gen und Wirkungen ihres Wohlbefindens, und Beweise davon. Mag eine angenehme Empfindung der Voll- kommenheit der Seele im Ganzen schädlich, und eine Folge von Schwäche und Unvollkommenheit seyn: so ist sie ihr es doch nicht in Hinsicht ihrer fühlenden Kraft, noch eine Wirkung von ihrer Schwäche an dieser Seite. Es verhält sich mit dem Wohlstande der Organisation auf dieselbige Weise. Es läßt sich also das Gefühl aus dem Wohlseyn des Körpers, auf die Seele zurückge- führt, ansehen als ein Gefühl aus ihrem eigenen Wohl- seyn, oder als ein Gefühl eines Zustandes in ihr, welcher eine Folge von der Unterhaltung der Gefühlskraft ist.
3) Kommt man nun zu der Frage, was das Un- terscheidungsmerkmal der angenehmen und unange- nehmen Veränderungen, oder vielmehr der Gefühle von diesen überhaupt sey: so ist es nicht schwer, die verschie- denen Begriffe der Philosophen davon mit einander zu vereinigen, und mit dem einen oder dem andern Princip zur Noth auszukommen, wenn die Beobachtungen er- klärt werden sollen. Aber auf der andern Seite ist es nicht nur schwer, sondern vielleicht unmöglich, ein sol- ches Princip anzugeben, das nicht etwas zu einseitig sey, und dem nicht einige Unzulänglichkeit bei der An- wendung auf alle Arten der sinnlichen, intellektuellen und moralischen Empfindungen vorgeworfen werden könnte, auch ohne nach Art der seichten Zänker nur schikaniren zu wollen. Vielfache leichte Unterhaltung ist angenehm. Leichte Thätigkeit der Kräfte, vielbefassen- de Beschäftigung des Sinnes, giebt Vergnügen. Je voller, mannichfaltiger, ausgedehnter, intensiv stärker die Modifikation ist, die auf einmal gefühlet wird, desto größer ist, so zu sagen, das gegenwärtige Seyn der Seele, die, indem sie ihre Veränderungen fühlt, ihr Daseyn, oder sich selbst, fühlt. Unthätigkeit, Mangel an fühlbaren Veränderungen, giebt kein Gefühl, ist eine
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und Entwickelung des Menſchen.
gen und Wirkungen ihres Wohlbefindens, und Beweiſe davon. Mag eine angenehme Empfindung der Voll- kommenheit der Seele im Ganzen ſchaͤdlich, und eine Folge von Schwaͤche und Unvollkommenheit ſeyn: ſo iſt ſie ihr es doch nicht in Hinſicht ihrer fuͤhlenden Kraft, noch eine Wirkung von ihrer Schwaͤche an dieſer Seite. Es verhaͤlt ſich mit dem Wohlſtande der Organiſation auf dieſelbige Weiſe. Es laͤßt ſich alſo das Gefuͤhl aus dem Wohlſeyn des Koͤrpers, auf die Seele zuruͤckge- fuͤhrt, anſehen als ein Gefuͤhl aus ihrem eigenen Wohl- ſeyn, oder als ein Gefuͤhl eines Zuſtandes in ihr, welcher eine Folge von der Unterhaltung der Gefuͤhlskraft iſt.
3) Kommt man nun zu der Frage, was das Un- terſcheidungsmerkmal der angenehmen und unange- nehmen Veraͤnderungen, oder vielmehr der Gefuͤhle von dieſen uͤberhaupt ſey: ſo iſt es nicht ſchwer, die verſchie- denen Begriffe der Philoſophen davon mit einander zu vereinigen, und mit dem einen oder dem andern Princip zur Noth auszukommen, wenn die Beobachtungen er- klaͤrt werden ſollen. Aber auf der andern Seite iſt es nicht nur ſchwer, ſondern vielleicht unmoͤglich, ein ſol- ches Princip anzugeben, das nicht etwas zu einſeitig ſey, und dem nicht einige Unzulaͤnglichkeit bei der An- wendung auf alle Arten der ſinnlichen, intellektuellen und moraliſchen Empfindungen vorgeworfen werden koͤnnte, auch ohne nach Art der ſeichten Zaͤnker nur ſchikaniren zu wollen. Vielfache leichte Unterhaltung iſt angenehm. Leichte Thaͤtigkeit der Kraͤfte, vielbefaſſen- de Beſchaͤftigung des Sinnes, giebt Vergnuͤgen. Je voller, mannichfaltiger, ausgedehnter, intenſiv ſtaͤrker die Modifikation iſt, die auf einmal gefuͤhlet wird, deſto groͤßer iſt, ſo zu ſagen, das gegenwaͤrtige Seyn der Seele, die, indem ſie ihre Veraͤnderungen fuͤhlt, ihr Daſeyn, oder ſich ſelbſt, fuͤhlt. Unthaͤtigkeit, Mangel an fuͤhlbaren Veraͤnderungen, giebt kein Gefuͤhl, iſt eine
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und Entwickelung des Menſchen.
gen und Wirkungen ihres Wohlbefindens, und Beweiſe
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kommenheit der Seele im Ganzen ſchaͤdlich, und eine
Folge von Schwaͤche und Unvollkommenheit ſeyn: ſo iſt
ſie ihr es doch nicht in Hinſicht ihrer fuͤhlenden Kraft,
noch eine Wirkung von ihrer Schwaͤche an dieſer Seite.
Es verhaͤlt ſich mit dem Wohlſtande der Organiſation
auf dieſelbige Weiſe. Es laͤßt ſich alſo das Gefuͤhl aus
dem Wohlſeyn des Koͤrpers, auf die Seele zuruͤckge-
fuͤhrt, anſehen als ein Gefuͤhl aus ihrem eigenen Wohl-
ſeyn, oder als ein Gefuͤhl eines Zuſtandes in ihr, welcher
eine Folge von der Unterhaltung der Gefuͤhlskraft iſt.
3) Kommt man nun zu der Frage, was das Un-
terſcheidungsmerkmal der angenehmen und unange-
nehmen Veraͤnderungen, oder vielmehr der Gefuͤhle von
dieſen uͤberhaupt ſey: ſo iſt es nicht ſchwer, die verſchie-
denen Begriffe der Philoſophen davon mit einander zu
vereinigen, und mit dem einen oder dem andern Princip
zur Noth auszukommen, wenn die Beobachtungen er-
klaͤrt werden ſollen. Aber auf der andern Seite iſt es
nicht nur ſchwer, ſondern vielleicht unmoͤglich, ein ſol-
ches Princip anzugeben, das nicht etwas zu einſeitig
ſey, und dem nicht einige Unzulaͤnglichkeit bei der An-
wendung auf alle Arten der ſinnlichen, intellektuellen
und moraliſchen Empfindungen vorgeworfen werden
koͤnnte, auch ohne nach Art der ſeichten Zaͤnker nur
ſchikaniren zu wollen. Vielfache leichte Unterhaltung iſt
angenehm. Leichte Thaͤtigkeit der Kraͤfte, vielbefaſſen-
de Beſchaͤftigung des Sinnes, giebt Vergnuͤgen. Je
voller, mannichfaltiger, ausgedehnter, intenſiv ſtaͤrker
die Modifikation iſt, die auf einmal gefuͤhlet wird, deſto
groͤßer iſt, ſo zu ſagen, das gegenwaͤrtige Seyn der
Seele, die, indem ſie ihre Veraͤnderungen fuͤhlt, ihr
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an fuͤhlbaren Veraͤnderungen, giebt kein Gefuͤhl, iſt eine
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Tetens, Johann Nicolas: Philosophische Versuche über die menschliche Natur und ihre Entwickelung. Bd. 2. Leipzig, 1777, S. 809. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/tetens_versuche02_1777/839>, abgerufen am 23.11.2024.
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