Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.Holze gegen die anderen Eichen, auch viel kleiner und dünner waren, obgleich sie eben so lange standen, als die ältesten Eichen in der Forst. Man erzählt sich, daß vor Zeiten einmal ein Förster unter diesen vier Bäumen einen Wilddieb getroffen, den er hat gefangen nehmen wollen. Der Dieb hat sich aber zur Wehre gesetzt, und Beide haben zuletzt zu gleicher Zeit auf einander geschossen, jeder auch seinen Feind getroffen, so daß sie Beide, tödtlich verwundet, zur Erde gefallen sind. Wie sie da nun sterbend liegen, da erkannten sie einander, daß sie Brüder sind, die sich seit vielen Jahren nicht gesehen hatten, und sie verfluchten die Stelle, wo der doppelte Brudermord geschehen ist. Von der Zeit an haben die vier Eichen um keinen Zoll breit mehr wachsen wollen. Eine davon ist vor einigen Jahren gefällt; die drei anderen stehen aber noch. Vgl. Freyberg, Pommersche Sagen, S. 95-101. 233. Der Teufelsdamm im Galenbecker See. Auf der Grenze zwischen Pommern und Mecklenburg liegt der Galenbecker See. In diesem sieht man die Ueberbleibsel eines ungeheuren, nicht ganz fertig gewordenen Dammes, der gerade mitten durch den See geht. Dieser Damm heißt der Teufelsdamm, und man erzählt sich über seine Entstehung Folgendes: Vor Zeiten lebte in der Gegend ein Schäfer, der mußte alle Morgen seine Heerde fast rund um den See auf die Weide treiben, und eben so mußte er auch einen solchen Umweg machen, wenn er sie des Abends in den Stall zurücktrieb. Das verdroß den Schäfer, und er wünschte sich manchmal im Stillen und laut, daß doch durch den See ein Damm gehen möge, auf dem er geraden Weges seine Schaafe treiben könne. Eines Abends, als er mit seiner Heerde zu Hause zurückkehrte, und es ein wüstes Wetter war, verspätete er Holze gegen die anderen Eichen, auch viel kleiner und dünner waren, obgleich sie eben so lange standen, als die ältesten Eichen in der Forst. Man erzählt sich, daß vor Zeiten einmal ein Förster unter diesen vier Bäumen einen Wilddieb getroffen, den er hat gefangen nehmen wollen. Der Dieb hat sich aber zur Wehre gesetzt, und Beide haben zuletzt zu gleicher Zeit auf einander geschossen, jeder auch seinen Feind getroffen, so daß sie Beide, tödtlich verwundet, zur Erde gefallen sind. Wie sie da nun sterbend liegen, da erkannten sie einander, daß sie Brüder sind, die sich seit vielen Jahren nicht gesehen hatten, und sie verfluchten die Stelle, wo der doppelte Brudermord geschehen ist. Von der Zeit an haben die vier Eichen um keinen Zoll breit mehr wachsen wollen. Eine davon ist vor einigen Jahren gefällt; die drei anderen stehen aber noch. Vgl. Freyberg, Pommersche Sagen, S. 95-101. 233. Der Teufelsdamm im Galenbecker See. Auf der Grenze zwischen Pommern und Mecklenburg liegt der Galenbecker See. In diesem sieht man die Ueberbleibsel eines ungeheuren, nicht ganz fertig gewordenen Dammes, der gerade mitten durch den See geht. Dieser Damm heißt der Teufelsdamm, und man erzählt sich über seine Entstehung Folgendes: Vor Zeiten lebte in der Gegend ein Schäfer, der mußte alle Morgen seine Heerde fast rund um den See auf die Weide treiben, und eben so mußte er auch einen solchen Umweg machen, wenn er sie des Abends in den Stall zurücktrieb. Das verdroß den Schäfer, und er wünschte sich manchmal im Stillen und laut, daß doch durch den See ein Damm gehen möge, auf dem er geraden Weges seine Schaafe treiben könne. Eines Abends, als er mit seiner Heerde zu Hause zurückkehrte, und es ein wüstes Wetter war, verspätete er <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0306" n="274"/> Holze gegen die anderen Eichen, auch viel kleiner und dünner waren, obgleich sie eben so lange standen, als die ältesten Eichen in der Forst. Man erzählt sich, daß vor Zeiten einmal ein Förster unter diesen vier Bäumen einen Wilddieb getroffen, den er hat gefangen nehmen wollen. Der Dieb hat sich aber zur Wehre gesetzt, und Beide haben zuletzt zu gleicher Zeit auf einander geschossen, jeder auch seinen Feind getroffen, so daß sie Beide, tödtlich verwundet, zur Erde gefallen sind. Wie sie da nun sterbend liegen, da erkannten sie einander, daß sie Brüder sind, die sich seit vielen Jahren nicht gesehen hatten, und sie verfluchten die Stelle, wo der doppelte Brudermord geschehen ist. Von der Zeit an haben die vier Eichen um keinen Zoll breit mehr wachsen wollen. Eine davon ist vor einigen Jahren gefällt; die drei anderen stehen aber noch.</p> <listBibl> <bibl>Vgl. Freyberg, Pommersche Sagen, S. 95-101.</bibl><lb/> </listBibl> </div> <div n="2"> <head>233. Der Teufelsdamm im Galenbecker See.</head><lb/> <p>Auf der Grenze zwischen Pommern und Mecklenburg liegt der Galenbecker See. In diesem sieht man die Ueberbleibsel eines ungeheuren, nicht ganz fertig gewordenen Dammes, der gerade mitten durch den See geht. 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Holze gegen die anderen Eichen, auch viel kleiner und dünner waren, obgleich sie eben so lange standen, als die ältesten Eichen in der Forst. Man erzählt sich, daß vor Zeiten einmal ein Förster unter diesen vier Bäumen einen Wilddieb getroffen, den er hat gefangen nehmen wollen. Der Dieb hat sich aber zur Wehre gesetzt, und Beide haben zuletzt zu gleicher Zeit auf einander geschossen, jeder auch seinen Feind getroffen, so daß sie Beide, tödtlich verwundet, zur Erde gefallen sind. Wie sie da nun sterbend liegen, da erkannten sie einander, daß sie Brüder sind, die sich seit vielen Jahren nicht gesehen hatten, und sie verfluchten die Stelle, wo der doppelte Brudermord geschehen ist. Von der Zeit an haben die vier Eichen um keinen Zoll breit mehr wachsen wollen. Eine davon ist vor einigen Jahren gefällt; die drei anderen stehen aber noch.
Vgl. Freyberg, Pommersche Sagen, S. 95-101.
233. Der Teufelsdamm im Galenbecker See.
Auf der Grenze zwischen Pommern und Mecklenburg liegt der Galenbecker See. In diesem sieht man die Ueberbleibsel eines ungeheuren, nicht ganz fertig gewordenen Dammes, der gerade mitten durch den See geht. Dieser Damm heißt der Teufelsdamm, und man erzählt sich über seine Entstehung Folgendes: Vor Zeiten lebte in der Gegend ein Schäfer, der mußte alle Morgen seine Heerde fast rund um den See auf die Weide treiben, und eben so mußte er auch einen solchen Umweg machen, wenn er sie des Abends in den Stall zurücktrieb. Das verdroß den Schäfer, und er wünschte sich manchmal im Stillen und laut, daß doch durch den See ein Damm gehen möge, auf dem er geraden Weges seine Schaafe treiben könne.
Eines Abends, als er mit seiner Heerde zu Hause zurückkehrte, und es ein wüstes Wetter war, verspätete er
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