folgenden Arten der Verbindung dabey vorkommen. Unten will ich die Frage noch besonders untersuchen: "ob äußere Eindrücke, die wir von den Ausbrüchen der innern Gemüthsbewegungen eines andern empfangen, als sinnliche Eindrücke auf die Organe, durch ihre physi- sche Einwirkung, zu ähnlichen Bewegungen uns stim- men können, und wie weit dieß gehe?" Davon hängt es ab, ob die hier angegebene Art, wie man zum Nach- machen gebracht werde, wirklich Statt findet, und wie weit sie Statt findet.
Eine zwote Art der verähnlichenden Verbin- dung (nexus exemplaris) finden wir in solchen Bey- spielen, wo ein eigentliches Nachahmen oder Nach- machen geschicht, wenn ein Knabe seine Vorschrift nachschreibet, wenn er nachzeichnet, und Mienen und Geberden und Stellungen nachmacht, die man ihm vor- zeiget. Hier ist die physische Kraft, welche die ähnliche Aktion hervorbringet, durch gewisse Empfindungen schon rege und wirksam gemacht. Das Muster, was ihm vor- gehalten wird, ist nur sein Jdeal, wornach seine unbe- stimmten Bestrebungen geleitet werden. Ein solches Beyspiel ist oben zergliedert worden, und es zeigte sich, daß eine Nachahmung dieser Art voraussetzet, daß man die Theile der ganzen Aktion, die hervorgebracht werden soll, schon kenne, und daß also nichts anders geschehe, als was einer Zusammensetzung von Bildern in der Dichtkraft ähnlich ist, die hier durch das Muster in ih- rer Arbeit geleitet wird. Die Art aber, wie die Ver- ähnlichung geschehe, wozu nothwendig ist, daß die Aehn- lichkeit erkannt werden könne, ist hier ebenfalls wie oben zwiefach. Entweder wird die Außenseite der Aktion, die man hervorbringt, ihre äußern Ausbrüche und Wir- kungen durch denselbigen Sinn empfunden, mit dem man die vorgemachte Handlung empfindet; und dann lehret es die Aehnlichkeit dieser Eindrücke, als desselbigen
Charak-
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der Vorſtellungskraft ⁊c.
folgenden Arten der Verbindung dabey vorkommen. Unten will ich die Frage noch beſonders unterſuchen: „ob aͤußere Eindruͤcke, die wir von den Ausbruͤchen der innern Gemuͤthsbewegungen eines andern empfangen, als ſinnliche Eindruͤcke auf die Organe, durch ihre phyſi- ſche Einwirkung, zu aͤhnlichen Bewegungen uns ſtim- men koͤnnen, und wie weit dieß gehe?‟ Davon haͤngt es ab, ob die hier angegebene Art, wie man zum Nach- machen gebracht werde, wirklich Statt findet, und wie weit ſie Statt findet.
Eine zwote Art der veraͤhnlichenden Verbin- dung (nexus exemplaris) finden wir in ſolchen Bey- ſpielen, wo ein eigentliches Nachahmen oder Nach- machen geſchicht, wenn ein Knabe ſeine Vorſchrift nachſchreibet, wenn er nachzeichnet, und Mienen und Geberden und Stellungen nachmacht, die man ihm vor- zeiget. Hier iſt die phyſiſche Kraft, welche die aͤhnliche Aktion hervorbringet, durch gewiſſe Empfindungen ſchon rege und wirkſam gemacht. Das Muſter, was ihm vor- gehalten wird, iſt nur ſein Jdeal, wornach ſeine unbe- ſtimmten Beſtrebungen geleitet werden. Ein ſolches Beyſpiel iſt oben zergliedert worden, und es zeigte ſich, daß eine Nachahmung dieſer Art vorausſetzet, daß man die Theile der ganzen Aktion, die hervorgebracht werden ſoll, ſchon kenne, und daß alſo nichts anders geſchehe, als was einer Zuſammenſetzung von Bildern in der Dichtkraft aͤhnlich iſt, die hier durch das Muſter in ih- rer Arbeit geleitet wird. Die Art aber, wie die Ver- aͤhnlichung geſchehe, wozu nothwendig iſt, daß die Aehn- lichkeit erkannt werden koͤnne, iſt hier ebenfalls wie oben zwiefach. Entweder wird die Außenſeite der Aktion, die man hervorbringt, ihre aͤußern Ausbruͤche und Wir- kungen durch denſelbigen Sinn empfunden, mit dem man die vorgemachte Handlung empfindet; und dann lehret es die Aehnlichkeit dieſer Eindruͤcke, als deſſelbigen
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der Vorſtellungskraft ⁊c.
folgenden Arten der Verbindung dabey vorkommen.
Unten will ich die Frage noch beſonders unterſuchen:
„ob aͤußere Eindruͤcke, die wir von den Ausbruͤchen der
innern Gemuͤthsbewegungen eines andern empfangen,
als ſinnliche Eindruͤcke auf die Organe, durch ihre phyſi-
ſche Einwirkung, zu aͤhnlichen Bewegungen uns ſtim-
men koͤnnen, und wie weit dieß gehe?‟ Davon haͤngt
es ab, ob die hier angegebene Art, wie man zum Nach-
machen gebracht werde, wirklich Statt findet, und wie
weit ſie Statt findet.
Eine zwote Art der veraͤhnlichenden Verbin-
dung (nexus exemplaris) finden wir in ſolchen Bey-
ſpielen, wo ein eigentliches Nachahmen oder Nach-
machen geſchicht, wenn ein Knabe ſeine Vorſchrift
nachſchreibet, wenn er nachzeichnet, und Mienen und
Geberden und Stellungen nachmacht, die man ihm vor-
zeiget. Hier iſt die phyſiſche Kraft, welche die aͤhnliche
Aktion hervorbringet, durch gewiſſe Empfindungen ſchon
rege und wirkſam gemacht. Das Muſter, was ihm vor-
gehalten wird, iſt nur ſein Jdeal, wornach ſeine unbe-
ſtimmten Beſtrebungen geleitet werden. Ein ſolches
Beyſpiel iſt oben zergliedert worden, und es zeigte ſich,
daß eine Nachahmung dieſer Art vorausſetzet, daß man
die Theile der ganzen Aktion, die hervorgebracht werden
ſoll, ſchon kenne, und daß alſo nichts anders geſchehe,
als was einer Zuſammenſetzung von Bildern in der
Dichtkraft aͤhnlich iſt, die hier durch das Muſter in ih-
rer Arbeit geleitet wird. Die Art aber, wie die Ver-
aͤhnlichung geſchehe, wozu nothwendig iſt, daß die Aehn-
lichkeit erkannt werden koͤnne, iſt hier ebenfalls wie oben
zwiefach. Entweder wird die Außenſeite der Aktion,
die man hervorbringt, ihre aͤußern Ausbruͤche und Wir-
kungen durch denſelbigen Sinn empfunden, mit dem
man die vorgemachte Handlung empfindet; und dann
lehret es die Aehnlichkeit dieſer Eindruͤcke, als deſſelbigen
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 1. Leipzig, 1777, S. 675. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche01_1777/735>, abgerufen am 22.12.2024.
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