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Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.

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Moralische Oden.

Möcht ich euch kennen! welches Eden
Jst eurer Menschlichkeit Behalt?
Dürft ihr mit fremder Tugend reden?
Hat auch ein Argus da Gewalt?

Jch will euch nur poetisch grüssen,
Wie man es dort auf englisch macht,
Da pflegt man einen Gast zu küssen,
Weil es von Alters hergebracht,
Geruht doch, daß man ebnermassen
Mich so bey euch willkommen heißt;
Wer diesen Schluß zuerst wird fassen,
O! die sey immerdar gepreist.
Die ganze Nachwelt der Poeten,
Wenn sie sich einst um Ruhm bemüht,
Spielt auf dazu erfundnen Flöten
Jhr ein ganz neugemachtes Lied;
Man wird sie unvergänglich halten,
Ja selbst der Ewigkeit gestehn;
Daß man noch niemahls ohn Erkalten
Solch einen schönen Gruß gesehn.
So grüssen sich nur keusche Seelen;
Seht! Strephon folget eurem Fuß,
Er fängt im Geist schon an zu zählen,
Wie lüstert sein vernutzter Kuß!
Er, der die reinen Himmels-Triebe
Der Menschlichkeit noch nie gekannt,
Und welchen die verbotne Liebe
Als einen Helden ausgesandt.
O lernt
O 2

Moraliſche Oden.

Moͤcht ich euch kennen! welches Eden
Jſt eurer Menſchlichkeit Behalt?
Duͤrft ihr mit fremder Tugend reden?
Hat auch ein Argus da Gewalt?

Jch will euch nur poetiſch gruͤſſen,
Wie man es dort auf engliſch macht,
Da pflegt man einen Gaſt zu kuͤſſen,
Weil es von Alters hergebracht,
Geruht doch, daß man ebnermaſſen
Mich ſo bey euch willkommen heißt;
Wer dieſen Schluß zuerſt wird faſſen,
O! die ſey immerdar gepreiſt.
Die ganze Nachwelt der Poeten,
Wenn ſie ſich einſt um Ruhm bemuͤht,
Spielt auf dazu erfundnen Floͤten
Jhr ein ganz neugemachtes Lied;
Man wird ſie unvergaͤnglich halten,
Ja ſelbſt der Ewigkeit geſtehn;
Daß man noch niemahls ohn Erkalten
Solch einen ſchoͤnen Gruß geſehn.
So gruͤſſen ſich nur keuſche Seelen;
Seht! Strephon folget eurem Fuß,
Er faͤngt im Geiſt ſchon an zu zaͤhlen,
Wie luͤſtert ſein vernutzter Kuß!
Er, der die reinen Himmels-Triebe
Der Menſchlichkeit noch nie gekannt,
Und welchen die verbotne Liebe
Als einen Helden ausgeſandt.
O lernt
O 2
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[211/0231] Moraliſche Oden. Moͤcht ich euch kennen! welches Eden Jſt eurer Menſchlichkeit Behalt? Duͤrft ihr mit fremder Tugend reden? Hat auch ein Argus da Gewalt? Jch will euch nur poetiſch gruͤſſen, Wie man es dort auf engliſch macht, Da pflegt man einen Gaſt zu kuͤſſen, Weil es von Alters hergebracht, Geruht doch, daß man ebnermaſſen Mich ſo bey euch willkommen heißt; Wer dieſen Schluß zuerſt wird faſſen, O! die ſey immerdar gepreiſt. Die ganze Nachwelt der Poeten, Wenn ſie ſich einſt um Ruhm bemuͤht, Spielt auf dazu erfundnen Floͤten Jhr ein ganz neugemachtes Lied; Man wird ſie unvergaͤnglich halten, Ja ſelbſt der Ewigkeit geſtehn; Daß man noch niemahls ohn Erkalten Solch einen ſchoͤnen Gruß geſehn. So gruͤſſen ſich nur keuſche Seelen; Seht! Strephon folget eurem Fuß, Er faͤngt im Geiſt ſchon an zu zaͤhlen, Wie luͤſtert ſein vernutzter Kuß! Er, der die reinen Himmels-Triebe Der Menſchlichkeit noch nie gekannt, Und welchen die verbotne Liebe Als einen Helden ausgeſandt. O lernt O 2

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Zitationshilfe: Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/suppius_oden_1749/231>, abgerufen am 24.11.2024.