Swift, Jonathan: Des Herrn Dr. Jonathan Swifts wo nicht unverbesserlicher doch wohlgemeynter Unterricht für alle Arten unerfahrner Bedienten, aus vieljähriger sorgfältiger Aufmerksamkeit und Erfahrung zusammengetragen [Übers.]. Frankfurt u. a., 1748.Laßt eure Pferde so wohl abgerichtet seyn, daß sie, wenn ihr auf der Straße halten müsset, und eure Frau einen Besuch ableget, so lange stille stehen, daß ihr in eine benachbarte Schenke gehen, und mit einem Freunde ein Gläsgen trinken könnet. Wenn ihr nicht Lust habt zu fahren: so sagt, die Pferde haben sich erkältet; sie seyn nicht beschlagen; der Regen thue ihnen Schaden, mache ihre Haut rauhe, und verderbe das Geschirre. Eben dieses kann sich auch der Reitknecht zu Nutze machen. Wenn euer Herr bey einem guten Freunde auf dem Lande speiset: so trinket so viel, als ihr nur immer erlangen könnet. Denn es ist eine ausgemachte Sache, daß ein guter Kutscher niemahls besser fährt, als wenn er besoffen ist. Und dann zeiget eure Geschicklichkeit. Fahret auf ein Haarbreit an einem Abgrunde vorbey, und saget, ihr fahret niemahls so gut, als wenn ihr trunken seyd. Findet ihr, daß ein anderer Herr eines von euren Pferden gerne leiden mag, und daß er euch ausser dem Bezahlen des Pferdes einen guten Willen zu machen Lust hat: so beredet euren Herrn, es zu verkaufen, weil es so viele Fehler hat, daß ihr euch nicht unterstehet, mit ihm zu fahren, und noch dazu übertrieben ist. Habt einen Jungen an der Hand, der des Sonntags an den Kirchthüren auf eure Kutsche Achtung gebe, daß ihr und eure Brüder, die andern Laßt eure Pferde so wohl abgerichtet seyn, daß sie, wenn ihr auf der Straße halten müsset, und eure Frau einen Besuch ableget, so lange stille stehen, daß ihr in eine benachbarte Schenke gehen, und mit einem Freunde ein Gläsgen trinken könnet. Wenn ihr nicht Lust habt zu fahren: so sagt, die Pferde haben sich erkältet; sie seyn nicht beschlagen; der Regen thue ihnen Schaden, mache ihre Haut rauhe, und verderbe das Geschirre. Eben dieses kann sich auch der Reitknecht zu Nutze machen. Wenn euer Herr bey einem guten Freunde auf dem Lande speiset: so trinket so viel, als ihr nur immer erlangen könnet. Denn es ist eine ausgemachte Sache, daß ein guter Kutscher niemahls besser fährt, als wenn er besoffen ist. Und dann zeiget eure Geschicklichkeit. Fahret auf ein Haarbreit an einem Abgrunde vorbey, und saget, ihr fahret niemahls so gut, als wenn ihr trunken seyd. Findet ihr, daß ein anderer Herr eines von euren Pferden gerne leiden mag, und daß er euch ausser dem Bezahlen des Pferdes einen guten Willen zu machen Lust hat: so beredet euren Herrn, es zu verkaufen, weil es so viele Fehler hat, daß ihr euch nicht unterstehet, mit ihm zu fahren, und noch dazu übertrieben ist. Habt einen Jungen an der Hand, der des Sonntags an den Kirchthüren auf eure Kutsche Achtung gebe, daß ihr und eure Brüder, die andern <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0094" n="78"/> <p>Laßt eure Pferde so wohl abgerichtet seyn, daß sie, wenn ihr auf der Straße halten müsset, und eure Frau einen Besuch ableget, so lange stille stehen, daß ihr in eine benachbarte Schenke gehen, und mit einem Freunde ein Gläsgen trinken könnet.</p> <p>Wenn ihr nicht Lust habt zu fahren: so sagt, die Pferde haben sich erkältet; sie seyn nicht beschlagen; der Regen thue ihnen Schaden, mache ihre Haut rauhe, und verderbe das Geschirre. Eben dieses kann sich auch der Reitknecht zu Nutze machen.</p> <p>Wenn euer Herr bey einem guten Freunde auf dem Lande speiset: so trinket so viel, als ihr nur immer erlangen könnet. Denn es ist eine ausgemachte Sache, daß ein guter Kutscher niemahls besser fährt, als wenn er besoffen ist. Und dann zeiget eure Geschicklichkeit. Fahret auf ein Haarbreit an einem Abgrunde vorbey, und saget, ihr fahret niemahls so gut, als wenn ihr trunken seyd.</p> <p>Findet ihr, daß ein anderer Herr eines von euren Pferden gerne leiden mag, und daß er euch ausser dem Bezahlen des Pferdes einen guten Willen zu machen Lust hat: so beredet euren Herrn, es zu verkaufen, weil es so viele Fehler hat, daß ihr euch nicht unterstehet, mit ihm zu fahren, und noch dazu übertrieben ist.</p> <p>Habt einen Jungen an der Hand, der des Sonntags an den Kirchthüren auf eure Kutsche Achtung gebe, daß ihr und eure Brüder, die andern </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [78/0094]
Laßt eure Pferde so wohl abgerichtet seyn, daß sie, wenn ihr auf der Straße halten müsset, und eure Frau einen Besuch ableget, so lange stille stehen, daß ihr in eine benachbarte Schenke gehen, und mit einem Freunde ein Gläsgen trinken könnet.
Wenn ihr nicht Lust habt zu fahren: so sagt, die Pferde haben sich erkältet; sie seyn nicht beschlagen; der Regen thue ihnen Schaden, mache ihre Haut rauhe, und verderbe das Geschirre. Eben dieses kann sich auch der Reitknecht zu Nutze machen.
Wenn euer Herr bey einem guten Freunde auf dem Lande speiset: so trinket so viel, als ihr nur immer erlangen könnet. Denn es ist eine ausgemachte Sache, daß ein guter Kutscher niemahls besser fährt, als wenn er besoffen ist. Und dann zeiget eure Geschicklichkeit. Fahret auf ein Haarbreit an einem Abgrunde vorbey, und saget, ihr fahret niemahls so gut, als wenn ihr trunken seyd.
Findet ihr, daß ein anderer Herr eines von euren Pferden gerne leiden mag, und daß er euch ausser dem Bezahlen des Pferdes einen guten Willen zu machen Lust hat: so beredet euren Herrn, es zu verkaufen, weil es so viele Fehler hat, daß ihr euch nicht unterstehet, mit ihm zu fahren, und noch dazu übertrieben ist.
Habt einen Jungen an der Hand, der des Sonntags an den Kirchthüren auf eure Kutsche Achtung gebe, daß ihr und eure Brüder, die andern
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