stigkeit und Bestimmtheit, mit der sie an einander ge- knüpft sind, verschieden sind: so verrathen die Beob- achtungen bey unsern unwillkürlichen Vorstellungen, die anfangs willkürlich in uns hineingebracht sind, hernach aber wider unsern Willen uns vorschweben, daß es mit den sinnlichen Bewegungen im Gehirn eine ähn- liche Bewandniß habe; daß auch diese selbst in dem Ge- hirn zusammenhalten, so daß eine die andre hervorzieht, ehe noch die Aktion der Seele dazu kommt, welche an- fangs die Association zu Stande gebracht hat.
7) Aber wie bey den willkürlichen Bewegungen, die zu den Kunstfertigkeiten gehören, die Vorstellun- gen in der Seele und ihre Folge die vornehmsten Ur- sachen sind, wodurch die Folge der körperlichen Bewe- gungen bestimmt wird, welche nur auf eine unvollkom- mene Art durch die organische Association in dem Kör- per ersetzet werden kann: so ist es auch bey der Repro- duktion der willkürlichen Vorstellungen vornehmlich und eigentlich die Folge der intellektuellen Jdeen in unserm Jch, wovon die Folge der dazu gehörigen materiellen Jdeen im Gehirn bestimmt wird; und die organische Verknüpfung dieser materiellen Jdeen im Gehirn ist unfähig, sie in gleicher Maße und Ordnung wieder hervorzuziehen, wenn ihre Verbindung nicht von der Reproduktion der Seelenbeschaffenheiten, die diese durch ihre Eigenmacht bewerkstelliget, geleitet und re- giert wird. Man sehe nur die Verwirrung, die in unsern Vorstellungen herrschet, wenn die Seele nicht Herr über sich selbst ist!
8) Die Vorstellungen von einzelnen körperlichen Handlungen entstehen anfangs in der Seele so, daß die Veränderung in dem Körper vor der Jdee vorher- gehet; aber wenn diese Vorstellungen einmal vorhan- den sind, so werden sie öfters reproducirt, noch ehe je-
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im Menſchen.
ſtigkeit und Beſtimmtheit, mit der ſie an einander ge- knuͤpft ſind, verſchieden ſind: ſo verrathen die Beob- achtungen bey unſern unwillkuͤrlichen Vorſtellungen, die anfangs willkuͤrlich in uns hineingebracht ſind, hernach aber wider unſern Willen uns vorſchweben, daß es mit den ſinnlichen Bewegungen im Gehirn eine aͤhn- liche Bewandniß habe; daß auch dieſe ſelbſt in dem Ge- hirn zuſammenhalten, ſo daß eine die andre hervorzieht, ehe noch die Aktion der Seele dazu kommt, welche an- fangs die Aſſociation zu Stande gebracht hat.
7) Aber wie bey den willkuͤrlichen Bewegungen, die zu den Kunſtfertigkeiten gehoͤren, die Vorſtellun- gen in der Seele und ihre Folge die vornehmſten Ur- ſachen ſind, wodurch die Folge der koͤrperlichen Bewe- gungen beſtimmt wird, welche nur auf eine unvollkom- mene Art durch die organiſche Aſſociation in dem Koͤr- per erſetzet werden kann: ſo iſt es auch bey der Repro- duktion der willkuͤrlichen Vorſtellungen vornehmlich und eigentlich die Folge der intellektuellen Jdeen in unſerm Jch, wovon die Folge der dazu gehoͤrigen materiellen Jdeen im Gehirn beſtimmt wird; und die organiſche Verknuͤpfung dieſer materiellen Jdeen im Gehirn iſt unfaͤhig, ſie in gleicher Maße und Ordnung wieder hervorzuziehen, wenn ihre Verbindung nicht von der Reproduktion der Seelenbeſchaffenheiten, die dieſe durch ihre Eigenmacht bewerkſtelliget, geleitet und re- giert wird. Man ſehe nur die Verwirrung, die in unſern Vorſtellungen herrſchet, wenn die Seele nicht Herr uͤber ſich ſelbſt iſt!
8) Die Vorſtellungen von einzelnen koͤrperlichen Handlungen entſtehen anfangs in der Seele ſo, daß die Veraͤnderung in dem Koͤrper vor der Jdee vorher- gehet; aber wenn dieſe Vorſtellungen einmal vorhan- den ſind, ſo werden ſie oͤfters reproducirt, noch ehe je-
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ſtigkeit und Beſtimmtheit, mit der ſie an einander ge-
knuͤpft ſind, verſchieden ſind: ſo verrathen die Beob-
achtungen bey unſern unwillkuͤrlichen Vorſtellungen,
die anfangs willkuͤrlich in uns hineingebracht ſind,
hernach aber wider unſern Willen uns vorſchweben, daß
es mit den ſinnlichen Bewegungen im Gehirn eine aͤhn-
liche Bewandniß habe; daß auch dieſe ſelbſt in dem Ge-
hirn zuſammenhalten, ſo daß eine die andre hervorzieht,
ehe noch die Aktion der Seele dazu kommt, welche an-
fangs die Aſſociation zu Stande gebracht hat.
7) Aber wie bey den willkuͤrlichen Bewegungen,
die zu den Kunſtfertigkeiten gehoͤren, die Vorſtellun-
gen in der Seele und ihre Folge die vornehmſten Ur-
ſachen ſind, wodurch die Folge der koͤrperlichen Bewe-
gungen beſtimmt wird, welche nur auf eine unvollkom-
mene Art durch die organiſche Aſſociation in dem Koͤr-
per erſetzet werden kann: ſo iſt es auch bey der Repro-
duktion der willkuͤrlichen Vorſtellungen vornehmlich
und eigentlich die Folge der intellektuellen Jdeen
in unſerm Jch, wovon die Folge der dazu gehoͤrigen
materiellen Jdeen im Gehirn beſtimmt wird; und die
organiſche Verknuͤpfung dieſer materiellen Jdeen im
Gehirn iſt unfaͤhig, ſie in gleicher Maße und Ordnung
wieder hervorzuziehen, wenn ihre Verbindung nicht von
der Reproduktion der Seelenbeſchaffenheiten, die dieſe
durch ihre Eigenmacht bewerkſtelliget, geleitet und re-
giert wird. Man ſehe nur die Verwirrung, die in
unſern Vorſtellungen herrſchet, wenn die Seele nicht
Herr uͤber ſich ſelbſt iſt!
8) Die Vorſtellungen von einzelnen koͤrperlichen
Handlungen entſtehen anfangs in der Seele ſo, daß
die Veraͤnderung in dem Koͤrper vor der Jdee vorher-
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den ſind, ſo werden ſie oͤfters reproducirt, noch ehe je-
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 361. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/391>, abgerufen am 22.11.2024.
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