Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

Vorrede.
figsten Formen bei jeder Thierart besonders angegeben wird; damit der
rationelle Landwirth sich wenigstens von den gewöhnlichen Kurschmieden,
Hirten und Quacksalbern unabhängig erhalten, den wahren Arzt aber
würdigen könne.

Die Lehre von der mit der Landwirthschaft -- in Hinsicht der Be-
nutzung der Produkte sowohl als der Viehzucht -- in näherer und
zweckmäßiger Verbindung stehenden technischen Gewerbe, wird das
Werk in einem besonderen Supplementbande schließen.

Ohne jene Hinsicht auf den Kursus des Mögelinschen Unterrichts
hätte ich vielleicht eine andere Ordnung gewählt, und die abstraktere
Lehre von der Oekonomie zuletzt behandelt. Ich zweifle indessen, ob dies
dem Bedürfnisse derer, welche nach diesem Werke die Landwirthschaft
rationell studieren wollen, angemessener gewesen wäre; vielmehr hat mich
nunmehr die Erfahrung bei dem größten Theile meiner Zuhörer gelehrt,
daß in jener Ordnung die klarste und deutlichste Ansicht entstehe. So
lange man das Ganze nicht übersieht, sind einseitige und schwer wieder zu
verlöschende Eindrücke beinahe unvermeidlich, und diese haben der Theorie
und der Praxis der Landwirthschaft vielen Nachtheil gebracht. Hätte
ich eine andere Ordnung gewählt, so würde ich das Werk auf einmal
herausgegeben haben, welches sich unter den jetzigen Zeitumständen noch
lange hätte verzögern müssen.

Ich fühlte aber eine Verpflichtung, dieses Werk entweder in dieser
konzentrirten Form oder in einer ausführlichen bald herauszugeben.
Meine englische Landwirthschaft und einige andere Schriften hatten
einen bis dahin beispiellosen Eifer für die Landwirthschaft, das Gefühl
und die Ueberzeugung von der Möglichkeit eines höheren Betriebes und
die Sehnsucht nach der möglichsten Vollkommenheit allgemein erregt.
Aber der einseitigen Ansicht wegen, die manche nach jenem Werke gefaßt
hatten, verfielen die, welche am raschesten zum Ziele hinstrebten, auf Ab-
wege, wodurch sie es verfehlten, aber doch später und mit größerem Auf-
wande, als nöthig war, erreichten. Andere schwankten von einem

Vorrede.
figſten Formen bei jeder Thierart beſonders angegeben wird; damit der
rationelle Landwirth ſich wenigſtens von den gewoͤhnlichen Kurſchmieden,
Hirten und Quackſalbern unabhaͤngig erhalten, den wahren Arzt aber
wuͤrdigen koͤnne.

Die Lehre von der mit der Landwirthſchaft — in Hinſicht der Be-
nutzung der Produkte ſowohl als der Viehzucht — in naͤherer und
zweckmaͤßiger Verbindung ſtehenden techniſchen Gewerbe, wird das
Werk in einem beſonderen Supplementbande ſchließen.

Ohne jene Hinſicht auf den Kurſus des Moͤgelinſchen Unterrichts
haͤtte ich vielleicht eine andere Ordnung gewaͤhlt, und die abſtraktere
Lehre von der Oekonomie zuletzt behandelt. Ich zweifle indeſſen, ob dies
dem Beduͤrfniſſe derer, welche nach dieſem Werke die Landwirthſchaft
rationell ſtudieren wollen, angemeſſener geweſen waͤre; vielmehr hat mich
nunmehr die Erfahrung bei dem groͤßten Theile meiner Zuhoͤrer gelehrt,
daß in jener Ordnung die klarſte und deutlichſte Anſicht entſtehe. So
lange man das Ganze nicht uͤberſieht, ſind einſeitige und ſchwer wieder zu
verloͤſchende Eindruͤcke beinahe unvermeidlich, und dieſe haben der Theorie
und der Praxis der Landwirthſchaft vielen Nachtheil gebracht. Haͤtte
ich eine andere Ordnung gewaͤhlt, ſo wuͤrde ich das Werk auf einmal
herausgegeben haben, welches ſich unter den jetzigen Zeitumſtaͤnden noch
lange haͤtte verzoͤgern muͤſſen.

Ich fuͤhlte aber eine Verpflichtung, dieſes Werk entweder in dieſer
konzentrirten Form oder in einer ausfuͤhrlichen bald herauszugeben.
Meine engliſche Landwirthſchaft und einige andere Schriften hatten
einen bis dahin beiſpielloſen Eifer fuͤr die Landwirthſchaft, das Gefuͤhl
und die Ueberzeugung von der Moͤglichkeit eines hoͤheren Betriebes und
die Sehnſucht nach der moͤglichſten Vollkommenheit allgemein erregt.
Aber der einſeitigen Anſicht wegen, die manche nach jenem Werke gefaßt
hatten, verfielen die, welche am raſcheſten zum Ziele hinſtrebten, auf Ab-
wege, wodurch ſie es verfehlten, aber doch ſpaͤter und mit groͤßerem Auf-
wande, als noͤthig war, erreichten. Andere ſchwankten von einem

<TEI>
  <text>
    <front>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0011" n="V"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Vorrede</hi>.</fw><lb/>
fig&#x017F;ten Formen bei jeder Thierart be&#x017F;onders angegeben wird; damit der<lb/>
rationelle Landwirth &#x017F;ich wenig&#x017F;tens von den gewo&#x0364;hnlichen Kur&#x017F;chmieden,<lb/>
Hirten und Quack&#x017F;albern unabha&#x0364;ngig erhalten, den wahren Arzt aber<lb/>
wu&#x0364;rdigen ko&#x0364;nne.</p><lb/>
        <p>Die Lehre von der mit der Landwirth&#x017F;chaft &#x2014; in Hin&#x017F;icht der Be-<lb/>
nutzung der Produkte &#x017F;owohl als der Viehzucht &#x2014; in na&#x0364;herer und<lb/>
zweckma&#x0364;ßiger Verbindung &#x017F;tehenden techni&#x017F;chen Gewerbe, wird das<lb/>
Werk in einem be&#x017F;onderen Supplementbande &#x017F;chließen.</p><lb/>
        <p>Ohne jene Hin&#x017F;icht auf den Kur&#x017F;us des Mo&#x0364;gelin&#x017F;chen Unterrichts<lb/>
ha&#x0364;tte ich vielleicht eine <hi rendition="#g">andere</hi> Ordnung gewa&#x0364;hlt, und die ab&#x017F;traktere<lb/>
Lehre von der Oekonomie zuletzt behandelt. Ich zweifle inde&#x017F;&#x017F;en, ob dies<lb/>
dem Bedu&#x0364;rfni&#x017F;&#x017F;e derer, welche nach die&#x017F;em Werke die Landwirth&#x017F;chaft<lb/>
rationell &#x017F;tudieren wollen, angeme&#x017F;&#x017F;ener gewe&#x017F;en wa&#x0364;re; vielmehr hat mich<lb/>
nunmehr die Erfahrung bei dem gro&#x0364;ßten Theile meiner Zuho&#x0364;rer gelehrt,<lb/>
daß in jener Ordnung die klar&#x017F;te und deutlich&#x017F;te An&#x017F;icht ent&#x017F;tehe. So<lb/>
lange man das Ganze nicht u&#x0364;ber&#x017F;ieht, &#x017F;ind ein&#x017F;eitige und &#x017F;chwer wieder zu<lb/>
verlo&#x0364;&#x017F;chende Eindru&#x0364;cke beinahe unvermeidlich, und die&#x017F;e haben der Theorie<lb/>
und der Praxis der Landwirth&#x017F;chaft vielen Nachtheil gebracht. Ha&#x0364;tte<lb/>
ich eine andere Ordnung gewa&#x0364;hlt, &#x017F;o wu&#x0364;rde ich das Werk auf einmal<lb/>
herausgegeben haben, welches &#x017F;ich unter den jetzigen Zeitum&#x017F;ta&#x0364;nden noch<lb/>
lange ha&#x0364;tte verzo&#x0364;gern mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Ich fu&#x0364;hlte aber eine Verpflichtung, die&#x017F;es Werk entweder in die&#x017F;er<lb/>
konzentrirten Form oder in einer ausfu&#x0364;hrlichen <hi rendition="#g">bald</hi> herauszugeben.<lb/>
Meine engli&#x017F;che Landwirth&#x017F;chaft und einige andere Schriften hatten<lb/>
einen bis dahin bei&#x017F;piello&#x017F;en Eifer fu&#x0364;r die Landwirth&#x017F;chaft, das Gefu&#x0364;hl<lb/>
und die Ueberzeugung von der Mo&#x0364;glichkeit eines ho&#x0364;heren Betriebes und<lb/>
die Sehn&#x017F;ucht nach der mo&#x0364;glich&#x017F;ten Vollkommenheit allgemein erregt.<lb/>
Aber der ein&#x017F;eitigen An&#x017F;icht wegen, die manche nach jenem Werke gefaßt<lb/>
hatten, verfielen die, welche am ra&#x017F;che&#x017F;ten zum Ziele hin&#x017F;trebten, auf Ab-<lb/>
wege, wodurch &#x017F;ie es verfehlten, aber doch &#x017F;pa&#x0364;ter und mit gro&#x0364;ßerem Auf-<lb/>
wande, als no&#x0364;thig war, erreichten. Andere &#x017F;chwankten von einem<lb/></p>
      </div>
    </front>
  </text>
</TEI>
[V/0011] Vorrede. figſten Formen bei jeder Thierart beſonders angegeben wird; damit der rationelle Landwirth ſich wenigſtens von den gewoͤhnlichen Kurſchmieden, Hirten und Quackſalbern unabhaͤngig erhalten, den wahren Arzt aber wuͤrdigen koͤnne. Die Lehre von der mit der Landwirthſchaft — in Hinſicht der Be- nutzung der Produkte ſowohl als der Viehzucht — in naͤherer und zweckmaͤßiger Verbindung ſtehenden techniſchen Gewerbe, wird das Werk in einem beſonderen Supplementbande ſchließen. Ohne jene Hinſicht auf den Kurſus des Moͤgelinſchen Unterrichts haͤtte ich vielleicht eine andere Ordnung gewaͤhlt, und die abſtraktere Lehre von der Oekonomie zuletzt behandelt. Ich zweifle indeſſen, ob dies dem Beduͤrfniſſe derer, welche nach dieſem Werke die Landwirthſchaft rationell ſtudieren wollen, angemeſſener geweſen waͤre; vielmehr hat mich nunmehr die Erfahrung bei dem groͤßten Theile meiner Zuhoͤrer gelehrt, daß in jener Ordnung die klarſte und deutlichſte Anſicht entſtehe. So lange man das Ganze nicht uͤberſieht, ſind einſeitige und ſchwer wieder zu verloͤſchende Eindruͤcke beinahe unvermeidlich, und dieſe haben der Theorie und der Praxis der Landwirthſchaft vielen Nachtheil gebracht. Haͤtte ich eine andere Ordnung gewaͤhlt, ſo wuͤrde ich das Werk auf einmal herausgegeben haben, welches ſich unter den jetzigen Zeitumſtaͤnden noch lange haͤtte verzoͤgern muͤſſen. Ich fuͤhlte aber eine Verpflichtung, dieſes Werk entweder in dieſer konzentrirten Form oder in einer ausfuͤhrlichen bald herauszugeben. Meine engliſche Landwirthſchaft und einige andere Schriften hatten einen bis dahin beiſpielloſen Eifer fuͤr die Landwirthſchaft, das Gefuͤhl und die Ueberzeugung von der Moͤglichkeit eines hoͤheren Betriebes und die Sehnſucht nach der moͤglichſten Vollkommenheit allgemein erregt. Aber der einſeitigen Anſicht wegen, die manche nach jenem Werke gefaßt hatten, verfielen die, welche am raſcheſten zum Ziele hinſtrebten, auf Ab- wege, wodurch ſie es verfehlten, aber doch ſpaͤter und mit groͤßerem Auf- wande, als noͤthig war, erreichten. Andere ſchwankten von einem

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/11
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. V. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/11>, abgerufen am 23.11.2024.