Suppius, Christoph Eusebius: Oden und Lieder. Gotha, 1749.
O wie so sanft, wie so gelinde Hab ich sie sich beherrschen sehn, Daß mir die Augen übergehn, Wenn ich mich hintergangen finde, Da noch die Neigung übrig glaubt, Was itzt erblaßt, zuvor geraubt! Verflossne Zeiten! kehrt zurücke, Und setzt mich in den alten Stand, Da ich sie mit der linken Hand Vertraulich führend, zärtlich drücke; Macht mich durch die Erneurungs-Kraft Zum Pilgrim jener Nachbarschaft! Doch nein! verherrlichtes Gefilde Durch meiner Leyer Freudenklang! Jch ändre nun den Lustgesang; Jtzt heissest du mir öde, wilde, Weil eine Trauerbotschaft spricht: Du findest Christianen nicht! Jhr, die ihr mir ein Herz vergeben, Das für mich schlug! was wollt ihr nun? Entschuldigt einmahl euer Thun! Sie wäre noch vielleicht am Leben, Für meine Liebe täglich neu, Wer weiß, und mir nicht ungetreu! So S 3
O wie ſo ſanft, wie ſo gelinde Hab ich ſie ſich beherrſchen ſehn, Daß mir die Augen uͤbergehn, Wenn ich mich hintergangen finde, Da noch die Neigung uͤbrig glaubt, Was itzt erblaßt, zuvor geraubt! Verfloſſne Zeiten! kehrt zuruͤcke, Und ſetzt mich in den alten Stand, Da ich ſie mit der linken Hand Vertraulich fuͤhrend, zaͤrtlich druͤcke; Macht mich durch die Erneurungs-Kraft Zum Pilgrim jener Nachbarſchaft! Doch nein! verherrlichtes Gefilde Durch meiner Leyer Freudenklang! Jch aͤndre nun den Luſtgeſang; Jtzt heiſſeſt du mir oͤde, wilde, Weil eine Trauerbotſchaft ſpricht: Du findeſt Chriſtianen nicht! Jhr, die ihr mir ein Herz vergeben, Das fuͤr mich ſchlug! was wollt ihr nun? Entſchuldigt einmahl euer Thun! Sie waͤre noch vielleicht am Leben, Fuͤr meine Liebe taͤglich neu, Wer weiß, und mir nicht ungetreu! So S 3
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Freuden- und Trauer-Oden.
Nie wußte ſie was von Betruͤben,
Das aus der Eltern Angeſicht
Zur Uebertretung warnend ſpricht.
O wie ſo ſanft, wie ſo gelinde
Hab ich ſie ſich beherrſchen ſehn,
Daß mir die Augen uͤbergehn,
Wenn ich mich hintergangen finde,
Da noch die Neigung uͤbrig glaubt,
Was itzt erblaßt, zuvor geraubt!
Verfloſſne Zeiten! kehrt zuruͤcke,
Und ſetzt mich in den alten Stand,
Da ich ſie mit der linken Hand
Vertraulich fuͤhrend, zaͤrtlich druͤcke;
Macht mich durch die Erneurungs-Kraft
Zum Pilgrim jener Nachbarſchaft!
Doch nein! verherrlichtes Gefilde
Durch meiner Leyer Freudenklang!
Jch aͤndre nun den Luſtgeſang;
Jtzt heiſſeſt du mir oͤde, wilde,
Weil eine Trauerbotſchaft ſpricht:
Du findeſt Chriſtianen nicht!
Jhr, die ihr mir ein Herz vergeben,
Das fuͤr mich ſchlug! was wollt ihr nun?
Entſchuldigt einmahl euer Thun!
Sie waͤre noch vielleicht am Leben,
Fuͤr meine Liebe taͤglich neu,
Wer weiß, und mir nicht ungetreu!
So
S 3
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