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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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er unter ihm weglaufen mußte, und ist Eseborn am Baume todt hängen geblieben.

Kantzow, Pomerania, II. S. 180. 181.
Nicolaus v. Klempzen, vom Pommerlande, S. 117. 118.
45. Herzog Bogislav X. und der Hofnarr.

Nachdem der Herzog Erich im Jahre 1474, und bald darauf auch sein ältester Sohn Wartislav gestorben war, da dachte seine herzogliche Wittwe Sophia, das Regiment ganz an sich zu reißen, und sie scheute sich nicht, zu dem Ende ihre beiden noch lebenden Söhne, Casimir und Bogislav, durch Gift aus dem Wege räumen zu wollen. Mit dem Herzog Casimir glückte ihr das, und er starb plötzlich, wie alle Leute sagen, an Gift. Der Herzog Bogislav aber wurde auf seltsame Weise errettet. Denn als ihn eines Tages die Herzogin zu sich auf das Schloß hatte fordern lassen, war sie sehr freundlich gegen ihn, und gab ihm ein Butterbrod. Das war der junge Herzog nicht gewohnt, indem seine Mutter sich sonst wenig um ihn bekümmerte, und ihn herum laufen ließ, daß ihm die Bürgersleute in Rügenwalde zu essen geben mußten. Er dachte aber doch nichts Arges und wollte anfangen zu essen. Da nahete sich ihm der Narr der Herzogin, und sprach ihm heimlich: Bogislav, friß nicht, gib es dem Hunde, es ist unrein! Darüber wurde der Herzog aufmerksam, und er stellte sich, als wollte er essen, ging aber hinaus, und warf das Butterbrod dem Hunde vor, der es auffraß und den anderen Tag daran starb. - Herzog Bogislav schöpfte von nun an einen großen Argwohn gegen seine Mutter und hat nichts wieder von ihr angenommen.

Kantzow, Pomerania, II. S. 160.
Micrälius, Altes Pommerland, I. S. 295.

er unter ihm weglaufen mußte, und ist Eseborn am Baume todt hängen geblieben.

Kantzow, Pomerania, II. S. 180. 181.
Nicolaus v. Klempzen, vom Pommerlande, S. 117. 118.
45. Herzog Bogislav X. und der Hofnarr.

Nachdem der Herzog Erich im Jahre 1474, und bald darauf auch sein ältester Sohn Wartislav gestorben war, da dachte seine herzogliche Wittwe Sophia, das Regiment ganz an sich zu reißen, und sie scheute sich nicht, zu dem Ende ihre beiden noch lebenden Söhne, Casimir und Bogislav, durch Gift aus dem Wege räumen zu wollen. Mit dem Herzog Casimir glückte ihr das, und er starb plötzlich, wie alle Leute sagen, an Gift. Der Herzog Bogislav aber wurde auf seltsame Weise errettet. Denn als ihn eines Tages die Herzogin zu sich auf das Schloß hatte fordern lassen, war sie sehr freundlich gegen ihn, und gab ihm ein Butterbrod. Das war der junge Herzog nicht gewohnt, indem seine Mutter sich sonst wenig um ihn bekümmerte, und ihn herum laufen ließ, daß ihm die Bürgersleute in Rügenwalde zu essen geben mußten. Er dachte aber doch nichts Arges und wollte anfangen zu essen. Da nahete sich ihm der Narr der Herzogin, und sprach ihm heimlich: Bogislav, friß nicht, gib es dem Hunde, es ist unrein! Darüber wurde der Herzog aufmerksam, und er stellte sich, als wollte er essen, ging aber hinaus, und warf das Butterbrod dem Hunde vor, der es auffraß und den anderen Tag daran starb. – Herzog Bogislav schöpfte von nun an einen großen Argwohn gegen seine Mutter und hat nichts wieder von ihr angenommen.

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[75/0107] er unter ihm weglaufen mußte, und ist Eseborn am Baume todt hängen geblieben. Kantzow, Pomerania, II. S. 180. 181. Nicolaus v. Klempzen, vom Pommerlande, S. 117. 118. 45. Herzog Bogislav X. und der Hofnarr. Nachdem der Herzog Erich im Jahre 1474, und bald darauf auch sein ältester Sohn Wartislav gestorben war, da dachte seine herzogliche Wittwe Sophia, das Regiment ganz an sich zu reißen, und sie scheute sich nicht, zu dem Ende ihre beiden noch lebenden Söhne, Casimir und Bogislav, durch Gift aus dem Wege räumen zu wollen. Mit dem Herzog Casimir glückte ihr das, und er starb plötzlich, wie alle Leute sagen, an Gift. Der Herzog Bogislav aber wurde auf seltsame Weise errettet. Denn als ihn eines Tages die Herzogin zu sich auf das Schloß hatte fordern lassen, war sie sehr freundlich gegen ihn, und gab ihm ein Butterbrod. Das war der junge Herzog nicht gewohnt, indem seine Mutter sich sonst wenig um ihn bekümmerte, und ihn herum laufen ließ, daß ihm die Bürgersleute in Rügenwalde zu essen geben mußten. Er dachte aber doch nichts Arges und wollte anfangen zu essen. Da nahete sich ihm der Narr der Herzogin, und sprach ihm heimlich: Bogislav, friß nicht, gib es dem Hunde, es ist unrein! Darüber wurde der Herzog aufmerksam, und er stellte sich, als wollte er essen, ging aber hinaus, und warf das Butterbrod dem Hunde vor, der es auffraß und den anderen Tag daran starb. – Herzog Bogislav schöpfte von nun an einen großen Argwohn gegen seine Mutter und hat nichts wieder von ihr angenommen. Kantzow, Pomerania, II. S. 160. Micrälius, Altes Pommerland, I. S. 295.

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/107>, abgerufen am 21.11.2024.