dung, wo sie so vollständig wird, daß sie alle kleinere Gefühle der ehemaligen Empfindung enthält: Allein sie könnte doch auch in diesem Zustande noch als eine auf die ehemalige Empfindung hinweisende Vorstellung gebrau- chet werden. Denn wo jene auch mit allen ihren Thei- len reproducirt wird, da wird doch kein Theil so völlig wieder ausgedruckt, als er in der Empfindung vorhan- den war, und daher bleiben immer Bestrebungen zu- rück, deren Effekte nicht hervorkommen, und die auf ein anders als ein plus ultra verweisen.
XI. Eine Anmerkung über den Unterschied der analo- gischen und der anschaulichen Vorstellungen.
Die Analogie der Vorstellungen mit |ihren Gegen- ständen macht diese aus jenen erkennbar. Ueber diese Beziehung ist so vieles in den Schriften der neuern Philosophen gesaget, daß ich bey meinem Vorsatz, alles vorbeyzugehen, oder doch nur um des Zusammenhangs willen zu berühren, was zur völligen Evidenz von an- dern gebracht ist, nicht mehr als nur eine Anmerkung über die Natur unserer eigentlich so genannten Analo- gischen Vorstellungen anzufügen für nothwendig hal- te. Und auch diese setze ich hier nicht sowohl darum her, weil ich glaube, daß die Sache nicht schon ins Reine ge- bracht sey, sondern, weil ich die Gelegenheit nicht vor- bey lassen wollte, eine Anwendung von der vorherigen Betrachtung auf einen Theil unserer Kenntnisse zu ma- chen, dessen Aufklärung wichtig und fruchtbar ist. Der erhabene Theil unserer Vorstellungen, welche die Gott- heit und ihre Eigenschaften zum Gegenstande hat, gehö- ret zu den analogischen Jdeen.
Unsere Vorstellungen von äußern körperlichen Din- gen, und diese Gegenstände selbst, sind so heterogener
Natur,
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der Vorſtellungen.
dung, wo ſie ſo vollſtaͤndig wird, daß ſie alle kleinere Gefuͤhle der ehemaligen Empfindung enthaͤlt: Allein ſie koͤnnte doch auch in dieſem Zuſtande noch als eine auf die ehemalige Empfindung hinweiſende Vorſtellung gebrau- chet werden. Denn wo jene auch mit allen ihren Thei- len reproducirt wird, da wird doch kein Theil ſo voͤllig wieder ausgedruckt, als er in der Empfindung vorhan- den war, und daher bleiben immer Beſtrebungen zu- ruͤck, deren Effekte nicht hervorkommen, und die auf ein anders als ein plus ultra verweiſen.
XI. Eine Anmerkung uͤber den Unterſchied der analo- giſchen und der anſchaulichen Vorſtellungen.
Die Analogie der Vorſtellungen mit |ihren Gegen- ſtaͤnden macht dieſe aus jenen erkennbar. Ueber dieſe Beziehung iſt ſo vieles in den Schriften der neuern Philoſophen geſaget, daß ich bey meinem Vorſatz, alles vorbeyzugehen, oder doch nur um des Zuſammenhangs willen zu beruͤhren, was zur voͤlligen Evidenz von an- dern gebracht iſt, nicht mehr als nur eine Anmerkung uͤber die Natur unſerer eigentlich ſo genannten Analo- giſchen Vorſtellungen anzufuͤgen fuͤr nothwendig hal- te. Und auch dieſe ſetze ich hier nicht ſowohl darum her, weil ich glaube, daß die Sache nicht ſchon ins Reine ge- bracht ſey, ſondern, weil ich die Gelegenheit nicht vor- bey laſſen wollte, eine Anwendung von der vorherigen Betrachtung auf einen Theil unſerer Kenntniſſe zu ma- chen, deſſen Aufklaͤrung wichtig und fruchtbar iſt. Der erhabene Theil unſerer Vorſtellungen, welche die Gott- heit und ihre Eigenſchaften zum Gegenſtande hat, gehoͤ- ret zu den analogiſchen Jdeen.
Unſere Vorſtellungen von aͤußern koͤrperlichen Din- gen, und dieſe Gegenſtaͤnde ſelbſt, ſind ſo heterogener
Natur,
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der Vorſtellungen.
dung, wo ſie ſo vollſtaͤndig wird, daß ſie alle kleinere
Gefuͤhle der ehemaligen Empfindung enthaͤlt: Allein ſie
koͤnnte doch auch in dieſem Zuſtande noch als eine auf die
ehemalige Empfindung hinweiſende Vorſtellung gebrau-
chet werden. Denn wo jene auch mit allen ihren Thei-
len reproducirt wird, da wird doch kein Theil ſo voͤllig
wieder ausgedruckt, als er in der Empfindung vorhan-
den war, und daher bleiben immer Beſtrebungen zu-
ruͤck, deren Effekte nicht hervorkommen, und die auf
ein anders als ein plus ultra verweiſen.
XI.
Eine Anmerkung uͤber den Unterſchied der analo-
giſchen und der anſchaulichen Vorſtellungen.
Die Analogie der Vorſtellungen mit |ihren Gegen-
ſtaͤnden macht dieſe aus jenen erkennbar. Ueber
dieſe Beziehung iſt ſo vieles in den Schriften der neuern
Philoſophen geſaget, daß ich bey meinem Vorſatz, alles
vorbeyzugehen, oder doch nur um des Zuſammenhangs
willen zu beruͤhren, was zur voͤlligen Evidenz von an-
dern gebracht iſt, nicht mehr als nur eine Anmerkung
uͤber die Natur unſerer eigentlich ſo genannten Analo-
giſchen Vorſtellungen anzufuͤgen fuͤr nothwendig hal-
te. Und auch dieſe ſetze ich hier nicht ſowohl darum her,
weil ich glaube, daß die Sache nicht ſchon ins Reine ge-
bracht ſey, ſondern, weil ich die Gelegenheit nicht vor-
bey laſſen wollte, eine Anwendung von der vorherigen
Betrachtung auf einen Theil unſerer Kenntniſſe zu ma-
chen, deſſen Aufklaͤrung wichtig und fruchtbar iſt. Der
erhabene Theil unſerer Vorſtellungen, welche die Gott-
heit und ihre Eigenſchaften zum Gegenſtande hat, gehoͤ-
ret zu den analogiſchen Jdeen.
Unſere Vorſtellungen von aͤußern koͤrperlichen Din-
gen, und dieſe Gegenſtaͤnde ſelbſt, ſind ſo heterogener
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 87. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/147>, abgerufen am 22.12.2024.
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