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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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war er aber erschrecklich heftig und jähzornig. Zu derselben Zeit war an der Kirche zu Dünnow ein geiziger und hartherziger Pfaff. Eines Tages trug es sich nun zu, daß der Junker, als er durch das Dorf ging, eine alte Frau draußen neben der Kirche am Thurme sitzen sah. Die Frau sah sehr ärmlich aus, sie hatte nicht einmal Schuhe an den Füßen, und weinte ihre bitteren Thränen. Der Junker fragte sie, warum sie weine und was ihr fehle, und sie erzählte ihm darauf, daß der Priester ihr nicht die Beichte hören wolle, wenn sie ihm nicht eine Stiege Eier brächte; sie sey eine arme Frau, und habe nur vier Eier aufbringen können, die habe sie dem Priester gebracht, der aber nicht damit zufrieden gewesen, sondern sie von der Beichte und aus der Kirche gewiesen habe.

Ueber solchen Bericht wurde der Junker Krummel sehr erzürnt; er begab sich sofort in die Kirche zu dem Pfaffen, und befahl ihm, schleunigst die arme Frau zur Beichte zu lassen. Der erwiederte ihm aber, in der Kirche habe der Junker nichts zu befehlen, und er wies ihn mit spöttischen Worten hinaus. Da gerieth der Edelmann in seinen schrecklichen Zorn und zog sein Schwert heraus, und schrie dem Pfaffen zu: Hast du kein Erbarmen, so soll für dich auch keins sein! Damit stieß er ihm das Schwert in das Herz, daß der Pfaff sogleich todt hinfiel und das Blut ihm aus der Brust floß. Das soll aber so schwarz gewesen sein, wie der schwarze Priesterrock, den er am Leibe trug.

Wie dieß geschehen war, da wurde der Junker sehr betrübt, und er fragte, wie er die große Sünde, die er begangen, von sich abwaschen könne. Die Geistlichen, die damals im Lande viel zu sagen hatten, legten ihm darauf eine doppelte Buße auf. Zuerst sollte er barfuß in die Fremde gehen, und alle Klöster beschenken, an die er unterwegs kam; und als er zurückkehrte, verlangten sie von ihm, daß er

war er aber erschrecklich heftig und jähzornig. Zu derselben Zeit war an der Kirche zu Dünnow ein geiziger und hartherziger Pfaff. Eines Tages trug es sich nun zu, daß der Junker, als er durch das Dorf ging, eine alte Frau draußen neben der Kirche am Thurme sitzen sah. Die Frau sah sehr ärmlich aus, sie hatte nicht einmal Schuhe an den Füßen, und weinte ihre bitteren Thränen. Der Junker fragte sie, warum sie weine und was ihr fehle, und sie erzählte ihm darauf, daß der Priester ihr nicht die Beichte hören wolle, wenn sie ihm nicht eine Stiege Eier brächte; sie sey eine arme Frau, und habe nur vier Eier aufbringen können, die habe sie dem Priester gebracht, der aber nicht damit zufrieden gewesen, sondern sie von der Beichte und aus der Kirche gewiesen habe.

Ueber solchen Bericht wurde der Junker Krummel sehr erzürnt; er begab sich sofort in die Kirche zu dem Pfaffen, und befahl ihm, schleunigst die arme Frau zur Beichte zu lassen. Der erwiederte ihm aber, in der Kirche habe der Junker nichts zu befehlen, und er wies ihn mit spöttischen Worten hinaus. Da gerieth der Edelmann in seinen schrecklichen Zorn und zog sein Schwert heraus, und schrie dem Pfaffen zu: Hast du kein Erbarmen, so soll für dich auch keins sein! Damit stieß er ihm das Schwert in das Herz, daß der Pfaff sogleich todt hinfiel und das Blut ihm aus der Brust floß. Das soll aber so schwarz gewesen sein, wie der schwarze Priesterrock, den er am Leibe trug.

Wie dieß geschehen war, da wurde der Junker sehr betrübt, und er fragte, wie er die große Sünde, die er begangen, von sich abwaschen könne. Die Geistlichen, die damals im Lande viel zu sagen hatten, legten ihm darauf eine doppelte Buße auf. Zuerst sollte er barfuß in die Fremde gehen, und alle Klöster beschenken, an die er unterwegs kam; und als er zurückkehrte, verlangten sie von ihm, daß er

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          <p>Ueber solchen Bericht wurde der Junker Krummel sehr erzürnt; er begab sich sofort in die Kirche zu dem Pfaffen, und befahl ihm, schleunigst die arme Frau zur Beichte zu lassen. Der erwiederte ihm aber, in der Kirche habe der Junker nichts zu befehlen, und er wies ihn mit spöttischen Worten hinaus. Da gerieth der Edelmann in seinen schrecklichen Zorn und zog sein Schwert heraus, und schrie dem Pfaffen zu: Hast du kein Erbarmen, so soll für dich auch keins sein! Damit stieß er ihm das Schwert in das Herz, daß der Pfaff sogleich todt hinfiel und das Blut ihm aus der Brust floß. Das soll aber so schwarz gewesen sein, wie der schwarze Priesterrock, den er am Leibe trug.</p>
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[122/0154] war er aber erschrecklich heftig und jähzornig. Zu derselben Zeit war an der Kirche zu Dünnow ein geiziger und hartherziger Pfaff. Eines Tages trug es sich nun zu, daß der Junker, als er durch das Dorf ging, eine alte Frau draußen neben der Kirche am Thurme sitzen sah. Die Frau sah sehr ärmlich aus, sie hatte nicht einmal Schuhe an den Füßen, und weinte ihre bitteren Thränen. Der Junker fragte sie, warum sie weine und was ihr fehle, und sie erzählte ihm darauf, daß der Priester ihr nicht die Beichte hören wolle, wenn sie ihm nicht eine Stiege Eier brächte; sie sey eine arme Frau, und habe nur vier Eier aufbringen können, die habe sie dem Priester gebracht, der aber nicht damit zufrieden gewesen, sondern sie von der Beichte und aus der Kirche gewiesen habe. Ueber solchen Bericht wurde der Junker Krummel sehr erzürnt; er begab sich sofort in die Kirche zu dem Pfaffen, und befahl ihm, schleunigst die arme Frau zur Beichte zu lassen. Der erwiederte ihm aber, in der Kirche habe der Junker nichts zu befehlen, und er wies ihn mit spöttischen Worten hinaus. Da gerieth der Edelmann in seinen schrecklichen Zorn und zog sein Schwert heraus, und schrie dem Pfaffen zu: Hast du kein Erbarmen, so soll für dich auch keins sein! Damit stieß er ihm das Schwert in das Herz, daß der Pfaff sogleich todt hinfiel und das Blut ihm aus der Brust floß. Das soll aber so schwarz gewesen sein, wie der schwarze Priesterrock, den er am Leibe trug. Wie dieß geschehen war, da wurde der Junker sehr betrübt, und er fragte, wie er die große Sünde, die er begangen, von sich abwaschen könne. Die Geistlichen, die damals im Lande viel zu sagen hatten, legten ihm darauf eine doppelte Buße auf. Zuerst sollte er barfuß in die Fremde gehen, und alle Klöster beschenken, an die er unterwegs kam; und als er zurückkehrte, verlangten sie von ihm, daß er

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 122. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/154>, abgerufen am 22.11.2024.