Schwingungen hervor, als auf eine andere, die schlaffer angezogen ist, weil das leidende Subjekt sich in verschiedenen Zuständen befindet. Das Verhältniß der Empfindungen zu dem empfindenden Wesen mag darum anders seyn, weil das Objektivische anders ist, und also auch die bloße Empfindung dieses Objektivischen; oder daher, weil das Subjektivische, der Zustand des empfin- denden Wesens, verschieden ist; so folget in beiden Fäl- len, daß die absoluten Wirkungen der Empfindungen in der Seele verschieden sind, da, wo ihre Beziehungen auf den Seelenzustand es sind.
Jede solche nächste Wirkung hat ihre fernern Folgen. Es entstehen Spannungen und Erregungen der Kräfte, wiederum neue Veränderungen in ihnen; Aufwallun- gen des Herzens und der Leidenschaften; Verlangen, Abneigungen. Dieß alles wird oft noch zu der ersten Wirkung mit gerechnet, und bestehet in absoluten Mo- difikationen; aber es lassen sich doch diese entferntere Wirkungen in einigen Fällen ganz deutlich von dem un- mittelbaren Gefallen oder Mißfallen an der Empfindung unterscheiden. Wir werden munter durch den Anblick eines schönen Gegenstandes; wir fühlen uns durch ein mäßiges sinnliches Vergnügen erquicket. Diese Em- pfindnisse erregen die dazu passende Reihen von Vorstel- lungen in der Phantasie; und von da geht die Wirkung weiter in die Vorstellungskraft über und in den Verstand, und durch diesen Weg auf das Gemüth. Diese Folge lässet sich oft besonders gewahrnehmen.
Solche absolute Modifikationes sind vorhanden, und bieten sich dem Gefühl als dessen unmittelbare Gegen- stände dar. Sie können und müssen gefühlet werden, es müßte denn das Vermögen oder der Aktus des Füh- lens zu schwach dazu seyn. So oft wir das Angenehme oder das Schmerzhafte von einer Sache empfinden, leh- ret es auch die unmittelbare Beobachtung, daß wir bald
die
I.Band. O
uͤber Empfindungen u. Empfindniſſe.
Schwingungen hervor, als auf eine andere, die ſchlaffer angezogen iſt, weil das leidende Subjekt ſich in verſchiedenen Zuſtaͤnden befindet. Das Verhaͤltniß der Empfindungen zu dem empfindenden Weſen mag darum anders ſeyn, weil das Objektiviſche anders iſt, und alſo auch die bloße Empfindung dieſes Objektiviſchen; oder daher, weil das Subjektiviſche, der Zuſtand des empfin- denden Weſens, verſchieden iſt; ſo folget in beiden Faͤl- len, daß die abſoluten Wirkungen der Empfindungen in der Seele verſchieden ſind, da, wo ihre Beziehungen auf den Seelenzuſtand es ſind.
Jede ſolche naͤchſte Wirkung hat ihre fernern Folgen. Es entſtehen Spannungen und Erregungen der Kraͤfte, wiederum neue Veraͤnderungen in ihnen; Aufwallun- gen des Herzens und der Leidenſchaften; Verlangen, Abneigungen. Dieß alles wird oft noch zu der erſten Wirkung mit gerechnet, und beſtehet in abſoluten Mo- difikationen; aber es laſſen ſich doch dieſe entferntere Wirkungen in einigen Faͤllen ganz deutlich von dem un- mittelbaren Gefallen oder Mißfallen an der Empfindung unterſcheiden. Wir werden munter durch den Anblick eines ſchoͤnen Gegenſtandes; wir fuͤhlen uns durch ein maͤßiges ſinnliches Vergnuͤgen erquicket. Dieſe Em- pfindniſſe erregen die dazu paſſende Reihen von Vorſtel- lungen in der Phantaſie; und von da geht die Wirkung weiter in die Vorſtellungskraft uͤber und in den Verſtand, und durch dieſen Weg auf das Gemuͤth. Dieſe Folge laͤſſet ſich oft beſonders gewahrnehmen.
Solche abſolute Modifikationes ſind vorhanden, und bieten ſich dem Gefuͤhl als deſſen unmittelbare Gegen- ſtaͤnde dar. Sie koͤnnen und muͤſſen gefuͤhlet werden, es muͤßte denn das Vermoͤgen oder der Aktus des Fuͤh- lens zu ſchwach dazu ſeyn. So oft wir das Angenehme oder das Schmerzhafte von einer Sache empfinden, leh- ret es auch die unmittelbare Beobachtung, daß wir bald
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I.Band. O
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uͤber Empfindungen u. Empfindniſſe.
Schwingungen hervor, als auf eine andere, die
ſchlaffer angezogen iſt, weil das leidende Subjekt ſich
in verſchiedenen Zuſtaͤnden befindet. Das Verhaͤltniß der
Empfindungen zu dem empfindenden Weſen mag darum
anders ſeyn, weil das Objektiviſche anders iſt, und alſo
auch die bloße Empfindung dieſes Objektiviſchen; oder
daher, weil das Subjektiviſche, der Zuſtand des empfin-
denden Weſens, verſchieden iſt; ſo folget in beiden Faͤl-
len, daß die abſoluten Wirkungen der Empfindungen
in der Seele verſchieden ſind, da, wo ihre Beziehungen
auf den Seelenzuſtand es ſind.
Jede ſolche naͤchſte Wirkung hat ihre fernern Folgen.
Es entſtehen Spannungen und Erregungen der Kraͤfte,
wiederum neue Veraͤnderungen in ihnen; Aufwallun-
gen des Herzens und der Leidenſchaften; Verlangen,
Abneigungen. Dieß alles wird oft noch zu der erſten
Wirkung mit gerechnet, und beſtehet in abſoluten Mo-
difikationen; aber es laſſen ſich doch dieſe entferntere
Wirkungen in einigen Faͤllen ganz deutlich von dem un-
mittelbaren Gefallen oder Mißfallen an der Empfindung
unterſcheiden. Wir werden munter durch den Anblick
eines ſchoͤnen Gegenſtandes; wir fuͤhlen uns durch ein
maͤßiges ſinnliches Vergnuͤgen erquicket. Dieſe Em-
pfindniſſe erregen die dazu paſſende Reihen von Vorſtel-
lungen in der Phantaſie; und von da geht die Wirkung
weiter in die Vorſtellungskraft uͤber und in den Verſtand,
und durch dieſen Weg auf das Gemuͤth. Dieſe Folge
laͤſſet ſich oft beſonders gewahrnehmen.
Solche abſolute Modifikationes ſind vorhanden, und
bieten ſich dem Gefuͤhl als deſſen unmittelbare Gegen-
ſtaͤnde dar. Sie koͤnnen und muͤſſen gefuͤhlet werden,
es muͤßte denn das Vermoͤgen oder der Aktus des Fuͤh-
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/269>, abgerufen am 22.12.2024.
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