Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774.[Spaltenumbruch] Ste andere gedenken, welches ein Verboth enthielt, daßein anderer als Apelles ihn mahlen; ein andrer als Lysippus (Apulejus nennt den Polyklet, statt des Lysippus) seine Statue machen, und ein andrer als Pyrgoteles ihn in Stein schneiden soll, möchte man beynahe schließen, daß auch die Münzen diesem lezten allein aufgetragen gewesen. Denn aus den Münzen dieses Eroberers und seiner Nachfolger, die sich bis auf unsre Zeit erhalten haben, kann man sehen, daß große Künstler dazu gebraucht worden. War ihm nun daran gelegen, daß sein Bildniß nur von großen Meistern verfertiget würde, wie sich al- lerdings aus jenem Edikt schließen läßt, so siehet man nicht, warum nicht auch der Stempelschneider darinn genennt worden, wenn dieses Schneiden eine besondere Kunst gewesen wäre. Es scheinet aller- dings, daß unter den Wörtern caelamen und to- reuma, sowol in Stein geschnittene, als auf Mün- zen geprägte Werke müssen verstanden werden. Aber wir wollen es den Gelehrten überlassen, diesen Punkt auszumachen. Mir ist wenigstens bey den Alten, die über die Kunst geschrieben haben, kein Stempel- schneider vorgekommen, da hingegen der Steinschnei- der sehr oft Erwähnung geschieht: und doch sind viel griechische Münzen, in Absicht auf die Schönheit der Zeichnung eben so schäzbar, als die schönsten ge- schnittenen Steine. Wenn es mit der Behauptung der Kenner alter Der älteste griechische Steinschneider, dessen na- Ste aber war, wie aus dem vorher angeführten abzu-nehmen ist, Pyrgoteles, dessen Namen auf zwey noch vorhandenen Steinen angetroffen wird. Daß aber der eine, der auch den Namen Phocion trägt, nicht von diesem Künstler sey, hat Winkelmann ge- zeiget; (*) auf den andern, den der Graf von Schön- born in Wien besizt, ist der Kopf des Alexanders: es ist aber auch nicht ausgemacht, daß es die Ar- beit dieses berühmten Künstlers sey. Der Baron Stosch hat die antiken Steine, auf Der berühmte Natter, der sich in unsern Tagen Wie die Künste des Stein- und Stempelschnei- Der älteste Stein- und Stempelschneider neuerer rühmt (*) Gesch. der Kunst. S. 351. (+) Gemmae antiquae caelatae scalptorum nominibus in- fignitae. a Phil. de Stosch. Amst. 1724. fol. (*) S. Bibliothe- que de peinture &c. T. I. p. 248. ls. (++) S. Traite de la Methode antique de graver en pierres fines &c. par Laur. Natter. Londres 1754. fol. (*) S. Geschnitte- ne Steint. (+++) [Spaltenumbruch]
S. Memorie degli Intagliatori moderni. In Li- vorno 1753. 4. p. 121. Dieses Werk, in welchem man die [Spaltenumbruch] meisten Nachrichten über die neuern Steinschneider findet, enthält erstlich das Leben des Valerio Vicentino aus dem Vasari abgedrukt; hernach die Geschichte der neuern Stein- schneider aus des Mariette traite des pierres gravees über- sezt, und endlich ziemlich weitläuftige Supplemente und Anmerkungen des Uebersezers zu der Mariettischen Ab- handlung. Y y y y y y 2
[Spaltenumbruch] Ste andere gedenken, welches ein Verboth enthielt, daßein anderer als Apelles ihn mahlen; ein andrer als Lyſippus (Apulejus nennt den Polyklet, ſtatt des Lyſippus) ſeine Statue machen, und ein andrer als Pyrgoteles ihn in Stein ſchneiden ſoll, moͤchte man beynahe ſchließen, daß auch die Muͤnzen dieſem lezten allein aufgetragen geweſen. Denn aus den Muͤnzen dieſes Eroberers und ſeiner Nachfolger, die ſich bis auf unſre Zeit erhalten haben, kann man ſehen, daß große Kuͤnſtler dazu gebraucht worden. War ihm nun daran gelegen, daß ſein Bildniß nur von großen Meiſtern verfertiget wuͤrde, wie ſich al- lerdings aus jenem Edikt ſchließen laͤßt, ſo ſiehet man nicht, warum nicht auch der Stempelſchneider darinn genennt worden, wenn dieſes Schneiden eine beſondere Kunſt geweſen waͤre. Es ſcheinet aller- dings, daß unter den Woͤrtern cælamen und to- reuma, ſowol in Stein geſchnittene, als auf Muͤn- zen gepraͤgte Werke muͤſſen verſtanden werden. Aber wir wollen es den Gelehrten uͤberlaſſen, dieſen Punkt auszumachen. Mir iſt wenigſtens bey den Alten, die uͤber die Kunſt geſchrieben haben, kein Stempel- ſchneider vorgekommen, da hingegen der Steinſchnei- der ſehr oft Erwaͤhnung geſchieht: und doch ſind viel griechiſche Muͤnzen, in Abſicht auf die Schoͤnheit der Zeichnung eben ſo ſchaͤzbar, als die ſchoͤnſten ge- ſchnittenen Steine. Wenn es mit der Behauptung der Kenner alter Der aͤlteſte griechiſche Steinſchneider, deſſen na- Ste aber war, wie aus dem vorher angefuͤhrten abzu-nehmen iſt, Pyrgoteles, deſſen Namen auf zwey noch vorhandenen Steinen angetroffen wird. Daß aber der eine, der auch den Namen Phocion traͤgt, nicht von dieſem Kuͤnſtler ſey, hat Winkelmann ge- zeiget; (*) auf den andern, den der Graf von Schoͤn- born in Wien beſizt, iſt der Kopf des Alexanders: es iſt aber auch nicht ausgemacht, daß es die Ar- beit dieſes beruͤhmten Kuͤnſtlers ſey. Der Baron Stoſch hat die antiken Steine, auf Der beruͤhmte Natter, der ſich in unſern Tagen Wie die Kuͤnſte des Stein- und Stempelſchnei- Der aͤlteſte Stein- und Stempelſchneider neuerer ruͤhmt (*) Geſch. der Kunſt. S. 351. (†) Gemmæ antiquæ cælatæ ſcalptorum nominibus in- fignitæ. à Phil. de Stoſch. Amſt. 1724. fol. (*) S. Bibliothe- que de peinture &c. T. I. p. 248. ls. (††) S. Traité de la Methode antique de graver en pierres fines &c. par Laur. Natter. Londres 1754. fol. (*) S. Geſchnitte- ne Steint. (†††) [Spaltenumbruch]
S. Memorie degli Intagliatori moderni. In Li- vorno 1753. 4. p. 121. Dieſes Werk, in welchem man die [Spaltenumbruch] meiſten Nachrichten uͤber die neuern Steinſchneider findet, enthaͤlt erſtlich das Leben des Valerio Vicentino aus dem Vaſari abgedrukt; hernach die Geſchichte der neuern Stein- ſchneider aus des Mariette traité des pierres gravées uͤber- ſezt, und endlich ziemlich weitlaͤuftige Supplemente und Anmerkungen des Ueberſezers zu der Mariettiſchen Ab- handlung. Y y y y y y 2
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Ste
Ste
andere gedenken, welches ein Verboth enthielt, daß
ein anderer als Apelles ihn mahlen; ein andrer als
Lyſippus (Apulejus nennt den Polyklet, ſtatt des
Lyſippus) ſeine Statue machen, und ein andrer
als Pyrgoteles ihn in Stein ſchneiden ſoll, moͤchte
man beynahe ſchließen, daß auch die Muͤnzen dieſem
lezten allein aufgetragen geweſen. Denn aus den
Muͤnzen dieſes Eroberers und ſeiner Nachfolger, die
ſich bis auf unſre Zeit erhalten haben, kann man
ſehen, daß große Kuͤnſtler dazu gebraucht worden.
War ihm nun daran gelegen, daß ſein Bildniß nur
von großen Meiſtern verfertiget wuͤrde, wie ſich al-
lerdings aus jenem Edikt ſchließen laͤßt, ſo ſiehet
man nicht, warum nicht auch der Stempelſchneider
darinn genennt worden, wenn dieſes Schneiden eine
beſondere Kunſt geweſen waͤre. Es ſcheinet aller-
dings, daß unter den Woͤrtern cælamen und to-
reuma, ſowol in Stein geſchnittene, als auf Muͤn-
zen gepraͤgte Werke muͤſſen verſtanden werden. Aber
wir wollen es den Gelehrten uͤberlaſſen, dieſen Punkt
auszumachen. Mir iſt wenigſtens bey den Alten,
die uͤber die Kunſt geſchrieben haben, kein Stempel-
ſchneider vorgekommen, da hingegen der Steinſchnei-
der ſehr oft Erwaͤhnung geſchieht: und doch ſind
viel griechiſche Muͤnzen, in Abſicht auf die Schoͤnheit
der Zeichnung eben ſo ſchaͤzbar, als die ſchoͤnſten ge-
ſchnittenen Steine.
Wenn es mit der Behauptung der Kenner alter
Muͤnzen, daß man nirgend zwey von vollkommen
gleichem Gepraͤg finde, ſeine Richtigkeit hat, ſo ſollte
man daraus ſchließen, daß die Alten ihre Muͤnzen
nicht ſo gepraͤget haben, als die Neuen thun. Viel-
leicht waren ihre Stempel nicht ſo hart, als ſie ge-
genwaͤrtig ſind; in dieſem Falle ſcheinet es noͤthig
geweſen zu ſeyn, ihnen ofte nachzuhelfen; und daher
ließe ſich erklaͤren, warum man keine vollkommen
gleiche Gepraͤge findet.
Der aͤlteſte griechiſche Steinſchneider, deſſen na-
mentlich gedacht wird, iſt Theodor von Samos, der
auch Bilder aus Erzt gegoſſen hat; der beruͤhmteſte
aber war, wie aus dem vorher angefuͤhrten abzu-
nehmen iſt, Pyrgoteles, deſſen Namen auf zwey
noch vorhandenen Steinen angetroffen wird. Daß
aber der eine, der auch den Namen Phocion traͤgt,
nicht von dieſem Kuͤnſtler ſey, hat Winkelmann ge-
zeiget; (*) auf den andern, den der Graf von Schoͤn-
born in Wien beſizt, iſt der Kopf des Alexanders:
es iſt aber auch nicht ausgemacht, daß es die Ar-
beit dieſes beruͤhmten Kuͤnſtlers ſey.
Der Baron Stoſch hat die antiken Steine, auf
denen die Namen der Kuͤnſtler eingeſchnitten ſind,
ſo viel er davon auftreiben konnte, ſiebenzig an der
Zahl, in Kupfer ſtechen laſſen (†). Einige der beſten
dieſer Steine ſind aus den Zeiten des Auguſtus und
ſeiner erſten Nachfolger, von Dioſcorides, Evodus,
Hyllus und Solon. Der Herr von Murr hat ſich
die Muͤhe gegeben, ein alphabetiſches Verzeichnis
der alten Steinſchneider, deren Namen man auf
den Steinen findet, zu verfertigen. Man findet
nur wenig roͤmiſche darunter. (*)
Der beruͤhmte Natter, der ſich in unſern Tagen
in der Kunſt des Steinſchneidens beſonders hervor-
gethan, hat aus ſehr genauer Unterſuchung verſchie-
dener antiker Steine bewieſen, daß die Alten dieſe
Arbeit mit eben ſolchen Werkzeugen verfertiget haben,
dergleichen noch izt im Gebrauch ſind, (††) und die
er auf einer Kupferplatte abgezeichnet hat.
Wie die Kuͤnſte des Stein- und Stempelſchnei-
dens in XV Jahrhundert wieder zu einer betraͤcht-
lichen Vollkommenheit gekommen ſeyen, iſt an ei-
nem andern Orte bereits angemerkt worden. (*)
Wir muͤſſen aber hier die beruͤhmteſten Kuͤnſtler in
beyden Arten noch anzeigen.
Der aͤlteſte Stein- und Stempelſchneider neuerer
Zeit von dem man Nachrichten findet, iſt Vittore
Piſanello, der ſich im Jahr 1406 in Florenz auf-
gehalten. (†††) Unter Laurenz de Medici dem
aͤltern thaten ſich zwey Kuͤnſtler hervor, davon der
erſtere unter dem Namen Giovanni delle Cargniole
der andere unter dem Namen Domen. de’ Camei be-
ruͤhmt
(*) Geſch.
der Kunſt.
S. 351.
(†) Gemmæ antiquæ cælatæ ſcalptorum nominibus in-
fignitæ. à Phil. de Stoſch. Amſt. 1724. fol.
(*) S.
Bibliothe-
que de
peinture
&c. T. I.
p. 248. ls.
(††) S. Traité de la Methode antique de graver en
pierres fines &c. par Laur. Natter. Londres 1754. fol.
(*) S.
Geſchnitte-
ne Steint.
(†††)
S. Memorie degli Intagliatori moderni. In Li-
vorno 1753. 4. p. 121. Dieſes Werk, in welchem man die
meiſten Nachrichten uͤber die neuern Steinſchneider findet,
enthaͤlt erſtlich das Leben des Valerio Vicentino aus dem
Vaſari abgedrukt; hernach die Geſchichte der neuern Stein-
ſchneider aus des Mariette traité des pierres gravées uͤber-
ſezt, und endlich ziemlich weitlaͤuftige Supplemente und
Anmerkungen des Ueberſezers zu der Mariettiſchen Ab-
handlung.
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