Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.endet, und eine der größten Aufgaben des menschlichen Geistes wunderbar gelös't. -- An der Stelle, wo früher Piet's Eiland wie eine grüne Nasenscholle auf dem klaren Wasser lag, prangte jetzt ein großer Wirthschaftshof mit weiß gedehnten Gebäuden hinter einem stattlichen Wohnhause, wozu fast ein Drittheil des ausgetrockneten fetten Seelandes gehörte. Dort wirthschaftete der junge Bertold Zorg mit seiner muntern Hausfrau Galinda, während Piet und Drudje dem gleichfalls vergrößerten Zorgenhof vorstanden. Wie aber kein Glück zur ungetrübten Vollkommenheit gedeiht, so wurzelte auch in den Zuständen dieser harmlosen Familie ein giftiger Wurm, der in den empfindlichsten Herzensnerven des ehrenfesten Baas vom Zorgenhof unaufhörlich, langsam, aber unvertilgbar, nagte. Denn der Buchhalter Sachtervanst hatte zwar versprochen, daß Mynheer van Eernswaard seine Tochter Galinda öffentlich anerkennen werde, dies wurde jedoch stets unter allerlei Ausflüchten hinausgeschoben. Dann trat eine schlimme Zeit mit böser Krankheit herein; aus dem morastigen Schlamme des ausgeschöpften Sees, durch Kanäle noch nicht trocken gelegt, stiegen faulige Dünste in die dicke Nebelluft und erzeugten bösartige Fieber. Unter den vielen Opfern erlagen auch der starke Baas Hendrik mit der Mutter Sara vom Zorgenhof der tödtenden Krankheit, und Beide erlebten nicht mehr die Freude, ihre liebe Schwiegertochter von ihren Eltern anerkannt und dadurch den zweideutigen Makel, welchen endet, und eine der größten Aufgaben des menschlichen Geistes wunderbar gelös't. — An der Stelle, wo früher Piet's Eiland wie eine grüne Nasenscholle auf dem klaren Wasser lag, prangte jetzt ein großer Wirthschaftshof mit weiß gedehnten Gebäuden hinter einem stattlichen Wohnhause, wozu fast ein Drittheil des ausgetrockneten fetten Seelandes gehörte. Dort wirthschaftete der junge Bertold Zorg mit seiner muntern Hausfrau Galinda, während Piet und Drudje dem gleichfalls vergrößerten Zorgenhof vorstanden. Wie aber kein Glück zur ungetrübten Vollkommenheit gedeiht, so wurzelte auch in den Zuständen dieser harmlosen Familie ein giftiger Wurm, der in den empfindlichsten Herzensnerven des ehrenfesten Baas vom Zorgenhof unaufhörlich, langsam, aber unvertilgbar, nagte. Denn der Buchhalter Sachtervanst hatte zwar versprochen, daß Mynheer van Eernswaard seine Tochter Galinda öffentlich anerkennen werde, dies wurde jedoch stets unter allerlei Ausflüchten hinausgeschoben. Dann trat eine schlimme Zeit mit böser Krankheit herein; aus dem morastigen Schlamme des ausgeschöpften Sees, durch Kanäle noch nicht trocken gelegt, stiegen faulige Dünste in die dicke Nebelluft und erzeugten bösartige Fieber. Unter den vielen Opfern erlagen auch der starke Baas Hendrik mit der Mutter Sara vom Zorgenhof der tödtenden Krankheit, und Beide erlebten nicht mehr die Freude, ihre liebe Schwiegertochter von ihren Eltern anerkannt und dadurch den zweideutigen Makel, welchen <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="6"> <p><pb facs="#f0116"/> endet, und eine der größten Aufgaben des menschlichen Geistes wunderbar gelös't. — An der Stelle, wo früher Piet's Eiland wie eine grüne Nasenscholle auf dem klaren Wasser lag, prangte jetzt ein großer Wirthschaftshof mit weiß gedehnten Gebäuden hinter einem stattlichen Wohnhause, wozu fast ein Drittheil des ausgetrockneten fetten Seelandes gehörte. Dort wirthschaftete der junge Bertold Zorg mit seiner muntern Hausfrau Galinda, während Piet und Drudje dem gleichfalls vergrößerten Zorgenhof vorstanden.</p><lb/> <p>Wie aber kein Glück zur ungetrübten Vollkommenheit gedeiht, so wurzelte auch in den Zuständen dieser harmlosen Familie ein giftiger Wurm, der in den empfindlichsten Herzensnerven des ehrenfesten Baas vom Zorgenhof unaufhörlich, langsam, aber unvertilgbar, nagte. Denn der Buchhalter Sachtervanst hatte zwar versprochen, daß Mynheer van Eernswaard seine Tochter Galinda öffentlich anerkennen werde, dies wurde jedoch stets unter allerlei Ausflüchten hinausgeschoben. Dann trat eine schlimme Zeit mit böser Krankheit herein; aus dem morastigen Schlamme des ausgeschöpften Sees, durch Kanäle noch nicht trocken gelegt, stiegen faulige Dünste in die dicke Nebelluft und erzeugten bösartige Fieber. Unter den vielen Opfern erlagen auch der starke Baas Hendrik mit der Mutter Sara vom Zorgenhof der tödtenden Krankheit, und Beide erlebten nicht mehr die Freude, ihre liebe Schwiegertochter von ihren Eltern anerkannt und dadurch den zweideutigen Makel, welchen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0116]
endet, und eine der größten Aufgaben des menschlichen Geistes wunderbar gelös't. — An der Stelle, wo früher Piet's Eiland wie eine grüne Nasenscholle auf dem klaren Wasser lag, prangte jetzt ein großer Wirthschaftshof mit weiß gedehnten Gebäuden hinter einem stattlichen Wohnhause, wozu fast ein Drittheil des ausgetrockneten fetten Seelandes gehörte. Dort wirthschaftete der junge Bertold Zorg mit seiner muntern Hausfrau Galinda, während Piet und Drudje dem gleichfalls vergrößerten Zorgenhof vorstanden.
Wie aber kein Glück zur ungetrübten Vollkommenheit gedeiht, so wurzelte auch in den Zuständen dieser harmlosen Familie ein giftiger Wurm, der in den empfindlichsten Herzensnerven des ehrenfesten Baas vom Zorgenhof unaufhörlich, langsam, aber unvertilgbar, nagte. Denn der Buchhalter Sachtervanst hatte zwar versprochen, daß Mynheer van Eernswaard seine Tochter Galinda öffentlich anerkennen werde, dies wurde jedoch stets unter allerlei Ausflüchten hinausgeschoben. Dann trat eine schlimme Zeit mit böser Krankheit herein; aus dem morastigen Schlamme des ausgeschöpften Sees, durch Kanäle noch nicht trocken gelegt, stiegen faulige Dünste in die dicke Nebelluft und erzeugten bösartige Fieber. Unter den vielen Opfern erlagen auch der starke Baas Hendrik mit der Mutter Sara vom Zorgenhof der tödtenden Krankheit, und Beide erlebten nicht mehr die Freude, ihre liebe Schwiegertochter von ihren Eltern anerkannt und dadurch den zweideutigen Makel, welchen
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Zitationshilfe: | Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/116>, abgerufen am 16.07.2024. |