wahrnehmens, so wie es vorher geschehen ist, in zwey andere zertheilen, so kann der erstere Aktus eben so wohl ein Beziehen des Gewahrgenommenen auf andere ge- nennet werden, als eine Absonderung, ein vorzügli- ches Darstellen, ein Auszeichnen (eine Sonderung). Die Absonderung der Vorstellung ist ihre Wirkung. Man kann die dazu wirkende Thätigkeit von einer zwie- fachen Seite ansehen, als Beziehung, in so ferne die Vorstellung gegen andere Vorstellungen oder Empfin- dungen auf eine gewisse Weise gestellet, oder mit ihnen verbunden wird; als eine Absonderung, in so ferne sie in einer stärkern Ausarbeitung der gewahrgenomme- nen Vorstellung selbst bestehet. Beides geschicht in je- dem einzelnen Gewahrnehmen. Aber es ist schicklicher, diese Aktion hier eine Absonderung, als ein Bezie- hen auf andere zu nennen, weil jenes Wort die davon entstehende Wirkung näher angiebt.
Gleichwohl kommt es niemals auf die Namen an, wenn man die Sache selbst kennet. Wenn man den er- sten Aktus des Gewahrnehmens ein Beziehen, oder eine Beziehung nennen will, so werde ich darüber nicht strei- ten; nur daß diese zum Gewahrnehmen erfoderliche Ak- tion alsdenn von andern Beziehungen unterschieden wer- de, wo das Verbinden und Gegeneinanderstellen der Vorstellungen nicht so wohl eine bessere Aussonderung der Einen, als vielmehr eine gewisse Lage oder Stellung von mehrern gegen einander zur Wirkung hat.
Das Gewahrnehmen ist also aufgelöset in diese zwey Aktus, in das vorzügliche Darstellen (die Sonde- rung) und in das Denken der Besonderheit, das Un- terscheiden, das Auskennen.
Es läßt sich der erste Aktus des Gewahrnehmens ohne den letztern denken, wenigstens in einigem Grade. Jch sage: in einigem Grade, denn ich lasse es hier noch unentschieden, wie weit der zweyte Aktus nur ein höhe-
rer
und uͤber das Denken.
wahrnehmens, ſo wie es vorher geſchehen iſt, in zwey andere zertheilen, ſo kann der erſtere Aktus eben ſo wohl ein Beziehen des Gewahrgenommenen auf andere ge- nennet werden, als eine Abſonderung, ein vorzuͤgli- ches Darſtellen, ein Auszeichnen (eine Sonderung). Die Abſonderung der Vorſtellung iſt ihre Wirkung. Man kann die dazu wirkende Thaͤtigkeit von einer zwie- fachen Seite anſehen, als Beziehung, in ſo ferne die Vorſtellung gegen andere Vorſtellungen oder Empfin- dungen auf eine gewiſſe Weiſe geſtellet, oder mit ihnen verbunden wird; als eine Abſonderung, in ſo ferne ſie in einer ſtaͤrkern Ausarbeitung der gewahrgenomme- nen Vorſtellung ſelbſt beſtehet. Beides geſchicht in je- dem einzelnen Gewahrnehmen. Aber es iſt ſchicklicher, dieſe Aktion hier eine Abſonderung, als ein Bezie- hen auf andere zu nennen, weil jenes Wort die davon entſtehende Wirkung naͤher angiebt.
Gleichwohl kommt es niemals auf die Namen an, wenn man die Sache ſelbſt kennet. Wenn man den er- ſten Aktus des Gewahrnehmens ein Beziehen, oder eine Beziehung nennen will, ſo werde ich daruͤber nicht ſtrei- ten; nur daß dieſe zum Gewahrnehmen erfoderliche Ak- tion alsdenn von andern Beziehungen unterſchieden wer- de, wo das Verbinden und Gegeneinanderſtellen der Vorſtellungen nicht ſo wohl eine beſſere Ausſonderung der Einen, als vielmehr eine gewiſſe Lage oder Stellung von mehrern gegen einander zur Wirkung hat.
Das Gewahrnehmen iſt alſo aufgeloͤſet in dieſe zwey Aktus, in das vorzuͤgliche Darſtellen (die Sonde- rung) und in das Denken der Beſonderheit, das Un- terſcheiden, das Auskennen.
Es laͤßt ſich der erſte Aktus des Gewahrnehmens ohne den letztern denken, wenigſtens in einigem Grade. Jch ſage: in einigem Grade, denn ich laſſe es hier noch unentſchieden, wie weit der zweyte Aktus nur ein hoͤhe-
rer
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0411"n="351"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">und uͤber das Denken.</hi></fw><lb/>
wahrnehmens, ſo wie es vorher geſchehen iſt, in zwey<lb/>
andere zertheilen, ſo kann der erſtere Aktus eben ſo wohl<lb/>
ein <hirendition="#fr">Beziehen</hi> des Gewahrgenommenen auf andere ge-<lb/>
nennet werden, als eine <hirendition="#fr">Abſonderung,</hi> ein vorzuͤgli-<lb/>
ches Darſtellen, ein Auszeichnen (eine Sonderung).<lb/>
Die Abſonderung der Vorſtellung iſt ihre Wirkung.<lb/>
Man kann die dazu wirkende Thaͤtigkeit von einer zwie-<lb/>
fachen Seite anſehen, als <hirendition="#fr">Beziehung,</hi> in ſo ferne die<lb/>
Vorſtellung gegen andere Vorſtellungen oder Empfin-<lb/>
dungen auf eine gewiſſe Weiſe geſtellet, oder mit ihnen<lb/>
verbunden wird; als eine <hirendition="#fr">Abſonderung,</hi> in ſo ferne<lb/>ſie in einer ſtaͤrkern Ausarbeitung der gewahrgenomme-<lb/>
nen Vorſtellung ſelbſt beſtehet. Beides geſchicht in je-<lb/>
dem einzelnen Gewahrnehmen. Aber es iſt ſchicklicher,<lb/>
dieſe Aktion hier eine <hirendition="#fr">Abſonderung,</hi> als ein <hirendition="#fr">Bezie-<lb/>
hen</hi> auf andere zu nennen, weil jenes Wort die davon<lb/>
entſtehende Wirkung naͤher angiebt.</p><lb/><p>Gleichwohl kommt es niemals auf die Namen an,<lb/>
wenn man die Sache ſelbſt kennet. Wenn man den er-<lb/>ſten Aktus des Gewahrnehmens ein Beziehen, oder eine<lb/><hirendition="#fr">Beziehung</hi> nennen will, ſo werde ich daruͤber nicht ſtrei-<lb/>
ten; nur daß dieſe zum Gewahrnehmen erfoderliche Ak-<lb/>
tion alsdenn von andern Beziehungen unterſchieden wer-<lb/>
de, wo das Verbinden und Gegeneinanderſtellen der<lb/>
Vorſtellungen nicht ſo wohl eine beſſere Ausſonderung<lb/>
der Einen, als vielmehr eine gewiſſe Lage oder Stellung<lb/>
von mehrern gegen einander zur Wirkung hat.</p><lb/><p>Das <hirendition="#fr">Gewahrnehmen</hi> iſt alſo aufgeloͤſet in dieſe<lb/>
zwey Aktus, in das vorzuͤgliche Darſtellen (die Sonde-<lb/>
rung) und in das Denken der <hirendition="#fr">Beſonderheit,</hi> das <hirendition="#fr">Un-<lb/>
terſcheiden,</hi> das <hirendition="#fr">Auskennen.</hi></p><lb/><p>Es laͤßt ſich der erſte Aktus des Gewahrnehmens<lb/>
ohne den letztern denken, wenigſtens in einigem Grade.<lb/>
Jch ſage: in einigem Grade, denn ich laſſe es hier noch<lb/>
unentſchieden, wie weit der zweyte Aktus nur ein hoͤhe-<lb/><fwplace="bottom"type="catch">rer</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[351/0411]
und uͤber das Denken.
wahrnehmens, ſo wie es vorher geſchehen iſt, in zwey
andere zertheilen, ſo kann der erſtere Aktus eben ſo wohl
ein Beziehen des Gewahrgenommenen auf andere ge-
nennet werden, als eine Abſonderung, ein vorzuͤgli-
ches Darſtellen, ein Auszeichnen (eine Sonderung).
Die Abſonderung der Vorſtellung iſt ihre Wirkung.
Man kann die dazu wirkende Thaͤtigkeit von einer zwie-
fachen Seite anſehen, als Beziehung, in ſo ferne die
Vorſtellung gegen andere Vorſtellungen oder Empfin-
dungen auf eine gewiſſe Weiſe geſtellet, oder mit ihnen
verbunden wird; als eine Abſonderung, in ſo ferne
ſie in einer ſtaͤrkern Ausarbeitung der gewahrgenomme-
nen Vorſtellung ſelbſt beſtehet. Beides geſchicht in je-
dem einzelnen Gewahrnehmen. Aber es iſt ſchicklicher,
dieſe Aktion hier eine Abſonderung, als ein Bezie-
hen auf andere zu nennen, weil jenes Wort die davon
entſtehende Wirkung naͤher angiebt.
Gleichwohl kommt es niemals auf die Namen an,
wenn man die Sache ſelbſt kennet. Wenn man den er-
ſten Aktus des Gewahrnehmens ein Beziehen, oder eine
Beziehung nennen will, ſo werde ich daruͤber nicht ſtrei-
ten; nur daß dieſe zum Gewahrnehmen erfoderliche Ak-
tion alsdenn von andern Beziehungen unterſchieden wer-
de, wo das Verbinden und Gegeneinanderſtellen der
Vorſtellungen nicht ſo wohl eine beſſere Ausſonderung
der Einen, als vielmehr eine gewiſſe Lage oder Stellung
von mehrern gegen einander zur Wirkung hat.
Das Gewahrnehmen iſt alſo aufgeloͤſet in dieſe
zwey Aktus, in das vorzuͤgliche Darſtellen (die Sonde-
rung) und in das Denken der Beſonderheit, das Un-
terſcheiden, das Auskennen.
Es laͤßt ſich der erſte Aktus des Gewahrnehmens
ohne den letztern denken, wenigſtens in einigem Grade.
Jch ſage: in einigem Grade, denn ich laſſe es hier noch
unentſchieden, wie weit der zweyte Aktus nur ein hoͤhe-
rer
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 351. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/411>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.