Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1776.Mercur etc. sey: sie sagten, daß, wenn sie mit den Menschenihrer Erde reden, sie es auch so machen, aber dieses thun sie nicht in dem Sinn zu betrü- gen, sondern damit sie eine Wißbegierde ein- flösen möchten: denn wenn sie das Gegen- theil vorhalten, und die Sachen auf eine ge- wisse Art verbergen, so wird alsdann eine Wißbegierde erregt, und so wird aus der Bemühung es zu erfahren, das Gedächtniß verbessert. Von eben der Sache redete ich ein andersmal mit ihnen, und weil ich wuß- te, daß sie mit den Geistern ihrer Erde rede- ten, so fragte ich, wie sie ihre Einwohner unterrichten? Sie sagten, daß sie sie nicht so unterrichten, wie sich die Sache verhält, sondern nur eine vorläufige Empfindung der Sache (apperceptionem) beybringen, damit dadurch die Begierde zu forschen und zu wis- sen unterhalten und vermehrt werde: denn wenn sie auf alles antworten würden, so würde die Begierde vergehen. Sie setzten hinzu, daß sie das Gegentheil auch deswegen vorhalten, damit die Wahrheit hernach besser eingesehen werde. Denn alle Wahrheit er- scheint aus dem Verhältniß zu dem Gegen- satz. Sie haben im Gebrauch, daß sie ei- nem nicht sagen, was sie selbst wissen, son- dern nur von allem zusammenwollen sie wis- sen, was sie selbst wissen; ihrer Gesellschaft aber theilen sie alles mit, sogar, daß, was einer G 5
Mercur ꝛc. ſey: ſie ſagten, daß, wenn ſie mit den Menſchenihrer Erde reden, ſie es auch ſo machen, aber dieſes thun ſie nicht in dem Sinn zu betrü- gen, ſondern damit ſie eine Wißbegierde ein- flöſen möchten: denn wenn ſie das Gegen- theil vorhalten, und die Sachen auf eine ge- wiſſe Art verbergen, ſo wird alsdann eine Wißbegierde erregt, und ſo wird aus der Bemühung es zu erfahren, das Gedächtniß verbeſſert. Von eben der Sache redete ich ein andersmal mit ihnen, und weil ich wuß- te, daß ſie mit den Geiſtern ihrer Erde rede- ten, ſo fragte ich, wie ſie ihre Einwohner unterrichten? Sie ſagten, daß ſie ſie nicht ſo unterrichten, wie ſich die Sache verhält, ſondern nur eine vorläufige Empfindung der Sache (apperceptionem) beybringen, damit dadurch die Begierde zu forſchen und zu wiſ- ſen unterhalten und vermehrt werde: denn wenn ſie auf alles antworten würden, ſo würde die Begierde vergehen. Sie ſetzten hinzu, daß ſie das Gegentheil auch deswegen vorhalten, damit die Wahrheit hernach beſſer eingeſehen werde. Denn alle Wahrheit er- ſcheint aus dem Verhältniß zu dem Gegen- ſatz. Sie haben im Gebrauch, daß ſie ei- nem nicht ſagen, was ſie ſelbſt wiſſen, ſon- dern nur von allem zuſammenwollen ſie wiſ- ſen, was ſie ſelbſt wiſſen; ihrer Geſellſchaft aber theilen ſie alles mit, ſogar, daß, was einer G 5
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Mercur ꝛc.
ſey: ſie ſagten, daß, wenn ſie mit den Menſchen
ihrer Erde reden, ſie es auch ſo machen, aber
dieſes thun ſie nicht in dem Sinn zu betrü-
gen, ſondern damit ſie eine Wißbegierde ein-
flöſen möchten: denn wenn ſie das Gegen-
theil vorhalten, und die Sachen auf eine ge-
wiſſe Art verbergen, ſo wird alsdann eine
Wißbegierde erregt, und ſo wird aus der
Bemühung es zu erfahren, das Gedächtniß
verbeſſert. Von eben der Sache redete ich
ein andersmal mit ihnen, und weil ich wuß-
te, daß ſie mit den Geiſtern ihrer Erde rede-
ten, ſo fragte ich, wie ſie ihre Einwohner
unterrichten? Sie ſagten, daß ſie ſie nicht
ſo unterrichten, wie ſich die Sache verhält,
ſondern nur eine vorläufige Empfindung der
Sache (apperceptionem) beybringen, damit
dadurch die Begierde zu forſchen und zu wiſ-
ſen unterhalten und vermehrt werde: denn
wenn ſie auf alles antworten würden, ſo
würde die Begierde vergehen. Sie ſetzten
hinzu, daß ſie das Gegentheil auch deswegen
vorhalten, damit die Wahrheit hernach beſſer
eingeſehen werde. Denn alle Wahrheit er-
ſcheint aus dem Verhältniß zu dem Gegen-
ſatz. Sie haben im Gebrauch, daß ſie ei-
nem nicht ſagen, was ſie ſelbſt wiſſen, ſon-
dern nur von allem zuſammenwollen ſie wiſ-
ſen, was ſie ſelbſt wiſſen; ihrer Geſellſchaft
aber theilen ſie alles mit, ſogar, daß, was
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