falls Vorstellungen von einerley Natur mit den Jdeen des Gesichts, nur das Objektivische ab- gerechnet, und das, was von dem Unterschied der Sinnglieder abhängt. Auch bis hieher führt die Beobachtung mit Sicherheit. Aber wenn man dieß weiter ausdehnet, und nach der Analogie folgert, daß es mit allen Arten von Jdeen aus dem äußern Sinn die nämliche Beschaffenheit habe, und noch weiter, daß es auch mit den Jdeen der Seele von sich selbst und ihren innern Beschaffenheiten sich so ver- halte, so zeigen sich neue Schwierigkeiten, da die letztern sich auch auf eine andere Art er- klären lassen. Alsdenn muß man bey einer Hypothese stehen bleiben, oder Data in den Empfindungen aufsuchen, welche diese Aehn- lichkeit zum mindesten in solchen und so vielen Punkten bestätigen, daß eine Wahrscheinlich- keit daraus erwächset, sie können auch in Hin- sicht der übrigen angenommen werden, die man nicht beobachten kann. Jch habe in sol- chen Fällen mirs zur Regel gemacht, diese An- zeigen oder Data, jedesmal, so weit ich konn- te, aufzusuchen.
Wenn Leibnitz sagte, man könne der Er- fahrungen zu viele aufsammlen, und die Phi- losophie als die Einsicht ihres Zusammen- hangs, dadurch hindern, so hatte er ohne Zweifel in so ferne Recht, als die Rücksicht auf gar zu viele und zu sehr unterschiedene Fälle es schwer macht, ein allgemeines Gesetz aus ihnen abzusondern. Die Menge der kleinen
Ver-
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Vorrede.
falls Vorſtellungen von einerley Natur mit den Jdeen des Geſichts, nur das Objektiviſche ab- gerechnet, und das, was von dem Unterſchied der Sinnglieder abhaͤngt. Auch bis hieher fuͤhrt die Beobachtung mit Sicherheit. Aber wenn man dieß weiter ausdehnet, und nach der Analogie folgert, daß es mit allen Arten von Jdeen aus dem aͤußern Sinn die naͤmliche Beſchaffenheit habe, und noch weiter, daß es auch mit den Jdeen der Seele von ſich ſelbſt und ihren innern Beſchaffenheiten ſich ſo ver- halte, ſo zeigen ſich neue Schwierigkeiten, da die letztern ſich auch auf eine andere Art er- klaͤren laſſen. Alsdenn muß man bey einer Hypotheſe ſtehen bleiben, oder Data in den Empfindungen aufſuchen, welche dieſe Aehn- lichkeit zum mindeſten in ſolchen und ſo vielen Punkten beſtaͤtigen, daß eine Wahrſcheinlich- keit daraus erwaͤchſet, ſie koͤnnen auch in Hin- ſicht der uͤbrigen angenommen werden, die man nicht beobachten kann. Jch habe in ſol- chen Faͤllen mirs zur Regel gemacht, dieſe An- zeigen oder Data, jedesmal, ſo weit ich konn- te, aufzuſuchen.
Wenn Leibnitz ſagte, man koͤnne der Er- fahrungen zu viele aufſammlen, und die Phi- loſophie als die Einſicht ihres Zuſammen- hangs, dadurch hindern, ſo hatte er ohne Zweifel in ſo ferne Recht, als die Ruͤckſicht auf gar zu viele und zu ſehr unterſchiedene Faͤlle es ſchwer macht, ein allgemeines Geſetz aus ihnen abzuſondern. Die Menge der kleinen
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[XXI/0025]
Vorrede.
falls Vorſtellungen von einerley Natur mit den
Jdeen des Geſichts, nur das Objektiviſche ab-
gerechnet, und das, was von dem Unterſchied
der Sinnglieder abhaͤngt. Auch bis hieher
fuͤhrt die Beobachtung mit Sicherheit. Aber
wenn man dieß weiter ausdehnet, und nach
der Analogie folgert, daß es mit allen Arten
von Jdeen aus dem aͤußern Sinn die naͤmliche
Beſchaffenheit habe, und noch weiter, daß es
auch mit den Jdeen der Seele von ſich ſelbſt
und ihren innern Beſchaffenheiten ſich ſo ver-
halte, ſo zeigen ſich neue Schwierigkeiten, da
die letztern ſich auch auf eine andere Art er-
klaͤren laſſen. Alsdenn muß man bey einer
Hypotheſe ſtehen bleiben, oder Data in den
Empfindungen aufſuchen, welche dieſe Aehn-
lichkeit zum mindeſten in ſolchen und ſo vielen
Punkten beſtaͤtigen, daß eine Wahrſcheinlich-
keit daraus erwaͤchſet, ſie koͤnnen auch in Hin-
ſicht der uͤbrigen angenommen werden, die
man nicht beobachten kann. Jch habe in ſol-
chen Faͤllen mirs zur Regel gemacht, dieſe An-
zeigen oder Data, jedesmal, ſo weit ich konn-
te, aufzuſuchen.
Wenn Leibnitz ſagte, man koͤnne der Er-
fahrungen zu viele aufſammlen, und die Phi-
loſophie als die Einſicht ihres Zuſammen-
hangs, dadurch hindern, ſo hatte er ohne
Zweifel in ſo ferne Recht, als die Ruͤckſicht
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es ſchwer macht, ein allgemeines Geſetz aus
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. XXI. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/25>, abgerufen am 22.12.2024.
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