Swift, Jonathan: Des Herrn Dr. Jonathan Swifts wo nicht unverbesserlicher doch wohlgemeynter Unterricht für alle Arten unerfahrner Bedienten, aus vieljähriger sorgfältiger Aufmerksamkeit und Erfahrung zusammengetragen [Übers.]. Frankfurt u. a., 1748.Dienst zu erhalten suchtet; wie ihr euch heimlich in die Häuser schleichen mußtet, wo ihr nur einen alten Bekannten hattet, verstohlner Weise einen Bissen Brodts zu erlangen, um nur Leib und Seele zusammen zu halten; und wie ihr überhaupt in dem niedrigsten Stande des menschlichen Lebens waret, welcher, wie das alte Lied saget, der Zustand eines Laquayen ist, den man weggejaget hat. Gedenket, sage ich, an alles dieses in eurem blühenden Zustande. Entrichtet eure Abgiften gehörigermaßen an eure jüngern Brüder, die der weiten Welt überlassen sind. Nehmet einen von ihnen an, der nach eurer Pfeife tanzen müsse, den ihr in den Geschäfften eurer Frau ausschicken könnet, wenn ihr Lust habet, ins Bierhaus zu gehen. Stecket ihm dann und wann heimlich ein Stück Brodt und einen Bissen kalter Speise zu. Eurer Herr kann es schon missen. Und wenn er es noch nicht so weit hat bringen können, daß er eine Herberge bezahlen kann: so laßt ihn im Stalle, oder im Wagenraum, oder unter der Hintertreppe liegen, und preiset ihn allen Herren, die in euer Haus kommen, als einen vortrefflichen Bedienten an. In dem Amte eines Laquayen alt werden ist das Unanständigste unter allen Dingen. Wenn ihr also findet, daß eure Jahre herankommen, ohne daß ihr Hoffnung habet, eine Stelle bey Hofe, oder ein Commando bey der Armee zu erhalten, oder dem Haushalter in seinem Amte zu Dienst zu erhalten suchtet; wie ihr euch heimlich in die Häuser schleichen mußtet, wo ihr nur einen alten Bekannten hattet, verstohlner Weise einen Bissen Brodts zu erlangen, um nur Leib und Seele zusammen zu halten; und wie ihr überhaupt in dem niedrigsten Stande des menschlichen Lebens waret, welcher, wie das alte Lied saget, der Zustand eines Laquayen ist, den man weggejaget hat. Gedenket, sage ich, an alles dieses in eurem blühenden Zustande. Entrichtet eure Abgiften gehörigermaßen an eure jüngern Brüder, die der weiten Welt überlassen sind. Nehmet einen von ihnen an, der nach eurer Pfeife tanzen müsse, den ihr in den Geschäfften eurer Frau ausschicken könnet, wenn ihr Lust habet, ins Bierhaus zu gehen. Stecket ihm dann und wann heimlich ein Stück Brodt und einen Bissen kalter Speise zu. Eurer Herr kann es schon missen. Und wenn er es noch nicht so weit hat bringen können, daß er eine Herberge bezahlen kann: so laßt ihn im Stalle, oder im Wagenraum, oder unter der Hintertreppe liegen, und preiset ihn allen Herren, die in euer Haus kommen, als einen vortrefflichen Bedienten an. In dem Amte eines Laquayen alt werden ist das Unanständigste unter allen Dingen. Wenn ihr also findet, daß eure Jahre herankommen, ohne daß ihr Hoffnung habet, eine Stelle bey Hofe, oder ein Commando bey der Armee zu erhalten, oder dem Haushalter in seinem Amte zu <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0091" n="75"/> Dienst zu erhalten suchtet; wie ihr euch heimlich in die Häuser schleichen mußtet, wo ihr nur einen alten Bekannten hattet, verstohlner Weise einen Bissen Brodts zu erlangen, um nur Leib und Seele zusammen zu halten; und wie ihr überhaupt in dem niedrigsten Stande des menschlichen Lebens waret, welcher, wie das alte Lied saget, der Zustand eines Laquayen ist, den man weggejaget hat. Gedenket, sage ich, an alles dieses in eurem blühenden Zustande. Entrichtet eure Abgiften gehörigermaßen an eure jüngern Brüder, die der weiten Welt überlassen sind. Nehmet einen von ihnen an, der nach eurer Pfeife tanzen müsse, den ihr in den Geschäfften eurer Frau ausschicken könnet, wenn ihr Lust habet, ins Bierhaus zu gehen. Stecket ihm dann und wann heimlich ein Stück Brodt und einen Bissen kalter Speise zu. Eurer Herr kann es schon missen. Und wenn er es noch nicht so weit hat bringen können, daß er eine Herberge bezahlen kann: so laßt ihn im Stalle, oder im Wagenraum, oder unter der Hintertreppe liegen, und preiset ihn allen Herren, die in euer Haus kommen, als einen vortrefflichen Bedienten an.</p> <p>In dem Amte eines Laquayen alt werden ist das Unanständigste unter allen Dingen. Wenn ihr also findet, daß eure Jahre herankommen, ohne daß ihr Hoffnung habet, eine Stelle bey Hofe, oder ein Commando bey der Armee zu erhalten, oder dem Haushalter in seinem Amte zu </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [75/0091]
Dienst zu erhalten suchtet; wie ihr euch heimlich in die Häuser schleichen mußtet, wo ihr nur einen alten Bekannten hattet, verstohlner Weise einen Bissen Brodts zu erlangen, um nur Leib und Seele zusammen zu halten; und wie ihr überhaupt in dem niedrigsten Stande des menschlichen Lebens waret, welcher, wie das alte Lied saget, der Zustand eines Laquayen ist, den man weggejaget hat. Gedenket, sage ich, an alles dieses in eurem blühenden Zustande. Entrichtet eure Abgiften gehörigermaßen an eure jüngern Brüder, die der weiten Welt überlassen sind. Nehmet einen von ihnen an, der nach eurer Pfeife tanzen müsse, den ihr in den Geschäfften eurer Frau ausschicken könnet, wenn ihr Lust habet, ins Bierhaus zu gehen. Stecket ihm dann und wann heimlich ein Stück Brodt und einen Bissen kalter Speise zu. Eurer Herr kann es schon missen. Und wenn er es noch nicht so weit hat bringen können, daß er eine Herberge bezahlen kann: so laßt ihn im Stalle, oder im Wagenraum, oder unter der Hintertreppe liegen, und preiset ihn allen Herren, die in euer Haus kommen, als einen vortrefflichen Bedienten an.
In dem Amte eines Laquayen alt werden ist das Unanständigste unter allen Dingen. Wenn ihr also findet, daß eure Jahre herankommen, ohne daß ihr Hoffnung habet, eine Stelle bey Hofe, oder ein Commando bey der Armee zu erhalten, oder dem Haushalter in seinem Amte zu
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-25T17:50:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-25T17:50:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-25T17:50:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |