Stillstand der übrigen Ackergeschäfte eintritt; weshalb man in großen Wirthschaf- ten ohne überflüßiges Gespann das Winterfeld nur dann zur Saat früh genug im Stande haben zu können glaubt, wenn es durch die Brache vorbereitet worden, sonst aber immer die so nachtheilige Verspätung derselben besorgt.
§. 310.
Wie Brache nur entbehr- lich werden könne.Ungeachtet die Brache also durch die Aufopferung einer jährigen Benutzung eines großen Theils des Bodens, zumal des guten, und durch die viele Bearbei- tung sehr kostspielig wird, so kann dennoch eine Wirthschaft, die häufig nach ein- ander Getreide baut, bei der gewöhnlichen und in den meisten Fällen nur mögli- chen Kultur, jener Vortheile wegen, ihrer nicht entbehren. Selbst bei der star- ken Düngung, welche die Felder in städtischen Fluren zuweilen erhalten, hat die Unterlassung derselben allgemein den Erfolg gezeigt, daß das Getreide, des üppigen Anscheins im Frühjahre ungeachtet, dennoch an Körnern höchst geringe lohnte, auch endlich das Unkraut so überhand nahm, und der Boden eine so nachtheilige Beschaffenheit bekam, daß man zur Haltung der Brache genöthigt wurde. Da aber auch diese in einem Jahre eine eingewurzelte Unart des Ackers nicht zu heben vermögend ist, so hat man sich mehrentheils genöthigt gesehen, solches Land eine Reihe von Jahren dem wilden Graswuchse zu überlassen, und es, was wegen der großen Dungkraft möglich war, zum Heuschlage zu benutzen; worauf es dann erst nach sorgfaltiger Bearbeitung zum lohnenden Körnerbau wieder in Stand gesetzt wird. Nur bei einer ungleich sorgfältigern Bearbeitung, wie sie z. B. die Belgen ihrem Acker geben, indem sie die Erdkrume, nachdem sie wohl durchgearbeitet, nicht bloß mit dem Pfluge, sondern auch mit der Egge, Walze und andern Werk- zeuen aufs sorgfältigste gepulvert ist, in hohen schmalen Beeten zusammenhäufen, die Mitte derselben nur besäen, die Kanten aber sorgfältig aufgelockert der atmo- sphärischen Einwirkung aussetzen, dann aber auch, zwar nicht nach den strengsten Regeln des Fruchtwechsels, aber doch häufig und so oft sie es nützlich finden andere Gewächsarten bauen, und dann zugleich mit der Hand jede Frucht behacken und jäten, -- läßt sich die Brache ohne Verwilderung entbehren.
Indessen ist auch eine dreijährige Wiederholung der Brache nicht so nothwen- dig, wie man vormals annahm, und der Acker kann, unter gewissen Bedingun- gen, durch die Benutzung derselben mit verschiedenen Gewächsen, welche Futte-
Das Felderſyſtem.
Stillſtand der uͤbrigen Ackergeſchaͤfte eintritt; weshalb man in großen Wirthſchaf- ten ohne uͤberfluͤßiges Geſpann das Winterfeld nur dann zur Saat fruͤh genug im Stande haben zu koͤnnen glaubt, wenn es durch die Brache vorbereitet worden, ſonſt aber immer die ſo nachtheilige Verſpaͤtung derſelben beſorgt.
§. 310.
Wie Brache nur entbehr- lich werden koͤnne.Ungeachtet die Brache alſo durch die Aufopferung einer jaͤhrigen Benutzung eines großen Theils des Bodens, zumal des guten, und durch die viele Bearbei- tung ſehr koſtſpielig wird, ſo kann dennoch eine Wirthſchaft, die haͤufig nach ein- ander Getreide baut, bei der gewoͤhnlichen und in den meiſten Faͤllen nur moͤgli- chen Kultur, jener Vortheile wegen, ihrer nicht entbehren. Selbſt bei der ſtar- ken Duͤngung, welche die Felder in ſtaͤdtiſchen Fluren zuweilen erhalten, hat die Unterlaſſung derſelben allgemein den Erfolg gezeigt, daß das Getreide, des uͤppigen Anſcheins im Fruͤhjahre ungeachtet, dennoch an Koͤrnern hoͤchſt geringe lohnte, auch endlich das Unkraut ſo uͤberhand nahm, und der Boden eine ſo nachtheilige Beſchaffenheit bekam, daß man zur Haltung der Brache genoͤthigt wurde. Da aber auch dieſe in einem Jahre eine eingewurzelte Unart des Ackers nicht zu heben vermoͤgend iſt, ſo hat man ſich mehrentheils genoͤthigt geſehen, ſolches Land eine Reihe von Jahren dem wilden Graswuchſe zu uͤberlaſſen, und es, was wegen der großen Dungkraft moͤglich war, zum Heuſchlage zu benutzen; worauf es dann erſt nach ſorgfaltiger Bearbeitung zum lohnenden Koͤrnerbau wieder in Stand geſetzt wird. Nur bei einer ungleich ſorgfaͤltigern Bearbeitung, wie ſie z. B. die Belgen ihrem Acker geben, indem ſie die Erdkrume, nachdem ſie wohl durchgearbeitet, nicht bloß mit dem Pfluge, ſondern auch mit der Egge, Walze und andern Werk- zeuen aufs ſorgfaͤltigſte gepulvert iſt, in hohen ſchmalen Beeten zuſammenhaͤufen, die Mitte derſelben nur beſaͤen, die Kanten aber ſorgfaͤltig aufgelockert der atmo- ſphaͤriſchen Einwirkung ausſetzen, dann aber auch, zwar nicht nach den ſtrengſten Regeln des Fruchtwechſels, aber doch haͤufig und ſo oft ſie es nuͤtzlich finden andere Gewaͤchsarten bauen, und dann zugleich mit der Hand jede Frucht behacken und jaͤten, — laͤßt ſich die Brache ohne Verwilderung entbehren.
Indeſſen iſt auch eine dreijaͤhrige Wiederholung der Brache nicht ſo nothwen- dig, wie man vormals annahm, und der Acker kann, unter gewiſſen Bedingun- gen, durch die Benutzung derſelben mit verſchiedenen Gewaͤchſen, welche Futte-
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Das Felderſyſtem.
Stillſtand der uͤbrigen Ackergeſchaͤfte eintritt; weshalb man in großen Wirthſchaf-
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Stande haben zu koͤnnen glaubt, wenn es durch die Brache vorbereitet worden,
ſonſt aber immer die ſo nachtheilige Verſpaͤtung derſelben beſorgt.
§. 310.
Ungeachtet die Brache alſo durch die Aufopferung einer jaͤhrigen Benutzung
eines großen Theils des Bodens, zumal des guten, und durch die viele Bearbei-
tung ſehr koſtſpielig wird, ſo kann dennoch eine Wirthſchaft, die haͤufig nach ein-
ander Getreide baut, bei der gewoͤhnlichen und in den meiſten Faͤllen nur moͤgli-
chen Kultur, jener Vortheile wegen, ihrer nicht entbehren. Selbſt bei der ſtar-
ken Duͤngung, welche die Felder in ſtaͤdtiſchen Fluren zuweilen erhalten, hat die
Unterlaſſung derſelben allgemein den Erfolg gezeigt, daß das Getreide, des uͤppigen
Anſcheins im Fruͤhjahre ungeachtet, dennoch an Koͤrnern hoͤchſt geringe lohnte,
auch endlich das Unkraut ſo uͤberhand nahm, und der Boden eine ſo nachtheilige
Beſchaffenheit bekam, daß man zur Haltung der Brache genoͤthigt wurde. Da
aber auch dieſe in einem Jahre eine eingewurzelte Unart des Ackers nicht zu heben
vermoͤgend iſt, ſo hat man ſich mehrentheils genoͤthigt geſehen, ſolches Land eine
Reihe von Jahren dem wilden Graswuchſe zu uͤberlaſſen, und es, was wegen der
großen Dungkraft moͤglich war, zum Heuſchlage zu benutzen; worauf es dann erſt
nach ſorgfaltiger Bearbeitung zum lohnenden Koͤrnerbau wieder in Stand geſetzt
wird. Nur bei einer ungleich ſorgfaͤltigern Bearbeitung, wie ſie z. B. die Belgen
ihrem Acker geben, indem ſie die Erdkrume, nachdem ſie wohl durchgearbeitet,
nicht bloß mit dem Pfluge, ſondern auch mit der Egge, Walze und andern Werk-
zeuen aufs ſorgfaͤltigſte gepulvert iſt, in hohen ſchmalen Beeten zuſammenhaͤufen,
die Mitte derſelben nur beſaͤen, die Kanten aber ſorgfaͤltig aufgelockert der atmo-
ſphaͤriſchen Einwirkung ausſetzen, dann aber auch, zwar nicht nach den ſtrengſten
Regeln des Fruchtwechſels, aber doch haͤufig und ſo oft ſie es nuͤtzlich finden andere
Gewaͤchsarten bauen, und dann zugleich mit der Hand jede Frucht behacken und
jaͤten, — laͤßt ſich die Brache ohne Verwilderung entbehren.
Wie Brache
nur entbehr-
lich werden
koͤnne.
Indeſſen iſt auch eine dreijaͤhrige Wiederholung der Brache nicht ſo nothwen-
dig, wie man vormals annahm, und der Acker kann, unter gewiſſen Bedingun-
gen, durch die Benutzung derſelben mit verſchiedenen Gewaͤchſen, welche Futte-
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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 298. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/344>, abgerufen am 20.07.2024.
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