf man nur seine bey-
den Schenkel bis an den Horizont verlängern, und
dort die Grade zählen, die zwischen beyden Punkten
liegen. So wird man z. B. hier finden, daß die
Voderseite des Hauses C in dem Punkt D, die an-
dere Seite in B trift; daß O B die Tangente von
52, O D aber die Tangente von 38 Graden ist, folg-
lich D B, mithin auch der Winkel des Hauses 90
Grade hat.

Wollte man den Winkel V T X messen, den die
Voder- und Seitenmauer, die den Plaz, wo der
Thurm steht, umgeben, ausmessen, so erfoderte
dieses etwas mehr Umstände, weil die Linie T V von
dem Horizont immer weiter abgeht. Man verlän-
gere darum die Seite V T auf die andere Seite, bis
an den Horizont. Da trift sie in den Punkt B.
Die Seite T X aber trift in dem Punkt D. Also
ist der Winkel X T Z von 90 Graden, folglich
hat V T X eben so viel. Dieses kann man auch
noch so finden. Man ziehe aus T die Linie T Y mit
dem Horizont parallel. Weil nun T X bis an den
Horizont verlängert in D fällt, wo von O aus der
38 Grad trift, so sind von D gegen A hin gerech-
net, noch 52 Grade für die Tangente des Winkels
Y T X; folglich hat dieser Winkel 52 Grade. Ver-
längert man auf der andern Seite V T Z bis an den
Horizont, so trift sie in den Punkt B, welcher in den
52 Grad von O aus gerechnet fällt. Mithin bleiben
für die Tangente des Winkels Z T z, oder, welches
einerley ist, des Winkels V T Y, noch 38 Grade.
Darum ist der ganze Winkel V T X von 90 Gra-
den. Dieses ist nun leicht auf jeden andern Win-
kel anzuwenden.

Also bleibet uns noch die Schäzung der Größen
in Fußen übrig. Wir haben gesehen, daß an dem
Thurm die Höhe a b 50 Fuß hoch kann geschäzt wer-
den, und daß das Haus C vom Grund des Gar-
tens bis an die Giebel der Dachfenster eben so hoch
ist. Ferner, da die Häuser, welche rechts und links
des Thurmes stehen, auf demselben Grund, worauf
der Thurm und das Haus C stehen, sich befinden;
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so ist an dem Hause linker Hand die Höhe vom Bo-
den bis an die drey obersten Fenster, und an dem
Haus rechter Hand die Höhe vom Boden bis mit-
ten in das Giebelfenster, ebenfalls 50 Fuß. Wenn
man also diese vier verschiedene Höhen nihmt, und
jede in 50 gleiche Theile eintheilt, so dienen sie, jede
in der Entfernung, in welcher diese Höhen genom-
men worden sind, zum Maaßstab der Höhen, und
auch der mit dem Horizont parallel laufenden Linien.
So findet sich z. B. daß der nicht weit von B ste-
hende mit C bezeichnete Baum eben so weit gegen
den Hörizont entfernt liegt, als die voderste Eke des
Hauses F neben dem Thurm. Deswegen muß
die Höhe dieses Baumes nach dem Maaßstab ge-
messen werden, den die Höhe dieses Hauses an die
Hand giebt. Nämlich, man theilet die Höhe vom
Boden bis mitten in das Giebelfenster in 50 Theile,
oder Fuße. Mißt man nun die Höhe des Bau-
mes C damit, so findet man sie von etwa 32 Fuß.

Ueberhaupt also findet man das Maaß der Höhen
aller Gegenstände, die auf dem eigentlichen Boden
dieser Zeichnung, nehmlich auf der horizontalen
Fläche des Gartens vor dem Hause C stehen, wenn
man die Perpendicularlinie von dem Punkt, wo
sie aufstehen, bis an den Horizont in 50 Theile
theilet. So viel solcher Theile ein Baum, oder ein
Haus hat, so viel Fuß hoch ist es auch. Auf diese
Weise findet man, daß die Mauer, die den Thurm
umgiebt, ohngefehr 13 Fuß hoch ist.

Und hieraus kann der Zeichner auch leicht die
Proportion finden, die er den Figuren, womit er
seine Landschaft ausstaffiren will, in jeder Entfer-
nung zu geben hat.

Diese Messung geht, wie man sieht, nur auf Li-
nien, die perpendicular auf der Horizontalfläche ste-
hen, oder auf dieser Fläche mit dem Horizont paral-
lel laufen. Umständlicher wird die Ausmessung der
Linien, die sich von vorne gegen den Horizont hin-
ziehen, wie z. E. die Länge der Mauren um den
Garten. Diese müssen nothwendig nach ungleich
eingetheilten Maaßstäben gemessen werden; weil
eine Ruthe vorne an der Gartenmauer größer ist,
als wenn man an der hintern Eke eine Ruthe neh-
men wollte. Die Methode, solche Linien nach ih-
rem wahren Maaße einzutheilen, soll hier noch an-
gezeiget werden.

Man stelle sich irgend eine in der Zeichnung nach
dem Horizont laufende Linie I H D vor, welche per-

spek-

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Per
dem Punkt o, wo O P den Zirkel durchſchneidet,
theile man, wie die Figur zeiget, die Bogen O S
und o Q jeden in 90 Grade. Ziehet man nun aus
dem Punkt P durch die Theilungspunkte gerade Li-
nien bis an den Horizont, ſo iſt dieſer dadurch in
ſeine Grade getheilt, ſo wie oben in der zweyten Fi-
gur. Will man nun einen Winkel auf der Flaͤche
des Gemaͤhldes meſſen, ſo daͤrf man nur ſeine bey-
den Schenkel bis an den Horizont verlaͤngern, und
dort die Grade zaͤhlen, die zwiſchen beyden Punkten
liegen. So wird man z. B. hier finden, daß die
Voderſeite des Hauſes C in dem Punkt D, die an-
dere Seite in B trift; daß O B die Tangente von
52, O D aber die Tangente von 38 Graden iſt, folg-
lich D B, mithin auch der Winkel des Hauſes 90
Grade hat.

Wollte man den Winkel V T X meſſen, den die
Voder- und Seitenmauer, die den Plaz, wo der
Thurm ſteht, umgeben, ausmeſſen, ſo erfoderte
dieſes etwas mehr Umſtaͤnde, weil die Linie T V von
dem Horizont immer weiter abgeht. Man verlaͤn-
gere darum die Seite V T auf die andere Seite, bis
an den Horizont. Da trift ſie in den Punkt B.
Die Seite T X aber trift in dem Punkt D. Alſo
iſt der Winkel X T Z von 90 Graden, folglich
hat V T X eben ſo viel. Dieſes kann man auch
noch ſo finden. Man ziehe aus T die Linie T Y mit
dem Horizont parallel. Weil nun T X bis an den
Horizont verlaͤngert in D faͤllt, wo von O aus der
38 Grad trift, ſo ſind von D gegen A hin gerech-
net, noch 52 Grade fuͤr die Tangente des Winkels
Y T X; folglich hat dieſer Winkel 52 Grade. Ver-
laͤngert man auf der andern Seite V T Z bis an den
Horizont, ſo trift ſie in den Punkt B, welcher in den
52 Grad von O aus gerechnet faͤllt. Mithin bleiben
fuͤr die Tangente des Winkels Z T z, oder, welches
einerley iſt, des Winkels V T Y, noch 38 Grade.
Darum iſt der ganze Winkel V T X von 90 Gra-
den. Dieſes iſt nun leicht auf jeden andern Win-
kel anzuwenden.

Alſo bleibet uns noch die Schaͤzung der Groͤßen
in Fußen uͤbrig. Wir haben geſehen, daß an dem
Thurm die Hoͤhe a b 50 Fuß hoch kann geſchaͤzt wer-
den, und daß das Haus C vom Grund des Gar-
tens bis an die Giebel der Dachfenſter eben ſo hoch
iſt. Ferner, da die Haͤuſer, welche rechts und links
des Thurmes ſtehen, auf demſelben Grund, worauf
der Thurm und das Haus C ſtehen, ſich befinden;
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ſo iſt an dem Hauſe linker Hand die Hoͤhe vom Bo-
den bis an die drey oberſten Fenſter, und an dem
Haus rechter Hand die Hoͤhe vom Boden bis mit-
ten in das Giebelfenſter, ebenfalls 50 Fuß. Wenn
man alſo dieſe vier verſchiedene Hoͤhen nihmt, und
jede in 50 gleiche Theile eintheilt, ſo dienen ſie, jede
in der Entfernung, in welcher dieſe Hoͤhen genom-
men worden ſind, zum Maaßſtab der Hoͤhen, und
auch der mit dem Horizont parallel laufenden Linien.
So findet ſich z. B. daß der nicht weit von B ſte-
hende mit C bezeichnete Baum eben ſo weit gegen
den Hoͤrizont entfernt liegt, als die voderſte Eke des
Hauſes F neben dem Thurm. Deswegen muß
die Hoͤhe dieſes Baumes nach dem Maaßſtab ge-
meſſen werden, den die Hoͤhe dieſes Hauſes an die
Hand giebt. Naͤmlich, man theilet die Hoͤhe vom
Boden bis mitten in das Giebelfenſter in 50 Theile,
oder Fuße. Mißt man nun die Hoͤhe des Bau-
mes C damit, ſo findet man ſie von etwa 32 Fuß.

Ueberhaupt alſo findet man das Maaß der Hoͤhen
aller Gegenſtaͤnde, die auf dem eigentlichen Boden
dieſer Zeichnung, nehmlich auf der horizontalen
Flaͤche des Gartens vor dem Hauſe C ſtehen, wenn
man die Perpendicularlinie von dem Punkt, wo
ſie aufſtehen, bis an den Horizont in 50 Theile
theilet. So viel ſolcher Theile ein Baum, oder ein
Haus hat, ſo viel Fuß hoch iſt es auch. Auf dieſe
Weiſe findet man, daß die Mauer, die den Thurm
umgiebt, ohngefehr 13 Fuß hoch iſt.

Und hieraus kann der Zeichner auch leicht die
Proportion finden, die er den Figuren, womit er
ſeine Landſchaft ausſtaffiren will, in jeder Entfer-
nung zu geben hat.

Dieſe Meſſung geht, wie man ſieht, nur auf Li-
nien, die perpendicular auf der Horizontalflaͤche ſte-
hen, oder auf dieſer Flaͤche mit dem Horizont paral-
lel laufen. Umſtaͤndlicher wird die Ausmeſſung der
Linien, die ſich von vorne gegen den Horizont hin-
ziehen, wie z. E. die Laͤnge der Mauren um den
Garten. Dieſe muͤſſen nothwendig nach ungleich
eingetheilten Maaßſtaͤben gemeſſen werden; weil
eine Ruthe vorne an der Gartenmauer groͤßer iſt,
als wenn man an der hintern Eke eine Ruthe neh-
men wollte. Die Methode, ſolche Linien nach ih-
rem wahren Maaße einzutheilen, ſoll hier noch an-
gezeiget werden.

Man ſtelle ſich irgend eine in der Zeichnung nach
dem Horizont laufende Linie I H D vor, welche per-

ſpek-
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[898[880]/0315] Per Per dem Punkt o, wo O P den Zirkel durchſchneidet, theile man, wie die Figur zeiget, die Bogen O S und o Q jeden in 90 Grade. Ziehet man nun aus dem Punkt P durch die Theilungspunkte gerade Li- nien bis an den Horizont, ſo iſt dieſer dadurch in ſeine Grade getheilt, ſo wie oben in der zweyten Fi- gur. Will man nun einen Winkel auf der Flaͤche des Gemaͤhldes meſſen, ſo daͤrf man nur ſeine bey- den Schenkel bis an den Horizont verlaͤngern, und dort die Grade zaͤhlen, die zwiſchen beyden Punkten liegen. So wird man z. B. hier finden, daß die Voderſeite des Hauſes C in dem Punkt D, die an- dere Seite in B trift; daß O B die Tangente von 52, O D aber die Tangente von 38 Graden iſt, folg- lich D B, mithin auch der Winkel des Hauſes 90 Grade hat. Wollte man den Winkel V T X meſſen, den die Voder- und Seitenmauer, die den Plaz, wo der Thurm ſteht, umgeben, ausmeſſen, ſo erfoderte dieſes etwas mehr Umſtaͤnde, weil die Linie T V von dem Horizont immer weiter abgeht. Man verlaͤn- gere darum die Seite V T auf die andere Seite, bis an den Horizont. Da trift ſie in den Punkt B. Die Seite T X aber trift in dem Punkt D. Alſo iſt der Winkel X T Z von 90 Graden, folglich hat V T X eben ſo viel. Dieſes kann man auch noch ſo finden. Man ziehe aus T die Linie T Y mit dem Horizont parallel. Weil nun T X bis an den Horizont verlaͤngert in D faͤllt, wo von O aus der 38 Grad trift, ſo ſind von D gegen A hin gerech- net, noch 52 Grade fuͤr die Tangente des Winkels Y T X; folglich hat dieſer Winkel 52 Grade. Ver- laͤngert man auf der andern Seite V T Z bis an den Horizont, ſo trift ſie in den Punkt B, welcher in den 52 Grad von O aus gerechnet faͤllt. Mithin bleiben fuͤr die Tangente des Winkels Z T z, oder, welches einerley iſt, des Winkels V T Y, noch 38 Grade. Darum iſt der ganze Winkel V T X von 90 Gra- den. Dieſes iſt nun leicht auf jeden andern Win- kel anzuwenden. Alſo bleibet uns noch die Schaͤzung der Groͤßen in Fußen uͤbrig. Wir haben geſehen, daß an dem Thurm die Hoͤhe a b 50 Fuß hoch kann geſchaͤzt wer- den, und daß das Haus C vom Grund des Gar- tens bis an die Giebel der Dachfenſter eben ſo hoch iſt. Ferner, da die Haͤuſer, welche rechts und links des Thurmes ſtehen, auf demſelben Grund, worauf der Thurm und das Haus C ſtehen, ſich befinden; ſo iſt an dem Hauſe linker Hand die Hoͤhe vom Bo- den bis an die drey oberſten Fenſter, und an dem Haus rechter Hand die Hoͤhe vom Boden bis mit- ten in das Giebelfenſter, ebenfalls 50 Fuß. Wenn man alſo dieſe vier verſchiedene Hoͤhen nihmt, und jede in 50 gleiche Theile eintheilt, ſo dienen ſie, jede in der Entfernung, in welcher dieſe Hoͤhen genom- men worden ſind, zum Maaßſtab der Hoͤhen, und auch der mit dem Horizont parallel laufenden Linien. So findet ſich z. B. daß der nicht weit von B ſte- hende mit C bezeichnete Baum eben ſo weit gegen den Hoͤrizont entfernt liegt, als die voderſte Eke des Hauſes F neben dem Thurm. Deswegen muß die Hoͤhe dieſes Baumes nach dem Maaßſtab ge- meſſen werden, den die Hoͤhe dieſes Hauſes an die Hand giebt. Naͤmlich, man theilet die Hoͤhe vom Boden bis mitten in das Giebelfenſter in 50 Theile, oder Fuße. Mißt man nun die Hoͤhe des Bau- mes C damit, ſo findet man ſie von etwa 32 Fuß. Ueberhaupt alſo findet man das Maaß der Hoͤhen aller Gegenſtaͤnde, die auf dem eigentlichen Boden dieſer Zeichnung, nehmlich auf der horizontalen Flaͤche des Gartens vor dem Hauſe C ſtehen, wenn man die Perpendicularlinie von dem Punkt, wo ſie aufſtehen, bis an den Horizont in 50 Theile theilet. So viel ſolcher Theile ein Baum, oder ein Haus hat, ſo viel Fuß hoch iſt es auch. Auf dieſe Weiſe findet man, daß die Mauer, die den Thurm umgiebt, ohngefehr 13 Fuß hoch iſt. Und hieraus kann der Zeichner auch leicht die Proportion finden, die er den Figuren, womit er ſeine Landſchaft ausſtaffiren will, in jeder Entfer- nung zu geben hat. Dieſe Meſſung geht, wie man ſieht, nur auf Li- nien, die perpendicular auf der Horizontalflaͤche ſte- hen, oder auf dieſer Flaͤche mit dem Horizont paral- lel laufen. Umſtaͤndlicher wird die Ausmeſſung der Linien, die ſich von vorne gegen den Horizont hin- ziehen, wie z. E. die Laͤnge der Mauren um den Garten. Dieſe muͤſſen nothwendig nach ungleich eingetheilten Maaßſtaͤben gemeſſen werden; weil eine Ruthe vorne an der Gartenmauer groͤßer iſt, als wenn man an der hintern Eke eine Ruthe neh- men wollte. Die Methode, ſolche Linien nach ih- rem wahren Maaße einzutheilen, ſoll hier noch an- gezeiget werden. Man ſtelle ſich irgend eine in der Zeichnung nach dem Horizont laufende Linie I H D vor, welche per- ſpek-

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Zitationshilfe: Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 898[880]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/315>, abgerufen am 27.11.2024.