Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

Jahre alt war, da jagte er es unbarmherziger Weise von sich und hieß es gehen, wohin es wolle. Der arme Knabe verließ darauf die Stadt und nahm sich vor, gen Danzig zu gehen, wo noch Freundschaft seiner Mutter wohnte. Er versprach sich aber auch davon wenig, da er so sehr hart von den Menschen bis jetzt war behandelt worden. In solchen traurigen Gedanken ging er weiter, und beachtete es nicht, daß er in die Irre gerathen war. Wie er nun einmal in der Freitag-Nacht ganz verlassen da lag, so trat auf einmal der böse Feind in der Gestalt eines schwarzen Mannes zu ihm, und beredete ihn, daß er nach zwölf Jahren sein eigen seyn und ihm darüber eine Handschrift mit seinem Blute geben wolle, wogegen er ihm versprach, daß er ihm in dieser Zeit allenthalben, wo er es nur begehrte, die Schlösser eröffnen, ihm auch sonst Geld genug verschaffen werde. Der Knabe erschrak zwar Anfangs und konnte sich nicht entschließen, aber der Teufel ließ ihm keine Ruhe, brachte auch gleich Papier und Feder hervor, und hieß ihm, sich in den Mittelfinger der rechten Hand zu schneiden, das Blut in die Feder laufen zu lassen und also zu schreiben. Das that der Knabe, und das Blut, sobald er die Feder voll hatte, fing von selbst an, sich zu stillen, daß es ihn am Schreiben nicht hinderte. Also schrieb er die Handschrift, acht Zeilen groß, mit solchen Worten, daß er seinen Gott verschwor, dagegen Alles bekomme, was er begehre; daß er davon nicht zurückkehren könne, sondern nach zwölf Jahren dem Teufel eigen sey mit Leib und Seele. Darauf stellte ihm der Teufel ein Buch zu, worin allerlei gehörnte Thiere roth abgemalt und hebräische Buchstaben geschrieben waren, und sagte ihm dabei, wenn er dieses Buch bei sich habe, so sey es eben so viel, als wenn er, der Teufel selber, bei ihm wäre. Der Satan verschwand hierauf, der Knabe aber wurde noch dieselbe

Jahre alt war, da jagte er es unbarmherziger Weise von sich und hieß es gehen, wohin es wolle. Der arme Knabe verließ darauf die Stadt und nahm sich vor, gen Danzig zu gehen, wo noch Freundschaft seiner Mutter wohnte. Er versprach sich aber auch davon wenig, da er so sehr hart von den Menschen bis jetzt war behandelt worden. In solchen traurigen Gedanken ging er weiter, und beachtete es nicht, daß er in die Irre gerathen war. Wie er nun einmal in der Freitag-Nacht ganz verlassen da lag, so trat auf einmal der böse Feind in der Gestalt eines schwarzen Mannes zu ihm, und beredete ihn, daß er nach zwölf Jahren sein eigen seyn und ihm darüber eine Handschrift mit seinem Blute geben wolle, wogegen er ihm versprach, daß er ihm in dieser Zeit allenthalben, wo er es nur begehrte, die Schlösser eröffnen, ihm auch sonst Geld genug verschaffen werde. Der Knabe erschrak zwar Anfangs und konnte sich nicht entschließen, aber der Teufel ließ ihm keine Ruhe, brachte auch gleich Papier und Feder hervor, und hieß ihm, sich in den Mittelfinger der rechten Hand zu schneiden, das Blut in die Feder laufen zu lassen und also zu schreiben. Das that der Knabe, und das Blut, sobald er die Feder voll hatte, fing von selbst an, sich zu stillen, daß es ihn am Schreiben nicht hinderte. Also schrieb er die Handschrift, acht Zeilen groß, mit solchen Worten, daß er seinen Gott verschwor, dagegen Alles bekomme, was er begehre; daß er davon nicht zurückkehren könne, sondern nach zwölf Jahren dem Teufel eigen sey mit Leib und Seele. Darauf stellte ihm der Teufel ein Buch zu, worin allerlei gehörnte Thiere roth abgemalt und hebräische Buchstaben geschrieben waren, und sagte ihm dabei, wenn er dieses Buch bei sich habe, so sey es eben so viel, als wenn er, der Teufel selber, bei ihm wäre. Der Satan verschwand hierauf, der Knabe aber wurde noch dieselbe

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0317" n="285"/>
Jahre alt war, da jagte er es unbarmherziger Weise von sich und hieß es gehen, wohin es wolle. Der arme Knabe verließ darauf die Stadt und nahm sich vor, gen Danzig zu gehen, wo noch Freundschaft seiner Mutter wohnte. Er versprach sich aber auch davon wenig, da er so sehr hart von den Menschen bis jetzt war behandelt worden. In solchen traurigen Gedanken ging er weiter, und beachtete es nicht, daß er in die Irre gerathen war. Wie er nun einmal in der Freitag-Nacht ganz verlassen da lag, so trat auf einmal der böse Feind in der Gestalt eines schwarzen Mannes zu ihm, und beredete ihn, daß er nach zwölf Jahren sein eigen seyn und ihm darüber eine Handschrift mit seinem Blute geben wolle, wogegen er ihm versprach, daß er ihm in dieser Zeit allenthalben, wo er es nur begehrte, die Schlösser eröffnen, ihm auch sonst Geld genug verschaffen werde. Der Knabe erschrak zwar Anfangs und konnte sich nicht entschließen, aber der Teufel ließ ihm keine Ruhe, brachte auch gleich Papier und Feder hervor, und hieß ihm, sich in den Mittelfinger der rechten Hand zu schneiden, das Blut in die Feder laufen zu lassen und also zu schreiben. Das that der Knabe, und das Blut, sobald er die Feder voll hatte, fing von selbst an, sich zu stillen, daß es ihn am Schreiben nicht hinderte. Also schrieb er die Handschrift, acht Zeilen groß, mit solchen Worten, daß er seinen Gott verschwor, dagegen Alles bekomme, was er begehre; daß er davon nicht zurückkehren könne, sondern nach zwölf Jahren dem Teufel eigen sey mit Leib und Seele. Darauf stellte ihm der Teufel ein Buch zu, worin allerlei gehörnte Thiere roth abgemalt und hebräische Buchstaben geschrieben waren, und sagte ihm dabei, wenn er dieses Buch bei sich habe, so sey es eben so viel, als wenn er, der Teufel selber, bei ihm wäre. Der Satan verschwand hierauf, der Knabe aber wurde noch dieselbe
</p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[285/0317] Jahre alt war, da jagte er es unbarmherziger Weise von sich und hieß es gehen, wohin es wolle. Der arme Knabe verließ darauf die Stadt und nahm sich vor, gen Danzig zu gehen, wo noch Freundschaft seiner Mutter wohnte. Er versprach sich aber auch davon wenig, da er so sehr hart von den Menschen bis jetzt war behandelt worden. In solchen traurigen Gedanken ging er weiter, und beachtete es nicht, daß er in die Irre gerathen war. Wie er nun einmal in der Freitag-Nacht ganz verlassen da lag, so trat auf einmal der böse Feind in der Gestalt eines schwarzen Mannes zu ihm, und beredete ihn, daß er nach zwölf Jahren sein eigen seyn und ihm darüber eine Handschrift mit seinem Blute geben wolle, wogegen er ihm versprach, daß er ihm in dieser Zeit allenthalben, wo er es nur begehrte, die Schlösser eröffnen, ihm auch sonst Geld genug verschaffen werde. Der Knabe erschrak zwar Anfangs und konnte sich nicht entschließen, aber der Teufel ließ ihm keine Ruhe, brachte auch gleich Papier und Feder hervor, und hieß ihm, sich in den Mittelfinger der rechten Hand zu schneiden, das Blut in die Feder laufen zu lassen und also zu schreiben. Das that der Knabe, und das Blut, sobald er die Feder voll hatte, fing von selbst an, sich zu stillen, daß es ihn am Schreiben nicht hinderte. Also schrieb er die Handschrift, acht Zeilen groß, mit solchen Worten, daß er seinen Gott verschwor, dagegen Alles bekomme, was er begehre; daß er davon nicht zurückkehren könne, sondern nach zwölf Jahren dem Teufel eigen sey mit Leib und Seele. Darauf stellte ihm der Teufel ein Buch zu, worin allerlei gehörnte Thiere roth abgemalt und hebräische Buchstaben geschrieben waren, und sagte ihm dabei, wenn er dieses Buch bei sich habe, so sey es eben so viel, als wenn er, der Teufel selber, bei ihm wäre. Der Satan verschwand hierauf, der Knabe aber wurde noch dieselbe

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-10-29T10:30:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Google Books: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-10-29T10:30:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2012-10-29T10:30:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • als Grundlage dienen die Editionsrichtlinien von Wikisource.
  • Überschriebene „e“ über den Vokalen „a“, „o“ und „u“ werden als moderne Umlaute transkribiert.
  • Gesperrter Text wird kursiv
  • Der Seitenwechsel erfolgt bei Worttrennung nach dem gesamten Wort.
  • Einzüge werden nicht übernommen
  • Geviertstriche (—) wurden durch Halbgeviertstriche ersetzt (–).
  • Fußnoten der Vorlage sind fortlaufend nummeriert und folgen jeweils am Schluß des Textes.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/317
Zitationshilfe: Temme, Jodocus Donatus Hubertus: Die Volkssagen von Pommern und Rügen. Berlin, 1840, S. 285. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/temme_volkssagen_1840/317>, abgerufen am 22.11.2024.