mit einer andern durchsichtigen Farbe bedeken. Jn- dem die untere Farbe durch die darüber liegende durchscheinet, entsteht aus beyder Vereinigung eine dritte Farbe, die ofte schöner und allemal saftiger ist, als sie seyn würde, wenn beyde schon auf der Pallette untereinander gemischt worden wären. Wenn man die Purpurfarbe mit Himmelblau laßirt, so bekommt man ein schöneres Violet, als durch die Mischung der Farben entsprungen wäre. Dieses ist also der Grund warum die Mahler bisweilen laßiren. Die untere Farbe muß stark und durch- dringend, die obere, womit laßirt wird, schwach seyn, und nicht deken. Daher man zum laßiren nur solche Farben brauchen kann, die nicht körper- lich genug sind, um für sich zu stehen.
Das Laßiren thut eine doppelte Würkung. Die eigenthümlichen Farben werden dadurch schöner und saftiger, daher es vorzüglich bey seidenen Gewän- dern gebraucht wird; und denn kann es auch dienen, ganzen Massen eine vollkommnere Harmonie zu geben. Man findet, daß einige Künstler um dieses zu er- reichen, ihre Hauptparthien schon so angelegt haben, daß sie dieselben ganz mit einer sehr dünnen Farbe überlaßiren konnten. Es ist allemal nothwendig, daß der Mahler schon beym Anlegen auf das laßiren denke, um kräftige und starke Farben unter zu legen.
Laterne. (Baukunst.)
Ein kleines auf allen Seiten offenes Thürmchen, welches bisweilen über die Oefnungen der Cupeln gesezt wird, um das Einfallen des Regens etwas abzuhalten. (*) Es scheinet, daß die Alten schon bisweilen die Oefnungen der Cupeln mit Laternen bedekt haben, deren, nach der Meinung einiger Aus- leger, Vitruvius unter dem Namen Tholus gedenket. Nach andern aber, denen auch Winkelman beystimmt, wurd dieser Name der Cupel selbst gegeben; und man findet kein altes Gebäude, wo über der Cupel eine Laterne stünde. Jn der That scheinet sie doch der einfachen Größe der Cupel etwas zu benehmen. Wiedrig ist es einem an die Einfalt gewohnten Aug, wenn so viel neue Baumeister an die Pfeiler der La- terne gerollte Stüzen ansezen: eine in allen Absich- ten gothische Erfindung.
[Spaltenumbruch]
Lau
Lauf, Läufe. (Musik.)
Eine Folge melodischer Töne auf eine einzige Sylbe des Textes, die man auch mit dem Jtaliänischen Worte Passagie, oder mit dem Französischen Roulade nennt. Es ist wahrscheinlich, daß in den alten Zei- ten auf jede Sylbe des Textes nur ein Ton, oder oder höchstens ein paar an einander geschleifte Töne gesezt worden. Doch hat schon der heil. Augusti- nus angemerket, daß man bey Hymnen bisweilen in solche Empfindungen komme, die keine Worte zum Ausdruk finden, und sich am natürlichsten durch unartikulirte Töne äußern; daher auch schon in al- ten Kirchenstüken etwas von dieser Art am Ende vorkommt. Jch habe auf der Königl. Bibliothek in Berlin in einem griechischen Gesangbuche, das im achten oder neunten Jahrhundert geschrieben schei- net, schon ziemlich lange Läufe mitten in einigen Versen bemerket.
Es ist, wie schon Roussean angemerkt hat, ein Vor- urtheil alle Läufe als unnatürlich zu verwerfen. Es giebt in den Aeusserungen der Leidenschaften gar ofte Zeitpunkte, da der Verstand keine Worte findet, das, was das Herz fühlet, auszudrüken; und eben da stehen die Läufe am rechten Orte. Aber dieses ist ein höchstverwerflicher Mißbrauch, der in den neuern Zeiten durch die Opernarien aufgekommen, und sich auch von da in die Kirchenmusik eingeschlichen hat, daß lange Läufe, ohne alle Veranlaßung des Aus- druks, ohne andre Würkung, als die Beugsamkeit der Kehle an den Tag zu legen, fast überall ange- bracht werden, wo sich schikliche Sylben dazu finden; daß Arien gesetzt werden, wo die Hälfte der Melo- die aus Läufen besteht, deren Ende man kaum ab- warten kann. Sie sollten nirgend stehen, als wo der einfache Gesang nicht hinreicht, die Empfindung auszudrüken, und wo man fühlet, daß eine Ver- weilung auf einer Stelle nothwendig ist. Der Ton- setzer zeiget sehr wenig Ueberlegung, der sich einbil- det, er müsse überall, wo er ein langes a, oder o, antrift, einen Lauf machen. Es giebt gar viel Arien, deren Text keinen einzigen erfodert, oder zuläßt. Vornehmlich sollten blos künstliche Läufe schlechterdings aus der Kirchenmusik verbannet seyn; weil es da nicht erlaubt ist, irgend etwas zu sezen, (+)
das
(*) S. Cupel.
(+)[Spaltenumbruch]
hört, vermuthe aber, daß jenes das eigentliche sey, und ha- be hier nur deswegen das schlechtere genommen, weil die- [Spaltenumbruch]
ser Artikel aus Uebereilung im 1 Th. im Art. Anlegen schon citirt ist.
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Laß Lat
mit einer andern durchſichtigen Farbe bedeken. Jn- dem die untere Farbe durch die daruͤber liegende durchſcheinet, entſteht aus beyder Vereinigung eine dritte Farbe, die ofte ſchoͤner und allemal ſaftiger iſt, als ſie ſeyn wuͤrde, wenn beyde ſchon auf der Pallette untereinander gemiſcht worden waͤren. Wenn man die Purpurfarbe mit Himmelblau laßirt, ſo bekommt man ein ſchoͤneres Violet, als durch die Miſchung der Farben entſprungen waͤre. Dieſes iſt alſo der Grund warum die Mahler bisweilen laßiren. Die untere Farbe muß ſtark und durch- dringend, die obere, womit laßirt wird, ſchwach ſeyn, und nicht deken. Daher man zum laßiren nur ſolche Farben brauchen kann, die nicht koͤrper- lich genug ſind, um fuͤr ſich zu ſtehen.
Das Laßiren thut eine doppelte Wuͤrkung. Die eigenthuͤmlichen Farben werden dadurch ſchoͤner und ſaftiger, daher es vorzuͤglich bey ſeidenen Gewaͤn- dern gebraucht wird; und denn kann es auch dienen, ganzen Maſſen eine vollkommnere Harmonie zu geben. Man findet, daß einige Kuͤnſtler um dieſes zu er- reichen, ihre Hauptparthien ſchon ſo angelegt haben, daß ſie dieſelben ganz mit einer ſehr duͤnnen Farbe uͤberlaßiren konnten. Es iſt allemal nothwendig, daß der Mahler ſchon beym Anlegen auf das laßiren denke, um kraͤftige und ſtarke Farben unter zu legen.
Laterne. (Baukunſt.)
Ein kleines auf allen Seiten offenes Thuͤrmchen, welches bisweilen uͤber die Oefnungen der Cupeln geſezt wird, um das Einfallen des Regens etwas abzuhalten. (*) Es ſcheinet, daß die Alten ſchon bisweilen die Oefnungen der Cupeln mit Laternen bedekt haben, deren, nach der Meinung einiger Aus- leger, Vitruvius unter dem Namen Tholus gedenket. Nach andern aber, denen auch Winkelman beyſtimmt, wurd dieſer Name der Cupel ſelbſt gegeben; und man findet kein altes Gebaͤude, wo uͤber der Cupel eine Laterne ſtuͤnde. Jn der That ſcheinet ſie doch der einfachen Groͤße der Cupel etwas zu benehmen. Wiedrig iſt es einem an die Einfalt gewohnten Aug, wenn ſo viel neue Baumeiſter an die Pfeiler der La- terne gerollte Stuͤzen anſezen: eine in allen Abſich- ten gothiſche Erfindung.
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Lau
Lauf, Laͤufe. (Muſik.)
Eine Folge melodiſcher Toͤne auf eine einzige Sylbe des Textes, die man auch mit dem Jtaliaͤniſchen Worte Paſſagie, oder mit dem Franzoͤſiſchen Roulade nennt. Es iſt wahrſcheinlich, daß in den alten Zei- ten auf jede Sylbe des Textes nur ein Ton, oder oder hoͤchſtens ein paar an einander geſchleifte Toͤne geſezt worden. Doch hat ſchon der heil. Auguſti- nus angemerket, daß man bey Hymnen bisweilen in ſolche Empfindungen komme, die keine Worte zum Ausdruk finden, und ſich am natuͤrlichſten durch unartikulirte Toͤne aͤußern; daher auch ſchon in al- ten Kirchenſtuͤken etwas von dieſer Art am Ende vorkommt. Jch habe auf der Koͤnigl. Bibliothek in Berlin in einem griechiſchen Geſangbuche, das im achten oder neunten Jahrhundert geſchrieben ſchei- net, ſchon ziemlich lange Laͤufe mitten in einigen Verſen bemerket.
Es iſt, wie ſchon Rouſſean angemerkt hat, ein Vor- urtheil alle Laͤufe als unnatuͤrlich zu verwerfen. Es giebt in den Aeuſſerungen der Leidenſchaften gar ofte Zeitpunkte, da der Verſtand keine Worte findet, das, was das Herz fuͤhlet, auszudruͤken; und eben da ſtehen die Laͤufe am rechten Orte. Aber dieſes iſt ein hoͤchſtverwerflicher Mißbrauch, der in den neuern Zeiten durch die Opernarien aufgekommen, und ſich auch von da in die Kirchenmuſik eingeſchlichen hat, daß lange Laͤufe, ohne alle Veranlaßung des Aus- druks, ohne andre Wuͤrkung, als die Beugſamkeit der Kehle an den Tag zu legen, faſt uͤberall ange- bracht werden, wo ſich ſchikliche Sylben dazu finden; daß Arien geſetzt werden, wo die Haͤlfte der Melo- die aus Laͤufen beſteht, deren Ende man kaum ab- warten kann. Sie ſollten nirgend ſtehen, als wo der einfache Geſang nicht hinreicht, die Empfindung auszudruͤken, und wo man fuͤhlet, daß eine Ver- weilung auf einer Stelle nothwendig iſt. Der Ton- ſetzer zeiget ſehr wenig Ueberlegung, der ſich einbil- det, er muͤſſe uͤberall, wo er ein langes a, oder o, antrift, einen Lauf machen. Es giebt gar viel Arien, deren Text keinen einzigen erfodert, oder zulaͤßt. Vornehmlich ſollten blos kuͤnſtliche Laͤufe ſchlechterdings aus der Kirchenmuſik verbannet ſeyn; weil es da nicht erlaubt iſt, irgend etwas zu ſezen, (†)
das
(*) S. Cupel.
(†)[Spaltenumbruch]
hoͤrt, vermuthe aber, daß jenes das eigentliche ſey, und ha- be hier nur deswegen das ſchlechtere genommen, weil die- [Spaltenumbruch]
ſer Artikel aus Uebereilung im 1 Th. im Art. Anlegen ſchon citirt iſt.
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[677[659]/0094]
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mit einer andern durchſichtigen Farbe bedeken. Jn-
dem die untere Farbe durch die daruͤber liegende
durchſcheinet, entſteht aus beyder Vereinigung eine
dritte Farbe, die ofte ſchoͤner und allemal ſaftiger
iſt, als ſie ſeyn wuͤrde, wenn beyde ſchon auf
der Pallette untereinander gemiſcht worden waͤren.
Wenn man die Purpurfarbe mit Himmelblau laßirt,
ſo bekommt man ein ſchoͤneres Violet, als durch die
Miſchung der Farben entſprungen waͤre. Dieſes
iſt alſo der Grund warum die Mahler bisweilen
laßiren. Die untere Farbe muß ſtark und durch-
dringend, die obere, womit laßirt wird, ſchwach
ſeyn, und nicht deken. Daher man zum laßiren
nur ſolche Farben brauchen kann, die nicht koͤrper-
lich genug ſind, um fuͤr ſich zu ſtehen.
Das Laßiren thut eine doppelte Wuͤrkung. Die
eigenthuͤmlichen Farben werden dadurch ſchoͤner und
ſaftiger, daher es vorzuͤglich bey ſeidenen Gewaͤn-
dern gebraucht wird; und denn kann es auch dienen,
ganzen Maſſen eine vollkommnere Harmonie zu geben.
Man findet, daß einige Kuͤnſtler um dieſes zu er-
reichen, ihre Hauptparthien ſchon ſo angelegt haben,
daß ſie dieſelben ganz mit einer ſehr duͤnnen Farbe
uͤberlaßiren konnten. Es iſt allemal nothwendig,
daß der Mahler ſchon beym Anlegen auf das laßiren
denke, um kraͤftige und ſtarke Farben unter zu legen.
Laterne.
(Baukunſt.)
Ein kleines auf allen Seiten offenes Thuͤrmchen,
welches bisweilen uͤber die Oefnungen der Cupeln
geſezt wird, um das Einfallen des Regens etwas
abzuhalten. (*) Es ſcheinet, daß die Alten ſchon
bisweilen die Oefnungen der Cupeln mit Laternen
bedekt haben, deren, nach der Meinung einiger Aus-
leger, Vitruvius unter dem Namen Tholus gedenket.
Nach andern aber, denen auch Winkelman beyſtimmt,
wurd dieſer Name der Cupel ſelbſt gegeben; und
man findet kein altes Gebaͤude, wo uͤber der Cupel
eine Laterne ſtuͤnde. Jn der That ſcheinet ſie doch
der einfachen Groͤße der Cupel etwas zu benehmen.
Wiedrig iſt es einem an die Einfalt gewohnten Aug,
wenn ſo viel neue Baumeiſter an die Pfeiler der La-
terne gerollte Stuͤzen anſezen: eine in allen Abſich-
ten gothiſche Erfindung.
Lauf, Laͤufe.
(Muſik.)
Eine Folge melodiſcher Toͤne auf eine einzige Sylbe
des Textes, die man auch mit dem Jtaliaͤniſchen
Worte Paſſagie, oder mit dem Franzoͤſiſchen Roulade
nennt. Es iſt wahrſcheinlich, daß in den alten Zei-
ten auf jede Sylbe des Textes nur ein Ton, oder
oder hoͤchſtens ein paar an einander geſchleifte Toͤne
geſezt worden. Doch hat ſchon der heil. Auguſti-
nus angemerket, daß man bey Hymnen bisweilen
in ſolche Empfindungen komme, die keine Worte
zum Ausdruk finden, und ſich am natuͤrlichſten durch
unartikulirte Toͤne aͤußern; daher auch ſchon in al-
ten Kirchenſtuͤken etwas von dieſer Art am Ende
vorkommt. Jch habe auf der Koͤnigl. Bibliothek in
Berlin in einem griechiſchen Geſangbuche, das im
achten oder neunten Jahrhundert geſchrieben ſchei-
net, ſchon ziemlich lange Laͤufe mitten in einigen
Verſen bemerket.
Es iſt, wie ſchon Rouſſean angemerkt hat, ein Vor-
urtheil alle Laͤufe als unnatuͤrlich zu verwerfen. Es
giebt in den Aeuſſerungen der Leidenſchaften gar ofte
Zeitpunkte, da der Verſtand keine Worte findet, das,
was das Herz fuͤhlet, auszudruͤken; und eben da
ſtehen die Laͤufe am rechten Orte. Aber dieſes iſt
ein hoͤchſtverwerflicher Mißbrauch, der in den neuern
Zeiten durch die Opernarien aufgekommen, und ſich
auch von da in die Kirchenmuſik eingeſchlichen hat,
daß lange Laͤufe, ohne alle Veranlaßung des Aus-
druks, ohne andre Wuͤrkung, als die Beugſamkeit
der Kehle an den Tag zu legen, faſt uͤberall ange-
bracht werden, wo ſich ſchikliche Sylben dazu finden;
daß Arien geſetzt werden, wo die Haͤlfte der Melo-
die aus Laͤufen beſteht, deren Ende man kaum ab-
warten kann. Sie ſollten nirgend ſtehen, als wo
der einfache Geſang nicht hinreicht, die Empfindung
auszudruͤken, und wo man fuͤhlet, daß eine Ver-
weilung auf einer Stelle nothwendig iſt. Der Ton-
ſetzer zeiget ſehr wenig Ueberlegung, der ſich einbil-
det, er muͤſſe uͤberall, wo er ein langes a, oder o,
antrift, einen Lauf machen. Es giebt gar viel
Arien, deren Text keinen einzigen erfodert, oder
zulaͤßt. Vornehmlich ſollten blos kuͤnſtliche Laͤufe
ſchlechterdings aus der Kirchenmuſik verbannet ſeyn;
weil es da nicht erlaubt iſt, irgend etwas zu ſezen,
das
(†)
(*) S.
Cupel.
(†)
hoͤrt, vermuthe aber, daß jenes das eigentliche ſey, und ha-
be hier nur deswegen das ſchlechtere genommen, weil die-
ſer Artikel aus Uebereilung im 1 Th. im Art. Anlegen ſchon
citirt iſt.
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Sulzer, Johann Georg: Allgemeine Theorie der Schönen Künste. Bd. 2. Leipzig, 1774, S. 677[659]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/sulzer_theorie02_1774/94>, abgerufen am 27.11.2024.
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