den Gefäßen annimmt, in welchen sie eingeflossen ist? Und ferner, daß sie diese flüßige oder weiche Natur im- mer beybehalte? Jn Wahrheit sind wir noch weit von den Gründen ab, die uns zu solchen Schlüssen berechti- gen, woferne wir nicht die Flügel der Phantasie anlegen, und uns zu Hypothesen fortschwingen. Jn einem der folgenden Versuche will ich mich hierauf insbesondere ein- lassen. Hier aber, wo ich nicht weiter gehen will, als die Beobachtungen führen, muß ich bey dem allein ste- hen bleiben, was ich im Aufang schon gesagt habe, und was aus den angeführten Erfahrungen erhellet, nämlich daß die instinktartigen Aeußerungen der thätigen Seelen- kraft des Verstandes sowohl als des Willens, Anwen- dungen einer durch Empfindungen gereizten Grundkraft sind, deren Wirkungen und Richtungen, nach der Ver- schiedenheit der Empfindungen, von welchen sie in Thä- tigkeit gesetzet wird, unterschieden sind.
3.
Da wir die Seelenthätigkeiten nicht anders beur- theilen können, als nach den Jdeen, die wir aus ihren Wirkungen hernehmen; so ist es vor allen nöthig, zu untersuchen, was es mit diesen Vorstellungen insbeson- dere für eine Beschaffenheit habe? Jn dem ersten Ver- such über die Vorstellungen ist ihrer nur beyläufig er- wähnt worden. Sie entspringen, wie alle andere, aus Empfindungen; davon ist nicht mehr die Frage, aber desto mehr davon, was sie eigentlich in sich enthalten, was sie voraussetzen, wenn sie gegenwärtig sind, und was sie nach sich ziehen?
Lasset uns Ein Beyspiel aufmerksam betrachten. Es sey die Aktion eines Malers, der eine Figur zeichnet. Was ist in dieser Aktion, und in ihrer Empfindung? was bleibet von dem, was in der Empfindung war, in der Seele als eine wiedererweckbare Spur zurück, und
macht
der Vorſtellungskraft ⁊c.
den Gefaͤßen annimmt, in welchen ſie eingefloſſen iſt? Und ferner, daß ſie dieſe fluͤßige oder weiche Natur im- mer beybehalte? Jn Wahrheit ſind wir noch weit von den Gruͤnden ab, die uns zu ſolchen Schluͤſſen berechti- gen, woferne wir nicht die Fluͤgel der Phantaſie anlegen, und uns zu Hypotheſen fortſchwingen. Jn einem der folgenden Verſuche will ich mich hierauf insbeſondere ein- laſſen. Hier aber, wo ich nicht weiter gehen will, als die Beobachtungen fuͤhren, muß ich bey dem allein ſte- hen bleiben, was ich im Aufang ſchon geſagt habe, und was aus den angefuͤhrten Erfahrungen erhellet, naͤmlich daß die inſtinktartigen Aeußerungen der thaͤtigen Seelen- kraft des Verſtandes ſowohl als des Willens, Anwen- dungen einer durch Empfindungen gereizten Grundkraft ſind, deren Wirkungen und Richtungen, nach der Ver- ſchiedenheit der Empfindungen, von welchen ſie in Thaͤ- tigkeit geſetzet wird, unterſchieden ſind.
3.
Da wir die Seelenthaͤtigkeiten nicht anders beur- theilen koͤnnen, als nach den Jdeen, die wir aus ihren Wirkungen hernehmen; ſo iſt es vor allen noͤthig, zu unterſuchen, was es mit dieſen Vorſtellungen insbeſon- dere fuͤr eine Beſchaffenheit habe? Jn dem erſten Ver- ſuch uͤber die Vorſtellungen iſt ihrer nur beylaͤufig er- waͤhnt worden. Sie entſpringen, wie alle andere, aus Empfindungen; davon iſt nicht mehr die Frage, aber deſto mehr davon, was ſie eigentlich in ſich enthalten, was ſie vorausſetzen, wenn ſie gegenwaͤrtig ſind, und was ſie nach ſich ziehen?
Laſſet uns Ein Beyſpiel aufmerkſam betrachten. Es ſey die Aktion eines Malers, der eine Figur zeichnet. Was iſt in dieſer Aktion, und in ihrer Empfindung? was bleibet von dem, was in der Empfindung war, in der Seele als eine wiedererweckbare Spur zuruͤck, und
macht
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der Vorſtellungskraft ⁊c.
den Gefaͤßen annimmt, in welchen ſie eingefloſſen iſt?
Und ferner, daß ſie dieſe fluͤßige oder weiche Natur im-
mer beybehalte? Jn Wahrheit ſind wir noch weit von
den Gruͤnden ab, die uns zu ſolchen Schluͤſſen berechti-
gen, woferne wir nicht die Fluͤgel der Phantaſie anlegen,
und uns zu Hypotheſen fortſchwingen. Jn einem der
folgenden Verſuche will ich mich hierauf insbeſondere ein-
laſſen. Hier aber, wo ich nicht weiter gehen will, als
die Beobachtungen fuͤhren, muß ich bey dem allein ſte-
hen bleiben, was ich im Aufang ſchon geſagt habe, und
was aus den angefuͤhrten Erfahrungen erhellet, naͤmlich
daß die inſtinktartigen Aeußerungen der thaͤtigen Seelen-
kraft des Verſtandes ſowohl als des Willens, Anwen-
dungen einer durch Empfindungen gereizten Grundkraft
ſind, deren Wirkungen und Richtungen, nach der Ver-
ſchiedenheit der Empfindungen, von welchen ſie in Thaͤ-
tigkeit geſetzet wird, unterſchieden ſind.
3.
Da wir die Seelenthaͤtigkeiten nicht anders beur-
theilen koͤnnen, als nach den Jdeen, die wir aus ihren
Wirkungen hernehmen; ſo iſt es vor allen noͤthig, zu
unterſuchen, was es mit dieſen Vorſtellungen insbeſon-
dere fuͤr eine Beſchaffenheit habe? Jn dem erſten Ver-
ſuch uͤber die Vorſtellungen iſt ihrer nur beylaͤufig er-
waͤhnt worden. Sie entſpringen, wie alle andere, aus
Empfindungen; davon iſt nicht mehr die Frage, aber deſto
mehr davon, was ſie eigentlich in ſich enthalten, was
ſie vorausſetzen, wenn ſie gegenwaͤrtig ſind, und was ſie
nach ſich ziehen?
Laſſet uns Ein Beyſpiel aufmerkſam betrachten. Es
ſey die Aktion eines Malers, der eine Figur zeichnet.
Was iſt in dieſer Aktion, und in ihrer Empfindung?
was bleibet von dem, was in der Empfindung war, in
der Seele als eine wiedererweckbare Spur zuruͤck, und
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 637. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/697>, abgerufen am 22.12.2024.
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