Oder ist jene nur eine gewisse Beschaffenheit in der Empfindung des afficirenden Objekts, die mit ihr und in ihr schon enthalten ist?
Jch empfinde die harmonischen Töne; diese Em- pfindung ist angenehm. Aber ich habe bey aller Sorg- falt nicht bemerken können, daß das Vergnügen aus der Empfindung, oder die Empfindung des Angeneh- men, von der Empfindung der Sache selbst der Zeit- folge nach hätte unterschieden werden können. Die Em- pfindung der Töne war angenehm. Der Stich mit ei- ner Nadel wird empfunden; und diese Empfindung ist schmerzhaft. Es ist mir unmöglich, hierinne eine Zeit- folge gewahr zu nehmen; und zuerst die Sache, dann den Schmerzen zu empfinden. Es scheinen die Em- pfindnisse als Empfindnisse betrachtet gewisse Beschaf- fenheiten der Empfindung; nicht besondere Empfindun- gen selbst zu seyn.
Hr. Search mag sich wohl eine andere Vorstellung davon gemacht haben. Er meynt, man müsse beson- dere Fibern für die Eindrücke der Sache und ihre Em- pfindungen, und andere besondere Fibern für das Gefal- len oder Mißfallen annehmen, die er Zufriedenheits- fibern nennet, und dann auch gewisse Kanäle oder Kommunikationsfibern, durch welche die Eindrücke aus jenen in diese letztern hinübertreten können. So lange die Eindrücke nur allein auf jene erstern Fibern wirken, so lange haben wir nur Empfindungen, nur gleichgültige Empfindungen von den Dingen. Aber wir empfinden Wol- lust oder Schmerzen, wenn die Veränderungen aus diesen Empfindungsfibern in die Zufriedenheitsfibern hinüber übergehen, welche letztern das Organ des Gemüths sind. Die Gewalt, welche wir in vielen Fällen über unsere Empfindnisse haben, und ohne Zweifel in noch mehreren erlangen können, sollen die angegebene Erklärungsart bestätigen. Es ist mancher Beobachtungen wegen der
Mühe
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uͤber Empfindungen u. Empfindniſſe.
Oder iſt jene nur eine gewiſſe Beſchaffenheit in der Empfindung des afficirenden Objekts, die mit ihr und in ihr ſchon enthalten iſt?
Jch empfinde die harmoniſchen Toͤne; dieſe Em- pfindung iſt angenehm. Aber ich habe bey aller Sorg- falt nicht bemerken koͤnnen, daß das Vergnuͤgen aus der Empfindung, oder die Empfindung des Angeneh- men, von der Empfindung der Sache ſelbſt der Zeit- folge nach haͤtte unterſchieden werden koͤnnen. Die Em- pfindung der Toͤne war angenehm. Der Stich mit ei- ner Nadel wird empfunden; und dieſe Empfindung iſt ſchmerzhaft. Es iſt mir unmoͤglich, hierinne eine Zeit- folge gewahr zu nehmen; und zuerſt die Sache, dann den Schmerzen zu empfinden. Es ſcheinen die Em- pfindniſſe als Empfindniſſe betrachtet gewiſſe Beſchaf- fenheiten der Empfindung; nicht beſondere Empfindun- gen ſelbſt zu ſeyn.
Hr. Search mag ſich wohl eine andere Vorſtellung davon gemacht haben. Er meynt, man muͤſſe beſon- dere Fibern fuͤr die Eindruͤcke der Sache und ihre Em- pfindungen, und andere beſondere Fibern fuͤr das Gefal- len oder Mißfallen annehmen, die er Zufriedenheits- fibern nennet, und dann auch gewiſſe Kanaͤle oder Kommunikationsfibern, durch welche die Eindruͤcke aus jenen in dieſe letztern hinuͤbertreten koͤnnen. So lange die Eindruͤcke nur allein auf jene erſtern Fibern wirken, ſo lange haben wir nur Empfindungen, nur gleichguͤltige Empfindungen von den Dingen. Aber wir empfinden Wol- luſt oder Schmerzen, wenn die Veraͤnderungen aus dieſen Empfindungsfibern in die Zufriedenheitsfibern hinuͤber uͤbergehen, welche letztern das Organ des Gemuͤths ſind. Die Gewalt, welche wir in vielen Faͤllen uͤber unſere Empfindniſſe haben, und ohne Zweifel in noch mehreren erlangen koͤnnen, ſollen die angegebene Erklaͤrungsart beſtaͤtigen. Es iſt mancher Beobachtungen wegen der
Muͤhe
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uͤber Empfindungen u. Empfindniſſe.
Oder iſt jene nur eine gewiſſe Beſchaffenheit in der
Empfindung des afficirenden Objekts, die mit ihr und
in ihr ſchon enthalten iſt?
Jch empfinde die harmoniſchen Toͤne; dieſe Em-
pfindung iſt angenehm. Aber ich habe bey aller Sorg-
falt nicht bemerken koͤnnen, daß das Vergnuͤgen aus
der Empfindung, oder die Empfindung des Angeneh-
men, von der Empfindung der Sache ſelbſt der Zeit-
folge nach haͤtte unterſchieden werden koͤnnen. Die Em-
pfindung der Toͤne war angenehm. Der Stich mit ei-
ner Nadel wird empfunden; und dieſe Empfindung iſt
ſchmerzhaft. Es iſt mir unmoͤglich, hierinne eine Zeit-
folge gewahr zu nehmen; und zuerſt die Sache, dann
den Schmerzen zu empfinden. Es ſcheinen die Em-
pfindniſſe als Empfindniſſe betrachtet gewiſſe Beſchaf-
fenheiten der Empfindung; nicht beſondere Empfindun-
gen ſelbſt zu ſeyn.
Hr. Search mag ſich wohl eine andere Vorſtellung
davon gemacht haben. Er meynt, man muͤſſe beſon-
dere Fibern fuͤr die Eindruͤcke der Sache und ihre Em-
pfindungen, und andere beſondere Fibern fuͤr das Gefal-
len oder Mißfallen annehmen, die er Zufriedenheits-
fibern nennet, und dann auch gewiſſe Kanaͤle oder
Kommunikationsfibern, durch welche die Eindruͤcke aus
jenen in dieſe letztern hinuͤbertreten koͤnnen. So lange
die Eindruͤcke nur allein auf jene erſtern Fibern wirken,
ſo lange haben wir nur Empfindungen, nur gleichguͤltige
Empfindungen von den Dingen. Aber wir empfinden Wol-
luſt oder Schmerzen, wenn die Veraͤnderungen aus dieſen
Empfindungsfibern in die Zufriedenheitsfibern hinuͤber
uͤbergehen, welche letztern das Organ des Gemuͤths ſind.
Die Gewalt, welche wir in vielen Faͤllen uͤber unſere
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/271>, abgerufen am 22.12.2024.
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