Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1776.
Jupiter. lang blieb auch dergleichen Sprache; so baldaber der Sinn (mens) anderst zu denken und anderst zu reden anfieng, welches sich zuge- tragen, da der Mensch sich und nicht seinen Nächsten zu lieben anfieng, so bald hat auch die Wörtersprache zugenommen, und das An- gesicht hat geschwiegen oder gelogen: daher hat sich die innere Gestalt des Angesichts ver- ändert, sich zu sammen gezogen, verhärtet und angefangen, fast das Leben zu verliehren, aber die äusserliche hat angefangen, von dem Feuer der Eigenliebe entflammt zu werden, und (auf solche unächte Art) als lebendig vor den Augen der Menschen zu scheinen. Denn das, was als des Lebens manglend allda sich einfindet, erscheint nicht vor den Augen der Menschen, sondern vor den Augen der En- gel, weil diese das Jnnere erblicken. So sind die Angesichter derjenigen beschaffen, die anderst denken und anderst reden: denn die Verstellung, Heucheley, List und Betrug, welches die heutige Klugheit ist, führen sol- ches ein. Die Sache verhält sich aber in dem andern Leben ganz anders, daselbst darf man nicht anders reden und anderst denken: denn man empfindet auch daselbst deutlich in einem jeden Wort, daß es nicht mit einander übereinstimme, und wenn man es merkt, so stößt man einen solchen Geist, in welchem dergleichen Falschheit ist, aus der Gesellschaft, und bestraft ihn, hernach wird er auf man- cherley J 2
Jupiter. lang blieb auch dergleichen Sprache; ſo baldaber der Sinn (mens) anderſt zu denken und anderſt zu reden anfieng, welches ſich zuge- tragen, da der Menſch ſich und nicht ſeinen Nächſten zu lieben anfieng, ſo bald hat auch die Wörterſprache zugenommen, und das An- geſicht hat geſchwiegen oder gelogen: daher hat ſich die innere Geſtalt des Angeſichts ver- ändert, ſich zu ſammen gezogen, verhärtet und angefangen, faſt das Leben zu verliehren, aber die äuſſerliche hat angefangen, von dem Feuer der Eigenliebe entflammt zu werden, und (auf ſolche unächte Art) als lebendig vor den Augen der Menſchen zu ſcheinen. Denn das, was als des Lebens manglend allda ſich einfindet, erſcheint nicht vor den Augen der Menſchen, ſondern vor den Augen der En- gel, weil dieſe das Jnnere erblicken. So ſind die Angeſichter derjenigen beſchaffen, die anderſt denken und anderſt reden: denn die Verſtellung, Heucheley, Liſt und Betrug, welches die heutige Klugheit iſt, führen ſol- ches ein. Die Sache verhält ſich aber in dem andern Leben ganz anders, daſelbſt darf man nicht anders reden und anderſt denken: denn man empfindet auch daſelbſt deutlich in einem jeden Wort, daß es nicht mit einander übereinſtimme, und wenn man es merkt, ſo ſtößt man einen ſolchen Geiſt, in welchem dergleichen Falſchheit iſt, aus der Geſellſchaft, und beſtraft ihn, hernach wird er auf man- cherley J 2
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0135" n="131"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Jupiter.</hi></fw><lb/> lang blieb auch dergleichen Sprache; ſo bald<lb/> aber der Sinn (<hi rendition="#aq">mens</hi>) anderſt zu denken und<lb/> anderſt zu reden anfieng, welches ſich zuge-<lb/> tragen, da der Menſch ſich und nicht ſeinen<lb/> Nächſten zu lieben anfieng, ſo bald hat auch<lb/> die Wörterſprache zugenommen, und das An-<lb/> geſicht hat geſchwiegen oder gelogen: daher<lb/> hat ſich die innere Geſtalt des Angeſichts ver-<lb/> ändert, ſich zu ſammen gezogen, verhärtet und<lb/> angefangen, faſt das Leben zu verliehren,<lb/> aber die äuſſerliche hat angefangen, von dem<lb/> Feuer der Eigenliebe entflammt zu werden,<lb/> und (auf ſolche unächte Art) als lebendig vor<lb/> den Augen der Menſchen zu ſcheinen. Denn<lb/> das, was als des Lebens manglend allda ſich<lb/> einfindet, erſcheint nicht vor den Augen der<lb/> Menſchen, ſondern vor den Augen der En-<lb/> gel, weil dieſe das Jnnere erblicken. So<lb/> ſind die Angeſichter derjenigen beſchaffen, die<lb/> anderſt denken und anderſt reden: denn die<lb/> Verſtellung, Heucheley, Liſt und Betrug,<lb/> welches die heutige Klugheit iſt, führen ſol-<lb/> ches ein. Die Sache verhält ſich aber in<lb/> dem andern Leben ganz anders, daſelbſt darf<lb/> man nicht anders reden und anderſt denken:<lb/> denn man empfindet auch daſelbſt deutlich in<lb/> einem jeden Wort, daß es nicht mit einander<lb/> übereinſtimme, und wenn man es merkt, ſo<lb/> ſtößt man einen ſolchen Geiſt, in welchem<lb/> dergleichen Falſchheit iſt, aus der Geſellſchaft,<lb/> und beſtraft ihn, hernach wird er auf man-<lb/> <fw place="bottom" type="sig">J 2</fw><fw place="bottom" type="catch">cherley</fw><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [131/0135]
Jupiter.
lang blieb auch dergleichen Sprache; ſo bald
aber der Sinn (mens) anderſt zu denken und
anderſt zu reden anfieng, welches ſich zuge-
tragen, da der Menſch ſich und nicht ſeinen
Nächſten zu lieben anfieng, ſo bald hat auch
die Wörterſprache zugenommen, und das An-
geſicht hat geſchwiegen oder gelogen: daher
hat ſich die innere Geſtalt des Angeſichts ver-
ändert, ſich zu ſammen gezogen, verhärtet und
angefangen, faſt das Leben zu verliehren,
aber die äuſſerliche hat angefangen, von dem
Feuer der Eigenliebe entflammt zu werden,
und (auf ſolche unächte Art) als lebendig vor
den Augen der Menſchen zu ſcheinen. Denn
das, was als des Lebens manglend allda ſich
einfindet, erſcheint nicht vor den Augen der
Menſchen, ſondern vor den Augen der En-
gel, weil dieſe das Jnnere erblicken. So
ſind die Angeſichter derjenigen beſchaffen, die
anderſt denken und anderſt reden: denn die
Verſtellung, Heucheley, Liſt und Betrug,
welches die heutige Klugheit iſt, führen ſol-
ches ein. Die Sache verhält ſich aber in
dem andern Leben ganz anders, daſelbſt darf
man nicht anders reden und anderſt denken:
denn man empfindet auch daſelbſt deutlich in
einem jeden Wort, daß es nicht mit einander
übereinſtimme, und wenn man es merkt, ſo
ſtößt man einen ſolchen Geiſt, in welchem
dergleichen Falſchheit iſt, aus der Geſellſchaft,
und beſtraft ihn, hernach wird er auf man-
cherley
J 2
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
| URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776 |
| URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776/135 |
| Zitationshilfe: | Swedenborg, Emanuel: Auserlesene Schriften. Bd. 3. Frankfurt (Main), 1776, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/swedenborg_schriften03_1776/135>, abgerufen am 23.11.2024. |
