ursprünglich den Gemeinbegriff von der sichtlichen Größe hergegeben haben.
Aber dabey ist es nicht geblieben. Dieser Begriff ist nachher noch allgemeiner geworden, so daß er nun auch die Abstraktion aus der zwoten Empfindung der Sache, unter einem kleinern Winkel in einer größern Entfernung, unter sich begreift. Da wo die Jmpression von der Entfernung, zugleich mit der Jmpression von dem Objekt selbst, als ein Zug der ganzen Jmpression ge- fühlet und wahrgenommen wird, da ist das Gefühl die- ser Jmpression ein größerer Aktus des Empfin- dens, der sich mit dem Gegenstand beschäftiget. Diese Größe, Länge und Breite des Gefühls- oder des Empfindungsaktus ist überhaupt das Bild der sicht- lichen Größe geworden. Auch anfangs, als noch der größere optische Winkel, und die Größe des Bildes auf der Netzhaut, die Vorstellung von der relativen sichtli- chen Größe war, ist es doch dieselbige relative Größe des Empfindungsaktus gewesen, die der Zeit von der Größe des Bildes im Auge allein abhieng, welche eigent- lich und unmittelbar den Schein der sichtlichen Größe, ausmachte.
Jch habe es ziemlich in meiner Gewalt, Objekte größer und kleiner zu sehen, je nachdem ich sie als ent- ferntere oder nähere zu sehen, mich bemühe; und dieß ist am leichtesten, wo es andere Gegenstände giebt, bey de- nen ich sie hinsetzen kann. Aber ich fühle jedesmal et- was mehr, wenn ich dieselbige Sache unter demselbigen Sehewinkel, als weiter abstehend sehe. Der Aktus des Sehens erhält einen Zusatz, dessen ich mir völlig be- wußt bin, und der mit der Empfindung des Objekts verbunden wird, dieser Zusatz mag seinen Ursprung ha- ben, woher er wolle. Er ist auch etwas in der Jm- pression selbst.
Darum
VI. Verſuch. Ueber den Unterſchied
urſpruͤnglich den Gemeinbegriff von der ſichtlichen Groͤße hergegeben haben.
Aber dabey iſt es nicht geblieben. Dieſer Begriff iſt nachher noch allgemeiner geworden, ſo daß er nun auch die Abſtraktion aus der zwoten Empfindung der Sache, unter einem kleinern Winkel in einer groͤßern Entfernung, unter ſich begreift. Da wo die Jmpreſſion von der Entfernung, zugleich mit der Jmpreſſion von dem Objekt ſelbſt, als ein Zug der ganzen Jmpreſſion ge- fuͤhlet und wahrgenommen wird, da iſt das Gefuͤhl die- ſer Jmpreſſion ein groͤßerer Aktus des Empfin- dens, der ſich mit dem Gegenſtand beſchaͤftiget. Dieſe Groͤße, Laͤnge und Breite des Gefuͤhls- oder des Empfindungsaktus iſt uͤberhaupt das Bild der ſicht- lichen Groͤße geworden. Auch anfangs, als noch der groͤßere optiſche Winkel, und die Groͤße des Bildes auf der Netzhaut, die Vorſtellung von der relativen ſichtli- chen Groͤße war, iſt es doch dieſelbige relative Groͤße des Empfindungsaktus geweſen, die der Zeit von der Groͤße des Bildes im Auge allein abhieng, welche eigent- lich und unmittelbar den Schein der ſichtlichen Groͤße, ausmachte.
Jch habe es ziemlich in meiner Gewalt, Objekte groͤßer und kleiner zu ſehen, je nachdem ich ſie als ent- ferntere oder naͤhere zu ſehen, mich bemuͤhe; und dieß iſt am leichteſten, wo es andere Gegenſtaͤnde giebt, bey de- nen ich ſie hinſetzen kann. Aber ich fuͤhle jedesmal et- was mehr, wenn ich dieſelbige Sache unter demſelbigen Sehewinkel, als weiter abſtehend ſehe. Der Aktus des Sehens erhaͤlt einen Zuſatz, deſſen ich mir voͤllig be- wußt bin, und der mit der Empfindung des Objekts verbunden wird, dieſer Zuſatz mag ſeinen Urſprung ha- ben, woher er wolle. Er iſt auch etwas in der Jm- preſſion ſelbſt.
Darum
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VI. Verſuch. Ueber den Unterſchied
urſpruͤnglich den Gemeinbegriff von der ſichtlichen
Groͤße hergegeben haben.
Aber dabey iſt es nicht geblieben. Dieſer Begriff
iſt nachher noch allgemeiner geworden, ſo daß er nun auch
die Abſtraktion aus der zwoten Empfindung der Sache,
unter einem kleinern Winkel in einer groͤßern Entfernung,
unter ſich begreift. Da wo die Jmpreſſion von der
Entfernung, zugleich mit der Jmpreſſion von dem
Objekt ſelbſt, als ein Zug der ganzen Jmpreſſion ge-
fuͤhlet und wahrgenommen wird, da iſt das Gefuͤhl die-
ſer Jmpreſſion ein groͤßerer Aktus des Empfin-
dens, der ſich mit dem Gegenſtand beſchaͤftiget. Dieſe
Groͤße, Laͤnge und Breite des Gefuͤhls- oder des
Empfindungsaktus iſt uͤberhaupt das Bild der ſicht-
lichen Groͤße geworden. Auch anfangs, als noch der
groͤßere optiſche Winkel, und die Groͤße des Bildes auf
der Netzhaut, die Vorſtellung von der relativen ſichtli-
chen Groͤße war, iſt es doch dieſelbige relative Groͤße
des Empfindungsaktus geweſen, die der Zeit von der
Groͤße des Bildes im Auge allein abhieng, welche eigent-
lich und unmittelbar den Schein der ſichtlichen
Groͤße, ausmachte.
Jch habe es ziemlich in meiner Gewalt, Objekte
groͤßer und kleiner zu ſehen, je nachdem ich ſie als ent-
ferntere oder naͤhere zu ſehen, mich bemuͤhe; und dieß iſt
am leichteſten, wo es andere Gegenſtaͤnde giebt, bey de-
nen ich ſie hinſetzen kann. Aber ich fuͤhle jedesmal et-
was mehr, wenn ich dieſelbige Sache unter demſelbigen
Sehewinkel, als weiter abſtehend ſehe. Der Aktus
des Sehens erhaͤlt einen Zuſatz, deſſen ich mir voͤllig be-
wußt bin, und der mit der Empfindung des Objekts
verbunden wird, dieſer Zuſatz mag ſeinen Urſprung ha-
ben, woher er wolle. Er iſt auch etwas in der Jm-
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 446. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/506>, abgerufen am 22.12.2024.
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