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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Das Feldersystem.
denken müssen, wenn ihr Gespann seine zureichende Ernährung bezahlen soll. Wird
es aber durch stärkere Benutzung der Brache verwickelter gemacht, so müssen seine ar-
beitenden Kräfte sogleich vermehrt werden, oder es kommt in den geschäftvollen Zeiten
mit der Arbeit im Rückstand, und erleidet davon mannigfaltigen Schaden. Der
Vorzug, den andere Systeme durch eine gleichmäßigere Beschäftigung des Zugviehs
und der Menschen haben, wird jedem einleuchten, der die Vertheilung der Arbeiten
durch jede Jahreszeit bei selbigem ins Auge faßt.

§. 316.

Ad 4. Daß Trägheit und Indolenz durch ein System befördert werde, kannEinfachheit
seiner Hand-
griffe.

wohl unmöglich demselben zum Ruhme gereichen. So viele Kunstfertigkeit, wie zur
Vollführung jeder andern Bestellungsart erforderlich ist, kann auch dem einfältigsten
und steifsten Menschen beigebracht werden, wenn man nur selbst den Willen und die
Thätigkeit dazu hat. Der Erfolg wird zeigen, daß das Interesse, welches jeder
Mensch an den Früchten seiner Arbeit nimmt, besonders wenn sie ihm künstlicher
scheint, die Thätigkeit und Aufmerksamkeit vermehren. Ueber die Werkzeuge haben
wir uns schon an einem andern Orte erklärt. Freilich ist diese Kunstfertigkeit und diese
Kenntniß der Werkzeuge noch nicht allgemein verbreitet; aber ist es ein Grund, sich
der Verbreitung einer anerkannt guten Sache zu widersetzen, weil sie noch nicht ver-
breitet ist?

§. 317.

Ad 5. Jene Einrichtungen erschweren freilich die Vertauschung dieses SystemsEingeführte
und gesetzliche
Einrichtun-
gen.

gegen ein anderes in den meisten Ländern jedem einzelnen Landwirthe sehr, und ma-
chen sie ihm oft unmöglich. Es ist deshalb auch dem einsichtsvollsten und thätigsten
Landwirthe nicht zu verdenken, wenn er sich den unendlichen, oft damit verbundenen
Schwierigkeiten nicht aussetzen oder gar das Unmögliche nicht unternehmen will, und
ich habe oft erklärt, daß man ein vortrefflicher Landwirth seyn und dennoch bei die-
sen Systemen bleiben könne, vielleicht gar Unverstand verriethe, wenn man bei der
jetzigen Lage der Dinge zu einem andern übergehen wollte. Wenn aber von allgemei-
ner Nutzbarkeit und Vorzuge die Rede ist, so kommen nur die Gesetze der Natur,
nicht die der Menschen in Betracht, indem sich diese vernunftmäßig jenen unterwerfen,
und in Uebereinstimmung damit setzen müssen. Dies kann und wird geschehen allent-
halben, wo klare Begriffe über Staats- und Landwirthschaft in die Kabinette der

Erster Theil. Q q

Das Felderſyſtem.
denken muͤſſen, wenn ihr Geſpann ſeine zureichende Ernaͤhrung bezahlen ſoll. Wird
es aber durch ſtaͤrkere Benutzung der Brache verwickelter gemacht, ſo muͤſſen ſeine ar-
beitenden Kraͤfte ſogleich vermehrt werden, oder es kommt in den geſchaͤftvollen Zeiten
mit der Arbeit im Ruͤckſtand, und erleidet davon mannigfaltigen Schaden. Der
Vorzug, den andere Syſteme durch eine gleichmaͤßigere Beſchaͤftigung des Zugviehs
und der Menſchen haben, wird jedem einleuchten, der die Vertheilung der Arbeiten
durch jede Jahreszeit bei ſelbigem ins Auge faßt.

§. 316.

Ad 4. Daß Traͤgheit und Indolenz durch ein Syſtem befoͤrdert werde, kannEinfachheit
ſeiner Hand-
griffe.

wohl unmoͤglich demſelben zum Ruhme gereichen. So viele Kunſtfertigkeit, wie zur
Vollfuͤhrung jeder andern Beſtellungsart erforderlich iſt, kann auch dem einfaͤltigſten
und ſteifſten Menſchen beigebracht werden, wenn man nur ſelbſt den Willen und die
Thaͤtigkeit dazu hat. Der Erfolg wird zeigen, daß das Intereſſe, welches jeder
Menſch an den Fruͤchten ſeiner Arbeit nimmt, beſonders wenn ſie ihm kuͤnſtlicher
ſcheint, die Thaͤtigkeit und Aufmerkſamkeit vermehren. Ueber die Werkzeuge haben
wir uns ſchon an einem andern Orte erklaͤrt. Freilich iſt dieſe Kunſtfertigkeit und dieſe
Kenntniß der Werkzeuge noch nicht allgemein verbreitet; aber iſt es ein Grund, ſich
der Verbreitung einer anerkannt guten Sache zu widerſetzen, weil ſie noch nicht ver-
breitet iſt?

§. 317.

Ad 5. Jene Einrichtungen erſchweren freilich die Vertauſchung dieſes SyſtemsEingefuͤhrte
und geſetzliche
Einrichtun-
gen.

gegen ein anderes in den meiſten Laͤndern jedem einzelnen Landwirthe ſehr, und ma-
chen ſie ihm oft unmoͤglich. Es iſt deshalb auch dem einſichtsvollſten und thaͤtigſten
Landwirthe nicht zu verdenken, wenn er ſich den unendlichen, oft damit verbundenen
Schwierigkeiten nicht ausſetzen oder gar das Unmoͤgliche nicht unternehmen will, und
ich habe oft erklaͤrt, daß man ein vortrefflicher Landwirth ſeyn und dennoch bei die-
ſen Syſtemen bleiben koͤnne, vielleicht gar Unverſtand verriethe, wenn man bei der
jetzigen Lage der Dinge zu einem andern uͤbergehen wollte. Wenn aber von allgemei-
ner Nutzbarkeit und Vorzuge die Rede iſt, ſo kommen nur die Geſetze der Natur,
nicht die der Menſchen in Betracht, indem ſich dieſe vernunftmaͤßig jenen unterwerfen,
und in Uebereinſtimmung damit ſetzen muͤſſen. Dies kann und wird geſchehen allent-
halben, wo klare Begriffe uͤber Staats- und Landwirthſchaft in die Kabinette der

Erſter Theil. Q q
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[305/0351] Das Felderſyſtem. denken muͤſſen, wenn ihr Geſpann ſeine zureichende Ernaͤhrung bezahlen ſoll. Wird es aber durch ſtaͤrkere Benutzung der Brache verwickelter gemacht, ſo muͤſſen ſeine ar- beitenden Kraͤfte ſogleich vermehrt werden, oder es kommt in den geſchaͤftvollen Zeiten mit der Arbeit im Ruͤckſtand, und erleidet davon mannigfaltigen Schaden. Der Vorzug, den andere Syſteme durch eine gleichmaͤßigere Beſchaͤftigung des Zugviehs und der Menſchen haben, wird jedem einleuchten, der die Vertheilung der Arbeiten durch jede Jahreszeit bei ſelbigem ins Auge faßt. §. 316. Ad 4. Daß Traͤgheit und Indolenz durch ein Syſtem befoͤrdert werde, kann wohl unmoͤglich demſelben zum Ruhme gereichen. So viele Kunſtfertigkeit, wie zur Vollfuͤhrung jeder andern Beſtellungsart erforderlich iſt, kann auch dem einfaͤltigſten und ſteifſten Menſchen beigebracht werden, wenn man nur ſelbſt den Willen und die Thaͤtigkeit dazu hat. Der Erfolg wird zeigen, daß das Intereſſe, welches jeder Menſch an den Fruͤchten ſeiner Arbeit nimmt, beſonders wenn ſie ihm kuͤnſtlicher ſcheint, die Thaͤtigkeit und Aufmerkſamkeit vermehren. Ueber die Werkzeuge haben wir uns ſchon an einem andern Orte erklaͤrt. Freilich iſt dieſe Kunſtfertigkeit und dieſe Kenntniß der Werkzeuge noch nicht allgemein verbreitet; aber iſt es ein Grund, ſich der Verbreitung einer anerkannt guten Sache zu widerſetzen, weil ſie noch nicht ver- breitet iſt? Einfachheit ſeiner Hand- griffe. §. 317. Ad 5. Jene Einrichtungen erſchweren freilich die Vertauſchung dieſes Syſtems gegen ein anderes in den meiſten Laͤndern jedem einzelnen Landwirthe ſehr, und ma- chen ſie ihm oft unmoͤglich. Es iſt deshalb auch dem einſichtsvollſten und thaͤtigſten Landwirthe nicht zu verdenken, wenn er ſich den unendlichen, oft damit verbundenen Schwierigkeiten nicht ausſetzen oder gar das Unmoͤgliche nicht unternehmen will, und ich habe oft erklaͤrt, daß man ein vortrefflicher Landwirth ſeyn und dennoch bei die- ſen Syſtemen bleiben koͤnne, vielleicht gar Unverſtand verriethe, wenn man bei der jetzigen Lage der Dinge zu einem andern uͤbergehen wollte. Wenn aber von allgemei- ner Nutzbarkeit und Vorzuge die Rede iſt, ſo kommen nur die Geſetze der Natur, nicht die der Menſchen in Betracht, indem ſich dieſe vernunftmaͤßig jenen unterwerfen, und in Uebereinſtimmung damit ſetzen muͤſſen. Dies kann und wird geſchehen allent- halben, wo klare Begriffe uͤber Staats- und Landwirthſchaft in die Kabinette der Eingefuͤhrte und geſetzliche Einrichtun- gen. Erſter Theil. Q q

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 305. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/351>, abgerufen am 22.11.2024.