Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 2. Frankfurt (Main), 1776.Von der Geisterwelt. gewußt hätten, und daß auch die Kirche davonnichts wisse. Fast alle sind begierig, zu wissen, ob sie in den Himmel kommen werden; die mei- sten glauben, sie kämen in den Himmel, weil sie in der Welt ein sittliches und bürgerliches Le- ben geführet hätten, und bedenken nicht, daß die Bösen äusserlich eben ein solches Leben füh- ren, wie die Guten, eben auch andern Gutes thun, und ebenfalls in die Kirche gehen, die Predigten anhören, und beten; indem sie ganz und gar nicht wissen, daß es nicht die äusser- liche Handlungen und der äusserliche Gottes- dienst ausmachen, sondern das Jnnerliche, wo- raus das Aeusserliche herkommt: von etlichen tausenden weis kaum ein einziger, was das Jn- nerliche ist, und daß der Mensch den Himmel und die Kirche innerlich hat; und noch weniger wissen sie, daß die äusserliche Handlungen so be- schaffen, wie die Absichten und Gedanken, und in diesen die Liebe und der Glaube sind, woraus selbige eben her kommen: und wenn sie belehret werden, so wollen sie gar nicht begreiffen, daß es das Denken und Wollen ausmache, sondern glauben, das Reden und Thun mache es aus: so sind die meisten beschaffen, die heut zu Tage aus der Christenheit in das andere Leben kommen. 496. Gleichwohl aber werden sie von den gu- das T 4
Von der Geiſterwelt. gewußt haͤtten, und daß auch die Kirche davonnichts wiſſe. Faſt alle ſind begierig, zu wiſſen, ob ſie in den Himmel kommen werden; die mei- ſten glauben, ſie kaͤmen in den Himmel, weil ſie in der Welt ein ſittliches und buͤrgerliches Le- ben gefuͤhret haͤtten, und bedenken nicht, daß die Boͤſen aͤuſſerlich eben ein ſolches Leben fuͤh- ren, wie die Guten, eben auch andern Gutes thun, und ebenfalls in die Kirche gehen, die Predigten anhoͤren, und beten; indem ſie ganz und gar nicht wiſſen, daß es nicht die aͤuſſer- liche Handlungen und der aͤuſſerliche Gottes- dienſt ausmachen, ſondern das Jnnerliche, wo- raus das Aeuſſerliche herkommt: von etlichen tauſenden weis kaum ein einziger, was das Jn- nerliche iſt, und daß der Menſch den Himmel und die Kirche innerlich hat; und noch weniger wiſſen ſie, daß die aͤuſſerliche Handlungen ſo be- ſchaffen, wie die Abſichten und Gedanken, und in dieſen die Liebe und der Glaube ſind, woraus ſelbige eben her kommen: und wenn ſie belehret werden, ſo wollen ſie gar nicht begreiffen, daß es das Denken und Wollen ausmache, ſondern glauben, das Reden und Thun mache es aus: ſo ſind die meiſten beſchaffen, die heut zu Tage aus der Chriſtenheit in das andere Leben kommen. 496. Gleichwohl aber werden ſie von den gu- das T 4
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Von der Geiſterwelt.
gewußt haͤtten, und daß auch die Kirche davon
nichts wiſſe. Faſt alle ſind begierig, zu wiſſen,
ob ſie in den Himmel kommen werden; die mei-
ſten glauben, ſie kaͤmen in den Himmel, weil
ſie in der Welt ein ſittliches und buͤrgerliches Le-
ben gefuͤhret haͤtten, und bedenken nicht, daß
die Boͤſen aͤuſſerlich eben ein ſolches Leben fuͤh-
ren, wie die Guten, eben auch andern Gutes
thun, und ebenfalls in die Kirche gehen, die
Predigten anhoͤren, und beten; indem ſie ganz
und gar nicht wiſſen, daß es nicht die aͤuſſer-
liche Handlungen und der aͤuſſerliche Gottes-
dienſt ausmachen, ſondern das Jnnerliche, wo-
raus das Aeuſſerliche herkommt: von etlichen
tauſenden weis kaum ein einziger, was das Jn-
nerliche iſt, und daß der Menſch den Himmel
und die Kirche innerlich hat; und noch weniger
wiſſen ſie, daß die aͤuſſerliche Handlungen ſo be-
ſchaffen, wie die Abſichten und Gedanken, und
in dieſen die Liebe und der Glaube ſind, woraus
ſelbige eben her kommen: und wenn ſie belehret
werden, ſo wollen ſie gar nicht begreiffen, daß
es das Denken und Wollen ausmache, ſondern
glauben, das Reden und Thun mache es aus:
ſo ſind die meiſten beſchaffen, die heut zu Tage
aus der Chriſtenheit in das andere Leben kommen.
496. Gleichwohl aber werden ſie von den gu-
ten Geiſtern gepruͤft, von welcher Art ſie ſeyn,
und dieſes geſchieht auf mancherley Weiſe, weil
in dieſem erſten Zuſtand die Boͤſen eben ſo wohl
das
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