Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.Geistliche Oden. Wie das Gras am Morgen pranget, Und voll schöner Blumen steht, Das bald an zu welken fanget, Ehe noch der Tag vergeht; Und bey der Abenddämmrung Grauen, Eh alles seinen Wuchs erreicht, Schon wiederum wird abgehauen, Da es verdorret und erbleicht. Doch dein Zorn ist uns entgegen, Dieser macht, daß wir so bald Uns zu Bette müssen legen, Und dein Grimm straft dergestalt, Daß wir so plötzlich und geschwinde Verschwinden sehen unsre Zeit, Und, gleich dem ungestümen Winde, Befallen sind mit Sterblichkeit. Unser böslich Unterwinden Stellest Du vor Dir ins Licht, Ja die unerkannten Sünden Stehn vor deinem Angesicht; Drum fahren auch all unsre Tage Durch deinen Zorn dahin im Nu, Wir bringen, unter Noth und Plage, Als ein Geschwätz die Jahre zu. Sie, die Lebensjahre, währen, Das man kaum zählt siebzig mahl, Wenn es hoch kömmt, wird man hören, Achtzig sind ihr nach der Zahl! Sind H 4
Geiſtliche Oden. Wie das Gras am Morgen pranget, Und voll ſchoͤner Blumen ſteht, Das bald an zu welken fanget, Ehe noch der Tag vergeht; Und bey der Abenddaͤmmrung Grauen, Eh alles ſeinen Wuchs erreicht, Schon wiederum wird abgehauen, Da es verdorret und erbleicht. Doch dein Zorn iſt uns entgegen, Dieſer macht, daß wir ſo bald Uns zu Bette muͤſſen legen, Und dein Grimm ſtraft dergeſtalt, Daß wir ſo ploͤtzlich und geſchwinde Verſchwinden ſehen unſre Zeit, Und, gleich dem ungeſtuͤmen Winde, Befallen ſind mit Sterblichkeit. Unſer boͤslich Unterwinden Stelleſt Du vor Dir ins Licht, Ja die unerkannten Suͤnden Stehn vor deinem Angeſicht; Drum fahren auch all unſre Tage Durch deinen Zorn dahin im Nu, Wir bringen, unter Noth und Plage, Als ein Geſchwaͤtz die Jahre zu. Sie, die Lebensjahre, waͤhren, Das man kaum zaͤhlt ſiebzig mahl, Wenn es hoch koͤmmt, wird man hoͤren, Achtzig ſind ihr nach der Zahl! Sind H 4
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Geiſtliche Oden.
Wie das Gras am Morgen pranget,
Und voll ſchoͤner Blumen ſteht,
Das bald an zu welken fanget,
Ehe noch der Tag vergeht;
Und bey der Abenddaͤmmrung Grauen,
Eh alles ſeinen Wuchs erreicht,
Schon wiederum wird abgehauen,
Da es verdorret und erbleicht.
Doch dein Zorn iſt uns entgegen,
Dieſer macht, daß wir ſo bald
Uns zu Bette muͤſſen legen,
Und dein Grimm ſtraft dergeſtalt,
Daß wir ſo ploͤtzlich und geſchwinde
Verſchwinden ſehen unſre Zeit,
Und, gleich dem ungeſtuͤmen Winde,
Befallen ſind mit Sterblichkeit.
Unſer boͤslich Unterwinden
Stelleſt Du vor Dir ins Licht,
Ja die unerkannten Suͤnden
Stehn vor deinem Angeſicht;
Drum fahren auch all unſre Tage
Durch deinen Zorn dahin im Nu,
Wir bringen, unter Noth und Plage,
Als ein Geſchwaͤtz die Jahre zu.
Sie, die Lebensjahre, waͤhren,
Das man kaum zaͤhlt ſiebzig mahl,
Wenn es hoch koͤmmt, wird man hoͤren,
Achtzig ſind ihr nach der Zahl!
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