Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777.

Bild:
<< vorherige Seite
X. Versuch. Ueber die Beziehung
III.
Auflösung einiger psychologischen Aufgaben,
aus der Natur unserer Vorstellungen von
Aktionen.

1) Warum Leute von großer praktischen
Fertigkeit in einer Art von Handlungen
weniger aufgelegt sind, solche deutlich zu
beschreiben, und warum umgekehrt die
Geschicklichkeit zu dem letztern so oft von
der Ausübungsfertigkeit getrennet ist?

2) Was das Wesentliche in den Fertigkei-
ten sey?

3) Worinn das Nachahmungsvermögen be-
stehe?

4) Auf welche Art das Mitgefühl sich äu-
ßere?

5) Die Macht der Einbildungskraft auf
den Körper beruhet auf der Natur der
Vorstellungen von Handlungen.

Um meine Leser und mich selbst etwas zu zerstreuen,
sey mir eine Ausbeugung auf einige Nebenbetrach-
tungen erlaubt. Es giebt einige psychologische Aufga-
ben, die zwar schon oft, aber selten bis auf ihre ersten
Gründe, aufgelöset sind. Es sind psychologische Er-
scheinungen, davon der Grund in der Natur unserer
Vorstellungen lieget, die wir von Handlungen haben.
Sie sind zugleich Beyspiele, wie fruchtbar der zuletzt an-
geführte Grundsatz sey, und neue Beweise desselben aus
der Erfahrung.

Die erste Frage sey diese: "Wie gehet es zu, daß
"so oft Personen, die eine große Fertigkeit in einer Art

"von
X. Verſuch. Ueber die Beziehung
III.
Aufloͤſung einiger pſychologiſchen Aufgaben,
aus der Natur unſerer Vorſtellungen von
Aktionen.

1) Warum Leute von großer praktiſchen
Fertigkeit in einer Art von Handlungen
weniger aufgelegt ſind, ſolche deutlich zu
beſchreiben, und warum umgekehrt die
Geſchicklichkeit zu dem letztern ſo oft von
der Ausuͤbungsfertigkeit getrennet iſt?

2) Was das Weſentliche in den Fertigkei-
ten ſey?

3) Worinn das Nachahmungsvermoͤgen be-
ſtehe?

4) Auf welche Art das Mitgefuͤhl ſich aͤu-
ßere?

5) Die Macht der Einbildungskraft auf
den Koͤrper beruhet auf der Natur der
Vorſtellungen von Handlungen.

Um meine Leſer und mich ſelbſt etwas zu zerſtreuen,
ſey mir eine Ausbeugung auf einige Nebenbetrach-
tungen erlaubt. Es giebt einige pſychologiſche Aufga-
ben, die zwar ſchon oft, aber ſelten bis auf ihre erſten
Gruͤnde, aufgeloͤſet ſind. Es ſind pſychologiſche Er-
ſcheinungen, davon der Grund in der Natur unſerer
Vorſtellungen lieget, die wir von Handlungen haben.
Sie ſind zugleich Beyſpiele, wie fruchtbar der zuletzt an-
gefuͤhrte Grundſatz ſey, und neue Beweiſe deſſelben aus
der Erfahrung.

Die erſte Frage ſey dieſe: „Wie gehet es zu, daß
„ſo oft Perſonen, die eine große Fertigkeit in einer Art

„von
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0710" n="650"/>
        <fw place="top" type="header"><hi rendition="#aq">X.</hi> Ver&#x017F;uch. Ueber die Beziehung</fw><lb/>
        <div n="2">
          <head><hi rendition="#aq">III.</hi><lb/>
Auflo&#x0364;&#x017F;ung einiger p&#x017F;ychologi&#x017F;chen Aufgaben,<lb/>
aus der Natur un&#x017F;erer Vor&#x017F;tellungen von<lb/>
Aktionen.</head><lb/>
          <argument>
            <p>
              <list>
                <item>1) <hi rendition="#fr">Warum Leute von großer prakti&#x017F;chen<lb/>
Fertigkeit in einer Art von Handlungen<lb/>
weniger aufgelegt &#x017F;ind, &#x017F;olche deutlich zu<lb/>
be&#x017F;chreiben, und warum umgekehrt die<lb/>
Ge&#x017F;chicklichkeit zu dem letztern &#x017F;o oft von<lb/>
der Ausu&#x0364;bungsfertigkeit getrennet i&#x017F;t?</hi></item><lb/>
                <item>2) <hi rendition="#fr">Was das We&#x017F;entliche in den Fertigkei-<lb/>
ten &#x017F;ey?</hi></item><lb/>
                <item>3) <hi rendition="#fr">Worinn das Nachahmungsvermo&#x0364;gen be-<lb/>
&#x017F;tehe?</hi></item><lb/>
                <item>4) <hi rendition="#fr">Auf welche Art das Mitgefu&#x0364;hl &#x017F;ich a&#x0364;u-<lb/>
ßere?</hi></item><lb/>
                <item>5) <hi rendition="#fr">Die Macht der Einbildungskraft auf<lb/>
den Ko&#x0364;rper beruhet auf der Natur der<lb/>
Vor&#x017F;tellungen von Handlungen.</hi></item>
              </list>
            </p>
          </argument><lb/>
          <div n="3">
            <head/>
            <p><hi rendition="#in">U</hi>m meine Le&#x017F;er und mich &#x017F;elb&#x017F;t etwas zu zer&#x017F;treuen,<lb/>
&#x017F;ey mir eine Ausbeugung auf einige Nebenbetrach-<lb/>
tungen erlaubt. Es giebt einige p&#x017F;ychologi&#x017F;che Aufga-<lb/>
ben, die zwar &#x017F;chon oft, aber &#x017F;elten bis auf ihre er&#x017F;ten<lb/>
Gru&#x0364;nde, aufgelo&#x0364;&#x017F;et &#x017F;ind. Es &#x017F;ind p&#x017F;ychologi&#x017F;che Er-<lb/>
&#x017F;cheinungen, davon der Grund in der Natur un&#x017F;erer<lb/>
Vor&#x017F;tellungen lieget, die wir von Handlungen haben.<lb/>
Sie &#x017F;ind zugleich Bey&#x017F;piele, wie fruchtbar der zuletzt an-<lb/>
gefu&#x0364;hrte Grund&#x017F;atz &#x017F;ey, und neue Bewei&#x017F;e de&#x017F;&#x017F;elben aus<lb/>
der Erfahrung.</p><lb/>
            <p>Die er&#x017F;te Frage &#x017F;ey die&#x017F;e: &#x201E;Wie gehet es zu, daß<lb/>
&#x201E;&#x017F;o oft Per&#x017F;onen, die eine große Fertigkeit in einer Art<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x201E;von</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[650/0710] X. Verſuch. Ueber die Beziehung III. Aufloͤſung einiger pſychologiſchen Aufgaben, aus der Natur unſerer Vorſtellungen von Aktionen. 1) Warum Leute von großer praktiſchen Fertigkeit in einer Art von Handlungen weniger aufgelegt ſind, ſolche deutlich zu beſchreiben, und warum umgekehrt die Geſchicklichkeit zu dem letztern ſo oft von der Ausuͤbungsfertigkeit getrennet iſt? 2) Was das Weſentliche in den Fertigkei- ten ſey? 3) Worinn das Nachahmungsvermoͤgen be- ſtehe? 4) Auf welche Art das Mitgefuͤhl ſich aͤu- ßere? 5) Die Macht der Einbildungskraft auf den Koͤrper beruhet auf der Natur der Vorſtellungen von Handlungen. Um meine Leſer und mich ſelbſt etwas zu zerſtreuen, ſey mir eine Ausbeugung auf einige Nebenbetrach- tungen erlaubt. Es giebt einige pſychologiſche Aufga- ben, die zwar ſchon oft, aber ſelten bis auf ihre erſten Gruͤnde, aufgeloͤſet ſind. Es ſind pſychologiſche Er- ſcheinungen, davon der Grund in der Natur unſerer Vorſtellungen lieget, die wir von Handlungen haben. Sie ſind zugleich Beyſpiele, wie fruchtbar der zuletzt an- gefuͤhrte Grundſatz ſey, und neue Beweiſe deſſelben aus der Erfahrung. Die erſte Frage ſey dieſe: „Wie gehet es zu, daß „ſo oft Perſonen, die eine große Fertigkeit in einer Art „von

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/710
Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 650. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/710>, abgerufen am 22.12.2024.