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Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

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gestorben. Den haben die beiden Anderen in dem Erbbegräbnisse auf dem Schlosse beisetzen lassen; aber in ihrem Lebenswandel haben sie sich nicht gebessert. Darauf sind sie denn bald ebenfalls eines jähen Todes verstorben. Von der Zeit an ist das Schloß verfallen und es wohnen nun böse Geister darin, welche die Leute in der Gegend die Kobolde nennen. Die treiben, besonders des Nachts, ein schreckliches Wesen in dem alten Schlosse. Daher wagt es auch Keiner, nach den vielen Schätzen zu suchen, die noch darin begraben liegen sollen; denn bei Tage kann man an einen solchen Schatz nicht ankommen. Einige Leute haben diese Kobolde auch schon gesehen.

Die alte Nachtwächterfrau, die noch jetzt zu Daber lebt, war einmal auf den Johannistag gerade um die Mittagszeit auf das alte Schloß gegangen, um Flieder zu pflücken, der dort viel wächst. Auf einmal, während sie sich bückte, sah sie aus dem Schlosse drei herrlich gekleidete Fräulein kommen, denen drei kleine Männer folgten. Alle sechs führten einen zierlichen Tanz auf dem Hofe aus, zu dem die Musik aus dem Schlosse kam. Nachdem das eine Weile gedauert hatte, erschien ein großer Hund an einer goldenen Kette. Das war der leibhaftige Teufel; denn er verwandelte sich plötzlich in einen großen schwarzen Ritter, und fing nun mit an zu tanzen, worauf es nicht anders war, als wenn rund umher der ganze Erdboden bis tief hin erschüttert werde. Die alte Nachtwächterfrau hat darüber einen solchen Schrecken bekommen, daß sie in aller Eile den Schloßsteig heruntergegangen ist. Auf der Brücke erst ist sie still gestanden, und hat sich umgeblickt, worauf sie denn wahrgenommen, daß aus einem verfallenen Thurme des Schlosses eine schreckliche Gestalt herausgeblickt hat. Das ist auch der Teufel gewesen. Er hat wie ein Drache ausgesehen, und aus dem Munde Feuer gespieen, und auf

gestorben. Den haben die beiden Anderen in dem Erbbegräbnisse auf dem Schlosse beisetzen lassen; aber in ihrem Lebenswandel haben sie sich nicht gebessert. Darauf sind sie denn bald ebenfalls eines jähen Todes verstorben. Von der Zeit an ist das Schloß verfallen und es wohnen nun böse Geister darin, welche die Leute in der Gegend die Kobolde nennen. Die treiben, besonders des Nachts, ein schreckliches Wesen in dem alten Schlosse. Daher wagt es auch Keiner, nach den vielen Schätzen zu suchen, die noch darin begraben liegen sollen; denn bei Tage kann man an einen solchen Schatz nicht ankommen. Einige Leute haben diese Kobolde auch schon gesehen.

Die alte Nachtwächterfrau, die noch jetzt zu Daber lebt, war einmal auf den Johannistag gerade um die Mittagszeit auf das alte Schloß gegangen, um Flieder zu pflücken, der dort viel wächst. Auf einmal, während sie sich bückte, sah sie aus dem Schlosse drei herrlich gekleidete Fräulein kommen, denen drei kleine Männer folgten. Alle sechs führten einen zierlichen Tanz auf dem Hofe aus, zu dem die Musik aus dem Schlosse kam. Nachdem das eine Weile gedauert hatte, erschien ein großer Hund an einer goldenen Kette. Das war der leibhaftige Teufel; denn er verwandelte sich plötzlich in einen großen schwarzen Ritter, und fing nun mit an zu tanzen, worauf es nicht anders war, als wenn rund umher der ganze Erdboden bis tief hin erschüttert werde. Die alte Nachtwächterfrau hat darüber einen solchen Schrecken bekommen, daß sie in aller Eile den Schloßsteig heruntergegangen ist. Auf der Brücke erst ist sie still gestanden, und hat sich umgeblickt, worauf sie denn wahrgenommen, daß aus einem verfallenen Thurme des Schlosses eine schreckliche Gestalt herausgeblickt hat. Das ist auch der Teufel gewesen. Er hat wie ein Drache ausgesehen, und aus dem Munde Feuer gespieen, und auf

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gestorben. Den haben die beiden Anderen in dem Erbbegräbnisse auf dem Schlosse beisetzen lassen; aber in ihrem Lebenswandel haben sie sich nicht gebessert. Darauf sind sie denn bald ebenfalls eines jähen Todes verstorben. Von der Zeit an ist das Schloß verfallen und es wohnen nun böse Geister darin, welche die Leute in der Gegend die Kobolde nennen. Die treiben, besonders des Nachts, ein schreckliches Wesen in dem alten Schlosse. Daher wagt es auch Keiner, nach den vielen Schätzen zu suchen, die noch darin begraben liegen sollen; denn bei Tage kann man an einen solchen Schatz nicht ankommen. Einige Leute haben diese Kobolde auch schon gesehen.</p>
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[185/0217] gestorben. Den haben die beiden Anderen in dem Erbbegräbnisse auf dem Schlosse beisetzen lassen; aber in ihrem Lebenswandel haben sie sich nicht gebessert. Darauf sind sie denn bald ebenfalls eines jähen Todes verstorben. Von der Zeit an ist das Schloß verfallen und es wohnen nun böse Geister darin, welche die Leute in der Gegend die Kobolde nennen. Die treiben, besonders des Nachts, ein schreckliches Wesen in dem alten Schlosse. Daher wagt es auch Keiner, nach den vielen Schätzen zu suchen, die noch darin begraben liegen sollen; denn bei Tage kann man an einen solchen Schatz nicht ankommen. Einige Leute haben diese Kobolde auch schon gesehen. Die alte Nachtwächterfrau, die noch jetzt zu Daber lebt, war einmal auf den Johannistag gerade um die Mittagszeit auf das alte Schloß gegangen, um Flieder zu pflücken, der dort viel wächst. Auf einmal, während sie sich bückte, sah sie aus dem Schlosse drei herrlich gekleidete Fräulein kommen, denen drei kleine Männer folgten. Alle sechs führten einen zierlichen Tanz auf dem Hofe aus, zu dem die Musik aus dem Schlosse kam. Nachdem das eine Weile gedauert hatte, erschien ein großer Hund an einer goldenen Kette. Das war der leibhaftige Teufel; denn er verwandelte sich plötzlich in einen großen schwarzen Ritter, und fing nun mit an zu tanzen, worauf es nicht anders war, als wenn rund umher der ganze Erdboden bis tief hin erschüttert werde. Die alte Nachtwächterfrau hat darüber einen solchen Schrecken bekommen, daß sie in aller Eile den Schloßsteig heruntergegangen ist. Auf der Brücke erst ist sie still gestanden, und hat sich umgeblickt, worauf sie denn wahrgenommen, daß aus einem verfallenen Thurme des Schlosses eine schreckliche Gestalt herausgeblickt hat. Das ist auch der Teufel gewesen. Er hat wie ein Drache ausgesehen, und aus dem Munde Feuer gespieen, und auf

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Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/217>, abgerufen am 29.11.2024.