gen, die auf die Bevölkerung und auf die Vergrößerung des allgemeinen Wohlstandes gerichtet sind, sich immer mehr über die Erde ausbreiten und fruchtbarer werden?
Noch mehr. Was läßt sich nicht erwarten, wenn man mit dem Eifer für die Erziehung der Jugend, der jetzo so rege gemacht ist, fortfähret? wenn die Versu- che fortgesetzt werden, die einige vortreffliche Männer gemacht haben, die gemeinnützigen Kenntnisse aller Art, besonders aber die Wahrheiten der Religion und Mo- ral, so allgemein faßlich und interessant vorzutragen, daß sie nicht nur dem gewöhnlichsten Menschenverstande auffallen, sondern ihn zugleich zum weitern Nachden- ken erwecken? Man könnte jetzo fast schon eine Bauern- bibliothek zusammenbringen, die zu ihrem Zweck ziem- lich vollständig sey. Die Hauptsache wird freylich dar- auf ankommen, daß der Mensch aufgemuntert werde, sich als ein selbstthätiges und vernünftiges Wesen zu fühlen, und als ein solches zu handeln. Es muß ihm als eine Lehre seines Katechismus eingeschärfet werden, daß jeder nicht nur berechtiget, sondern auch verpflichtet sey, nach dem Maße seiner Zeit und Kräfte über das, was er gelehret wird, zu denken, so gut er kann es zu untersuchen, und durch Unterredungen mit andern sich darüber zu belehren. Dabey müßte ihm gesagt wer- den, daß es nicht schädlich oder gefährlich sey, wenn er auch bey diesem Verfahren auf einen Jrrthum gerathen sollte, wofern er nur sonsten redlich zu Werke gehe. Und da diese Denkungsart nicht allgemein werden, noch sich lange erhalten kann, ohne daß die Freyheit des Gei- stes allgemein werde, die sich im Reden und Schriften offenbaret: so ist es von selbst klar, in welcher Bezie- hung die letztere auf die Entwickelung und Aufklärung der Menschheit stehe. Daß unsere Zeiten auch hierinn ei- nen Vorzug haben, ist nicht zu läugnen; so viele Ursa- chen noch zurück seyn mögen, mit Tacitus Worten zu
sagen:
und Entwickelung des Menſchen.
gen, die auf die Bevoͤlkerung und auf die Vergroͤßerung des allgemeinen Wohlſtandes gerichtet ſind, ſich immer mehr uͤber die Erde ausbreiten und fruchtbarer werden?
Noch mehr. Was laͤßt ſich nicht erwarten, wenn man mit dem Eifer fuͤr die Erziehung der Jugend, der jetzo ſo rege gemacht iſt, fortfaͤhret? wenn die Verſu- che fortgeſetzt werden, die einige vortreffliche Maͤnner gemacht haben, die gemeinnuͤtzigen Kenntniſſe aller Art, beſonders aber die Wahrheiten der Religion und Mo- ral, ſo allgemein faßlich und intereſſant vorzutragen, daß ſie nicht nur dem gewoͤhnlichſten Menſchenverſtande auffallen, ſondern ihn zugleich zum weitern Nachden- ken erwecken? Man koͤnnte jetzo faſt ſchon eine Bauern- bibliothek zuſammenbringen, die zu ihrem Zweck ziem- lich vollſtaͤndig ſey. Die Hauptſache wird freylich dar- auf ankommen, daß der Menſch aufgemuntert werde, ſich als ein ſelbſtthaͤtiges und vernuͤnftiges Weſen zu fuͤhlen, und als ein ſolches zu handeln. Es muß ihm als eine Lehre ſeines Katechismus eingeſchaͤrfet werden, daß jeder nicht nur berechtiget, ſondern auch verpflichtet ſey, nach dem Maße ſeiner Zeit und Kraͤfte uͤber das, was er gelehret wird, zu denken, ſo gut er kann es zu unterſuchen, und durch Unterredungen mit andern ſich daruͤber zu belehren. Dabey muͤßte ihm geſagt wer- den, daß es nicht ſchaͤdlich oder gefaͤhrlich ſey, wenn er auch bey dieſem Verfahren auf einen Jrrthum gerathen ſollte, wofern er nur ſonſten redlich zu Werke gehe. Und da dieſe Denkungsart nicht allgemein werden, noch ſich lange erhalten kann, ohne daß die Freyheit des Gei- ſtes allgemein werde, die ſich im Reden und Schriften offenbaret: ſo iſt es von ſelbſt klar, in welcher Bezie- hung die letztere auf die Entwickelung und Aufklaͤrung der Menſchheit ſtehe. Daß unſere Zeiten auch hierinn ei- nen Vorzug haben, iſt nicht zu laͤugnen; ſo viele Urſa- chen noch zuruͤck ſeyn moͤgen, mit Tacitus Worten zu
ſagen:
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und Entwickelung des Menſchen.
gen, die auf die Bevoͤlkerung und auf die Vergroͤßerung
des allgemeinen Wohlſtandes gerichtet ſind, ſich immer
mehr uͤber die Erde ausbreiten und fruchtbarer werden?
Noch mehr. Was laͤßt ſich nicht erwarten, wenn
man mit dem Eifer fuͤr die Erziehung der Jugend, der
jetzo ſo rege gemacht iſt, fortfaͤhret? wenn die Verſu-
che fortgeſetzt werden, die einige vortreffliche Maͤnner
gemacht haben, die gemeinnuͤtzigen Kenntniſſe aller Art,
beſonders aber die Wahrheiten der Religion und Mo-
ral, ſo allgemein faßlich und intereſſant vorzutragen,
daß ſie nicht nur dem gewoͤhnlichſten Menſchenverſtande
auffallen, ſondern ihn zugleich zum weitern Nachden-
ken erwecken? Man koͤnnte jetzo faſt ſchon eine Bauern-
bibliothek zuſammenbringen, die zu ihrem Zweck ziem-
lich vollſtaͤndig ſey. Die Hauptſache wird freylich dar-
auf ankommen, daß der Menſch aufgemuntert werde,
ſich als ein ſelbſtthaͤtiges und vernuͤnftiges Weſen zu
fuͤhlen, und als ein ſolches zu handeln. Es muß ihm
als eine Lehre ſeines Katechismus eingeſchaͤrfet werden,
daß jeder nicht nur berechtiget, ſondern auch verpflichtet
ſey, nach dem Maße ſeiner Zeit und Kraͤfte uͤber das,
was er gelehret wird, zu denken, ſo gut er kann es
zu unterſuchen, und durch Unterredungen mit andern
ſich daruͤber zu belehren. Dabey muͤßte ihm geſagt wer-
den, daß es nicht ſchaͤdlich oder gefaͤhrlich ſey, wenn er
auch bey dieſem Verfahren auf einen Jrrthum gerathen
ſollte, wofern er nur ſonſten redlich zu Werke gehe.
Und da dieſe Denkungsart nicht allgemein werden, noch
ſich lange erhalten kann, ohne daß die Freyheit des Gei-
ſtes allgemein werde, die ſich im Reden und Schriften
offenbaret: ſo iſt es von ſelbſt klar, in welcher Bezie-
hung die letztere auf die Entwickelung und Aufklaͤrung
der Menſchheit ſtehe. Daß unſere Zeiten auch hierinn ei-
nen Vorzug haben, iſt nicht zu laͤugnen; ſo viele Urſa-
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 781. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/811>, abgerufen am 24.11.2024.
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