Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.seiner Zuhörer strafte ihn öffentlich Lügen, und blieb auch dabei, obschon der Prediger Gott zum Zeugen der Wahrheit seiner Behauptung aufrief. Da verfiel der Mensch aber auf einmal in gräuliche Wahnsinnigkeit, griff nach seinem Dolche, und wollte sich damit erstechen, verwundete sich auch hart, und wollte die Wunde nicht verbinden lassen, sondern riß sie immer wieder auf. Also mußte er, da er auch von keinem Prediger Trost annehmen wollte, zur Strafe für seine Gotteslästerung, in Verzweiflung seinen Geist aufgeben. Micrälius, Altes Pommerland, II. S. 443. 91. Pastor Cradelius. Im Jahre 1625, zu der Zeit als die Pest in Stettin wüthete, war daselbst Prediger an der Sanct Petri-Kirche, Herr Philipp Cradelius, ein gar frommer und gottesfürchtiger Mann. Der ging eines Abends über den Heumarkt zu Stettin, um nach seinem Hause zurückzukehren; da hörte er auf einmal bei ganz stillem Wetter oben aus der Luft eine hellklingende Stimme, die rief ihm zu: Wann wir gerichtet werden, so werden wir vom Herrn gezüchtiget. Der Prediger, als er dieß höret, blieb stehen, und fragte sonder Furcht die Stimme: Auf daß wir nicht mit der Welt verdammet werden, wo bleibt das? - Er bekommt aber keine Antwort, und merkt nun wohl, was die Stimme zu bedeuten habe. Und so wie er sich dieß gedacht hatte, so geschah es auch. Er war damals noch frisch und gesund; allein so wie er heim kommt, legt er sich hin und stirbt. Sein Töchterchen Martha, von eilf Jahren, als sie höret, daß ihr Vater todt sey, sagt sie: das sey Gott geklagt, ist mein Vater todt, so tröste Gott uns arme Kinder! geht damit, da sie doch zuvor ganz gesund war, weinend liegen, seiner Zuhörer strafte ihn öffentlich Lügen, und blieb auch dabei, obschon der Prediger Gott zum Zeugen der Wahrheit seiner Behauptung aufrief. Da verfiel der Mensch aber auf einmal in gräuliche Wahnsinnigkeit, griff nach seinem Dolche, und wollte sich damit erstechen, verwundete sich auch hart, und wollte die Wunde nicht verbinden lassen, sondern riß sie immer wieder auf. Also mußte er, da er auch von keinem Prediger Trost annehmen wollte, zur Strafe für seine Gotteslästerung, in Verzweiflung seinen Geist aufgeben. Micrälius, Altes Pommerland, II. S. 443. 91. Pastor Cradelius. Im Jahre 1625, zu der Zeit als die Pest in Stettin wüthete, war daselbst Prediger an der Sanct Petri-Kirche, Herr Philipp Cradelius, ein gar frommer und gottesfürchtiger Mann. Der ging eines Abends über den Heumarkt zu Stettin, um nach seinem Hause zurückzukehren; da hörte er auf einmal bei ganz stillem Wetter oben aus der Luft eine hellklingende Stimme, die rief ihm zu: Wann wir gerichtet werden, so werden wir vom Herrn gezüchtiget. Der Prediger, als er dieß höret, blieb stehen, und fragte sonder Furcht die Stimme: Auf daß wir nicht mit der Welt verdammet werden, wo bleibt das? – Er bekommt aber keine Antwort, und merkt nun wohl, was die Stimme zu bedeuten habe. Und so wie er sich dieß gedacht hatte, so geschah es auch. Er war damals noch frisch und gesund; allein so wie er heim kommt, legt er sich hin und stirbt. Sein Töchterchen Martha, von eilf Jahren, als sie höret, daß ihr Vater todt sey, sagt sie: das sey Gott geklagt, ist mein Vater todt, so tröste Gott uns arme Kinder! geht damit, da sie doch zuvor ganz gesund war, weinend liegen, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0159" n="127"/> seiner Zuhörer strafte ihn öffentlich Lügen, und blieb auch dabei, obschon der Prediger Gott zum Zeugen der Wahrheit seiner Behauptung aufrief. Da verfiel der Mensch aber auf einmal in gräuliche Wahnsinnigkeit, griff nach seinem Dolche, und wollte sich damit erstechen, verwundete sich auch hart, und wollte die Wunde nicht verbinden lassen, sondern riß sie immer wieder auf. Also mußte er, da er auch von keinem Prediger Trost annehmen wollte, zur Strafe für seine Gotteslästerung, in Verzweiflung seinen Geist aufgeben.</p> <listBibl> <bibl>Micrälius, Altes Pommerland, II. S. 443.</bibl><lb/> </listBibl> </div> <div n="2"> <head>91. Pastor Cradelius.</head><lb/> <p>Im Jahre 1625, zu der Zeit als die Pest in Stettin wüthete, war daselbst Prediger an der Sanct Petri-Kirche, Herr Philipp Cradelius, ein gar frommer und gottesfürchtiger Mann. Der ging eines Abends über den Heumarkt zu Stettin, um nach seinem Hause zurückzukehren; da hörte er auf einmal bei ganz stillem Wetter oben aus der Luft eine hellklingende Stimme, die rief ihm zu: Wann wir gerichtet werden, so werden wir vom Herrn gezüchtiget. Der Prediger, als er dieß höret, blieb stehen, und fragte sonder Furcht die Stimme: Auf daß wir nicht mit der Welt verdammet werden, wo bleibt das? – Er bekommt aber keine Antwort, und merkt nun wohl, was die Stimme zu bedeuten habe. Und so wie er sich dieß gedacht hatte, so geschah es auch. Er war damals noch frisch und gesund; allein so wie er heim kommt, legt er sich hin und stirbt. Sein Töchterchen Martha, von eilf Jahren, als sie höret, daß ihr Vater todt sey, sagt sie: das sey Gott geklagt, ist mein Vater todt, so tröste Gott uns arme Kinder! geht damit, da sie doch zuvor ganz gesund war, weinend liegen, </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [127/0159]
seiner Zuhörer strafte ihn öffentlich Lügen, und blieb auch dabei, obschon der Prediger Gott zum Zeugen der Wahrheit seiner Behauptung aufrief. Da verfiel der Mensch aber auf einmal in gräuliche Wahnsinnigkeit, griff nach seinem Dolche, und wollte sich damit erstechen, verwundete sich auch hart, und wollte die Wunde nicht verbinden lassen, sondern riß sie immer wieder auf. Also mußte er, da er auch von keinem Prediger Trost annehmen wollte, zur Strafe für seine Gotteslästerung, in Verzweiflung seinen Geist aufgeben.
Micrälius, Altes Pommerland, II. S. 443.
91. Pastor Cradelius.
Im Jahre 1625, zu der Zeit als die Pest in Stettin wüthete, war daselbst Prediger an der Sanct Petri-Kirche, Herr Philipp Cradelius, ein gar frommer und gottesfürchtiger Mann. Der ging eines Abends über den Heumarkt zu Stettin, um nach seinem Hause zurückzukehren; da hörte er auf einmal bei ganz stillem Wetter oben aus der Luft eine hellklingende Stimme, die rief ihm zu: Wann wir gerichtet werden, so werden wir vom Herrn gezüchtiget. Der Prediger, als er dieß höret, blieb stehen, und fragte sonder Furcht die Stimme: Auf daß wir nicht mit der Welt verdammet werden, wo bleibt das? – Er bekommt aber keine Antwort, und merkt nun wohl, was die Stimme zu bedeuten habe. Und so wie er sich dieß gedacht hatte, so geschah es auch. Er war damals noch frisch und gesund; allein so wie er heim kommt, legt er sich hin und stirbt. Sein Töchterchen Martha, von eilf Jahren, als sie höret, daß ihr Vater todt sey, sagt sie: das sey Gott geklagt, ist mein Vater todt, so tröste Gott uns arme Kinder! geht damit, da sie doch zuvor ganz gesund war, weinend liegen,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2012-10-29T10:30:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |