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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777.

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und Entwickelung des Menschen.

Wenn es dagegen unmöglich ist, daß eine solche
Veränderung eines Geschlechtes in ein anderes durch
äußere Ursachen allein
bewirket werden kann; wenn
eine Vermischung der Jndividuen der Einen Klasse
mit den Jndividuen der andern hinzukommen muß: so
haben wir schon eine größere Verschiedenheit, die sie als
Menschen von verschiedenen Arten ansehen lässet.
Und dann sind es Spielarten, Varietäten, nach
der in der Naturgeschichte schon ziemlich festgesetzten
Bedeutung dieser Wörter. Vorausgesetzt, wie hier ge-
schieht, daß die Vermischung der Arten fruchtbare Kin-
der gebe, die sich wiederum so wohl unter sich, als mit
denen von der Vater- und Muttergattung, fruchtbar
verbinden können.

Diese Verschiedenheit muß mit der nächstvorherge-
henden nicht verwechselt werden. Wenn die Afrikaner
und Europäer solche Spielarten sind und einander nicht
näher kommen, so können sie unmöglich dieselbigen
Stammeltern haben. Denn wenn sie diese gehabt ha-
ben, so ist ihre Verschiedenheit eine Wirkung der äußern
Ursachen, die auf die Reihe der Generationen nach und
nach gewirkt, und die jetzigen Charaktere in ihnen be-
sestiget haben. Der Einfluß dieser Ursachen ist aber
durch die Länge der Zeit so stark geworden und hat ihre
Wirkung so tief der Natur eingeprägt, daß, wenn die
schon modificirten Jndividuen den entgegengesetzten Ur-
sachen bloß gestellet werden, das Eigene von ihnen nicht
anders als mit der Zeit, in der Folge der Generatio-
nen gehoben werden kann. Dagegen wenn der Unter-
schied durchaus nicht ohne Vermischung der Saamen zu
heben ist, so kann solcher auch nicht entstanden seyn, oh-
ne eine ursprüngliche Verschiedenheit der Saamen und
der Stammeltern.

Hier hört die Einartigkeit auf, und hier ist auch
die Grenze der Verschiedenheit der wirklichen Menschen-

gattun-
N n 3
und Entwickelung des Menſchen.

Wenn es dagegen unmoͤglich iſt, daß eine ſolche
Veraͤnderung eines Geſchlechtes in ein anderes durch
aͤußere Urſachen allein
bewirket werden kann; wenn
eine Vermiſchung der Jndividuen der Einen Klaſſe
mit den Jndividuen der andern hinzukommen muß: ſo
haben wir ſchon eine groͤßere Verſchiedenheit, die ſie als
Menſchen von verſchiedenen Arten anſehen laͤſſet.
Und dann ſind es Spielarten, Varietaͤten, nach
der in der Naturgeſchichte ſchon ziemlich feſtgeſetzten
Bedeutung dieſer Woͤrter. Vorausgeſetzt, wie hier ge-
ſchieht, daß die Vermiſchung der Arten fruchtbare Kin-
der gebe, die ſich wiederum ſo wohl unter ſich, als mit
denen von der Vater- und Muttergattung, fruchtbar
verbinden koͤnnen.

Dieſe Verſchiedenheit muß mit der naͤchſtvorherge-
henden nicht verwechſelt werden. Wenn die Afrikaner
und Europaͤer ſolche Spielarten ſind und einander nicht
naͤher kommen, ſo koͤnnen ſie unmoͤglich dieſelbigen
Stammeltern haben. Denn wenn ſie dieſe gehabt ha-
ben, ſo iſt ihre Verſchiedenheit eine Wirkung der aͤußern
Urſachen, die auf die Reihe der Generationen nach und
nach gewirkt, und die jetzigen Charaktere in ihnen be-
ſeſtiget haben. Der Einfluß dieſer Urſachen iſt aber
durch die Laͤnge der Zeit ſo ſtark geworden und hat ihre
Wirkung ſo tief der Natur eingepraͤgt, daß, wenn die
ſchon modificirten Jndividuen den entgegengeſetzten Ur-
ſachen bloß geſtellet werden, das Eigene von ihnen nicht
anders als mit der Zeit, in der Folge der Generatio-
nen gehoben werden kann. Dagegen wenn der Unter-
ſchied durchaus nicht ohne Vermiſchung der Saamen zu
heben iſt, ſo kann ſolcher auch nicht entſtanden ſeyn, oh-
ne eine urſpruͤngliche Verſchiedenheit der Saamen und
der Stammeltern.

Hier hoͤrt die Einartigkeit auf, und hier iſt auch
die Grenze der Verſchiedenheit der wirklichen Menſchen-

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[565/0595] und Entwickelung des Menſchen. Wenn es dagegen unmoͤglich iſt, daß eine ſolche Veraͤnderung eines Geſchlechtes in ein anderes durch aͤußere Urſachen allein bewirket werden kann; wenn eine Vermiſchung der Jndividuen der Einen Klaſſe mit den Jndividuen der andern hinzukommen muß: ſo haben wir ſchon eine groͤßere Verſchiedenheit, die ſie als Menſchen von verſchiedenen Arten anſehen laͤſſet. Und dann ſind es Spielarten, Varietaͤten, nach der in der Naturgeſchichte ſchon ziemlich feſtgeſetzten Bedeutung dieſer Woͤrter. Vorausgeſetzt, wie hier ge- ſchieht, daß die Vermiſchung der Arten fruchtbare Kin- der gebe, die ſich wiederum ſo wohl unter ſich, als mit denen von der Vater- und Muttergattung, fruchtbar verbinden koͤnnen. Dieſe Verſchiedenheit muß mit der naͤchſtvorherge- henden nicht verwechſelt werden. Wenn die Afrikaner und Europaͤer ſolche Spielarten ſind und einander nicht naͤher kommen, ſo koͤnnen ſie unmoͤglich dieſelbigen Stammeltern haben. Denn wenn ſie dieſe gehabt ha- ben, ſo iſt ihre Verſchiedenheit eine Wirkung der aͤußern Urſachen, die auf die Reihe der Generationen nach und nach gewirkt, und die jetzigen Charaktere in ihnen be- ſeſtiget haben. Der Einfluß dieſer Urſachen iſt aber durch die Laͤnge der Zeit ſo ſtark geworden und hat ihre Wirkung ſo tief der Natur eingepraͤgt, daß, wenn die ſchon modificirten Jndividuen den entgegengeſetzten Ur- ſachen bloß geſtellet werden, das Eigene von ihnen nicht anders als mit der Zeit, in der Folge der Generatio- nen gehoben werden kann. Dagegen wenn der Unter- ſchied durchaus nicht ohne Vermiſchung der Saamen zu heben iſt, ſo kann ſolcher auch nicht entſtanden ſeyn, oh- ne eine urſpruͤngliche Verſchiedenheit der Saamen und der Stammeltern. Hier hoͤrt die Einartigkeit auf, und hier iſt auch die Grenze der Verſchiedenheit der wirklichen Menſchen- gattun- N n 3

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Zitationshilfe: Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 565. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/595>, abgerufen am 22.11.2024.