III. Auflösung einiger psychologischen Aufgaben, aus der Natur unserer Vorstellungen von Aktionen.
1) Warum Leute von großer praktischen Fertigkeit in einer Art von Handlungen weniger aufgelegt sind, solche deutlich zu beschreiben, und warum umgekehrt die Geschicklichkeit zu dem letztern so oft von der Ausübungsfertigkeit getrennet ist? 2) Was das Wesentliche in den Fertigkei- ten sey? 3) Worinn das Nachahmungsvermögen be- stehe? 4) Auf welche Art das Mitgefühl sich äu- ßere? 5) Die Macht der Einbildungskraft auf den Körper beruhet auf der Natur der Vorstellungen von Handlungen.
Um meine Leser und mich selbst etwas zu zerstreuen, sey mir eine Ausbeugung auf einige Nebenbetrach- tungen erlaubt. Es giebt einige psychologische Aufga- ben, die zwar schon oft, aber selten bis auf ihre ersten Gründe, aufgelöset sind. Es sind psychologische Er- scheinungen, davon der Grund in der Natur unserer Vorstellungen lieget, die wir von Handlungen haben. Sie sind zugleich Beyspiele, wie fruchtbar der zuletzt an- geführte Grundsatz sey, und neue Beweise desselben aus der Erfahrung.
Die erste Frage sey diese: "Wie gehet es zu, daß "so oft Personen, die eine große Fertigkeit in einer Art
"von
X. Verſuch. Ueber die Beziehung
III. Aufloͤſung einiger pſychologiſchen Aufgaben, aus der Natur unſerer Vorſtellungen von Aktionen.
1) Warum Leute von großer praktiſchen Fertigkeit in einer Art von Handlungen weniger aufgelegt ſind, ſolche deutlich zu beſchreiben, und warum umgekehrt die Geſchicklichkeit zu dem letztern ſo oft von der Ausuͤbungsfertigkeit getrennet iſt? 2) Was das Weſentliche in den Fertigkei- ten ſey? 3) Worinn das Nachahmungsvermoͤgen be- ſtehe? 4) Auf welche Art das Mitgefuͤhl ſich aͤu- ßere? 5) Die Macht der Einbildungskraft auf den Koͤrper beruhet auf der Natur der Vorſtellungen von Handlungen.
Um meine Leſer und mich ſelbſt etwas zu zerſtreuen, ſey mir eine Ausbeugung auf einige Nebenbetrach- tungen erlaubt. Es giebt einige pſychologiſche Aufga- ben, die zwar ſchon oft, aber ſelten bis auf ihre erſten Gruͤnde, aufgeloͤſet ſind. Es ſind pſychologiſche Er- ſcheinungen, davon der Grund in der Natur unſerer Vorſtellungen lieget, die wir von Handlungen haben. Sie ſind zugleich Beyſpiele, wie fruchtbar der zuletzt an- gefuͤhrte Grundſatz ſey, und neue Beweiſe deſſelben aus der Erfahrung.
Die erſte Frage ſey dieſe: „Wie gehet es zu, daß „ſo oft Perſonen, die eine große Fertigkeit in einer Art
„von
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0710"n="650"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#aq">X.</hi> Verſuch. Ueber die Beziehung</fw><lb/><divn="2"><head><hirendition="#aq">III.</hi><lb/>
Aufloͤſung einiger pſychologiſchen Aufgaben,<lb/>
aus der Natur unſerer Vorſtellungen von<lb/>
Aktionen.</head><lb/><argument><p><list><item>1) <hirendition="#fr">Warum Leute von großer praktiſchen<lb/>
Fertigkeit in einer Art von Handlungen<lb/>
weniger aufgelegt ſind, ſolche deutlich zu<lb/>
beſchreiben, und warum umgekehrt die<lb/>
Geſchicklichkeit zu dem letztern ſo oft von<lb/>
der Ausuͤbungsfertigkeit getrennet iſt?</hi></item><lb/><item>2) <hirendition="#fr">Was das Weſentliche in den Fertigkei-<lb/>
ten ſey?</hi></item><lb/><item>3) <hirendition="#fr">Worinn das Nachahmungsvermoͤgen be-<lb/>ſtehe?</hi></item><lb/><item>4) <hirendition="#fr">Auf welche Art das Mitgefuͤhl ſich aͤu-<lb/>
ßere?</hi></item><lb/><item>5) <hirendition="#fr">Die Macht der Einbildungskraft auf<lb/>
den Koͤrper beruhet auf der Natur der<lb/>
Vorſtellungen von Handlungen.</hi></item></list></p></argument><lb/><divn="3"><head/><p><hirendition="#in">U</hi>m meine Leſer und mich ſelbſt etwas zu zerſtreuen,<lb/>ſey mir eine Ausbeugung auf einige Nebenbetrach-<lb/>
tungen erlaubt. Es giebt einige pſychologiſche Aufga-<lb/>
ben, die zwar ſchon oft, aber ſelten bis auf ihre erſten<lb/>
Gruͤnde, aufgeloͤſet ſind. Es ſind pſychologiſche Er-<lb/>ſcheinungen, davon der Grund in der Natur unſerer<lb/>
Vorſtellungen lieget, die wir von Handlungen haben.<lb/>
Sie ſind zugleich Beyſpiele, wie fruchtbar der zuletzt an-<lb/>
gefuͤhrte Grundſatz ſey, und neue Beweiſe deſſelben aus<lb/>
der Erfahrung.</p><lb/><p>Die erſte Frage ſey dieſe: „Wie gehet es zu, daß<lb/>„ſo oft Perſonen, die eine große Fertigkeit in einer Art<lb/><fwplace="bottom"type="catch">„von</fw><lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[650/0710]
X. Verſuch. Ueber die Beziehung
III.
Aufloͤſung einiger pſychologiſchen Aufgaben,
aus der Natur unſerer Vorſtellungen von
Aktionen.
1) Warum Leute von großer praktiſchen
Fertigkeit in einer Art von Handlungen
weniger aufgelegt ſind, ſolche deutlich zu
beſchreiben, und warum umgekehrt die
Geſchicklichkeit zu dem letztern ſo oft von
der Ausuͤbungsfertigkeit getrennet iſt?
2) Was das Weſentliche in den Fertigkei-
ten ſey?
3) Worinn das Nachahmungsvermoͤgen be-
ſtehe?
4) Auf welche Art das Mitgefuͤhl ſich aͤu-
ßere?
5) Die Macht der Einbildungskraft auf
den Koͤrper beruhet auf der Natur der
Vorſtellungen von Handlungen.
Um meine Leſer und mich ſelbſt etwas zu zerſtreuen,
ſey mir eine Ausbeugung auf einige Nebenbetrach-
tungen erlaubt. Es giebt einige pſychologiſche Aufga-
ben, die zwar ſchon oft, aber ſelten bis auf ihre erſten
Gruͤnde, aufgeloͤſet ſind. Es ſind pſychologiſche Er-
ſcheinungen, davon der Grund in der Natur unſerer
Vorſtellungen lieget, die wir von Handlungen haben.
Sie ſind zugleich Beyſpiele, wie fruchtbar der zuletzt an-
gefuͤhrte Grundſatz ſey, und neue Beweiſe deſſelben aus
der Erfahrung.
Die erſte Frage ſey dieſe: „Wie gehet es zu, daß
„ſo oft Perſonen, die eine große Fertigkeit in einer Art
„von
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 650. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/710>, abgerufen am 22.12.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.