Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

half sie der Greisin aus dem Boot und führte sie, an der Hand haltend, vor die stumm zuschauende Familie.

Du bist mir doch nicht böse, liebe, liebe Mutter Lorje? schmeichelte Linda bittend; aber auch gewiß nicht böse, daß ich dich so lange nicht besucht habe? Ich konnte wahrhaftig nicht daran denken, fuhr sie mit einem Seufzer fort und rief, sich plötzlich abwendend: Was denkt Ihr denn, Vater Dirk, wen ich da bringe? Ihr werdet Euern Augen nicht trauen; aber mir könnt' Ihr's glauben; es ist die Mutter Lora vom Piet's Eiland!

So schnell vergeht mir das Gesicht von guten Freunden nicht, versicherte der Baas, ernsthaft die Hand hinreichend; willkommen, Frau Nachbarin. Ihr habt Euch in den paar Jahren, daß wir uns nicht gesehen, auch nicht ein bischen verändert.

Ein paar Jahre! -- rief Galinda lachend dazwischen; ich war noch so ein kleiner Dibbeldor von acht Jahren, als Mutter Lorje uns zuletzt besuchte, und jetzt bin ich achtzehn Jahre!

Da solltest du wenigstens vernünftig geworden sein, schalt die Hausfrau Sara, statt mit deinem Plappern unsere liebsamen Gäste zu molestiren, und lieber -- --

Das ist auch wahr! fiel das ungebundene Mädchen ein, -- ich will lieber meiner alten Lorje geschwind was Gutes zurecht machen! Damit lief sie davon und tummelte die Mägde in der Küche.

Der Baas und seine Frau erkannten wohl, daß

half sie der Greisin aus dem Boot und führte sie, an der Hand haltend, vor die stumm zuschauende Familie.

Du bist mir doch nicht böse, liebe, liebe Mutter Lorje? schmeichelte Linda bittend; aber auch gewiß nicht böse, daß ich dich so lange nicht besucht habe? Ich konnte wahrhaftig nicht daran denken, fuhr sie mit einem Seufzer fort und rief, sich plötzlich abwendend: Was denkt Ihr denn, Vater Dirk, wen ich da bringe? Ihr werdet Euern Augen nicht trauen; aber mir könnt' Ihr's glauben; es ist die Mutter Lora vom Piet's Eiland!

So schnell vergeht mir das Gesicht von guten Freunden nicht, versicherte der Baas, ernsthaft die Hand hinreichend; willkommen, Frau Nachbarin. Ihr habt Euch in den paar Jahren, daß wir uns nicht gesehen, auch nicht ein bischen verändert.

Ein paar Jahre! — rief Galinda lachend dazwischen; ich war noch so ein kleiner Dibbeldor von acht Jahren, als Mutter Lorje uns zuletzt besuchte, und jetzt bin ich achtzehn Jahre!

Da solltest du wenigstens vernünftig geworden sein, schalt die Hausfrau Sara, statt mit deinem Plappern unsere liebsamen Gäste zu molestiren, und lieber — —

Das ist auch wahr! fiel das ungebundene Mädchen ein, — ich will lieber meiner alten Lorje geschwind was Gutes zurecht machen! Damit lief sie davon und tummelte die Mägde in der Küche.

Der Baas und seine Frau erkannten wohl, daß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="2">
        <p><pb facs="#f0028"/>
half sie der Greisin aus dem Boot und führte sie, an                der Hand haltend, vor die stumm zuschauende Familie.</p><lb/>
        <p>Du bist mir doch nicht böse, liebe, liebe Mutter Lorje? schmeichelte Linda bittend;                aber auch gewiß nicht böse, daß ich dich so lange nicht besucht habe? Ich konnte                wahrhaftig nicht daran denken, fuhr sie mit einem Seufzer fort und rief, sich                plötzlich abwendend: Was denkt Ihr denn, Vater Dirk, wen ich da bringe? Ihr werdet                Euern Augen nicht trauen; aber mir könnt' Ihr's glauben; es ist die Mutter Lora vom                Piet's Eiland!</p><lb/>
        <p>So schnell vergeht mir das Gesicht von guten Freunden nicht, versicherte der Baas,                ernsthaft die Hand hinreichend; willkommen, Frau Nachbarin. Ihr habt Euch in den paar                Jahren, daß wir uns nicht gesehen, auch nicht ein bischen verändert.</p><lb/>
        <p>Ein paar Jahre! &#x2014; rief Galinda lachend dazwischen; ich war noch so ein kleiner                Dibbeldor von acht Jahren, als Mutter Lorje uns zuletzt besuchte, und jetzt bin ich                achtzehn Jahre!</p><lb/>
        <p>Da solltest du wenigstens vernünftig geworden sein, schalt die Hausfrau Sara, statt                mit deinem Plappern unsere liebsamen Gäste zu molestiren, und lieber &#x2014; &#x2014;</p><lb/>
        <p>Das ist auch wahr! fiel das ungebundene Mädchen ein, &#x2014; ich will lieber meiner alten                Lorje geschwind was Gutes zurecht machen! Damit lief sie davon und tummelte die Mägde                in der Küche.</p><lb/>
        <p>Der Baas und seine Frau erkannten wohl, daß<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0028] half sie der Greisin aus dem Boot und führte sie, an der Hand haltend, vor die stumm zuschauende Familie. Du bist mir doch nicht böse, liebe, liebe Mutter Lorje? schmeichelte Linda bittend; aber auch gewiß nicht böse, daß ich dich so lange nicht besucht habe? Ich konnte wahrhaftig nicht daran denken, fuhr sie mit einem Seufzer fort und rief, sich plötzlich abwendend: Was denkt Ihr denn, Vater Dirk, wen ich da bringe? Ihr werdet Euern Augen nicht trauen; aber mir könnt' Ihr's glauben; es ist die Mutter Lora vom Piet's Eiland! So schnell vergeht mir das Gesicht von guten Freunden nicht, versicherte der Baas, ernsthaft die Hand hinreichend; willkommen, Frau Nachbarin. Ihr habt Euch in den paar Jahren, daß wir uns nicht gesehen, auch nicht ein bischen verändert. Ein paar Jahre! — rief Galinda lachend dazwischen; ich war noch so ein kleiner Dibbeldor von acht Jahren, als Mutter Lorje uns zuletzt besuchte, und jetzt bin ich achtzehn Jahre! Da solltest du wenigstens vernünftig geworden sein, schalt die Hausfrau Sara, statt mit deinem Plappern unsere liebsamen Gäste zu molestiren, und lieber — — Das ist auch wahr! fiel das ungebundene Mädchen ein, — ich will lieber meiner alten Lorje geschwind was Gutes zurecht machen! Damit lief sie davon und tummelte die Mägde in der Küche. Der Baas und seine Frau erkannten wohl, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-16T12:22:21Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-16T12:22:21Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/28
Zitationshilfe: Tesche, Walter: Der Enten-Piet. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 19. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 121–236. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tesche_piet_1910/28>, abgerufen am 28.04.2024.