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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809.

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Der Fruchtwechsel.
mit schlechtem Körnerertrage, wenn er gleich in einem Boden, der vom vorigen
Jahre noch unzersetzten Dünger enthält, im zweiten Jahre üppiger wie im er-
sten ins Kraut schießt. Gerste nach Wintergetreide ist in der Regel vortheilhafter,
wie umgekehrt. Wenn aber eine Zwischenfrucht zwischen beide kommt, so scheint
sich's nach vielen Versuchen umgekehrt zu verhalten.

Ueberhaupt kommen Halmfrüchte, die ununterbrochen aufeinanderfolgen,
nie zu der Vollkommenheit und dem Körneransatze, als wenn sie mit Früchten aus
einer andern Klasse abwechseln; weshalb man längst, wo man in der Felderwirth-
schaft die Brache zu bestellen anfing, in selbige doch andere Früchte zu nehmen
sich bewogen fand.

§. 366.

Ungeachtet dies so sehr vor Augen lag, so fielen doch nur wenige auf den Ge-
danken, die Fruchtfolge zu ändern, und z. B. bei der Vierfelderwirthschaft statt
1) Winterung; 2) Sömmerung; 3) Erbsen; nun 1) Winterung; 2) Erbsen;
3) Sömmerung zu säen, und dann Brache zu halten. Einige aber, die es thaten,
standen sich ungleich besser dabei. Sie gewannen mehrere Körner und mehreres
Stroh. Manche deutsche Landwirthe waren der Sache sehr nahe, zu denen auch
der praktische von Eckart in seiner sogenannten Experimental-Oekonomie gehörte.
Aber noch war in diesen Zeiten die Blendung des Vorurtheils so groß, daß man
nicht sah was dicht vor Augen lag, oder seinen Augen nicht traute, wenn das Ge-
sehene der auf Autorität begründeten Meinung widersprach.

Auch Wöllner und selbst Germershausen führten schon Gründe für
jene Einrichtung der Fruchtfolge an. Aber obwohl viele lehrten, daß die aufein-
ander folgenden Früchte um so besser geriethen, je ungleichartiger sie wären, und
niemand dieser Lehre in der Theorie seinen Beifall versagte, so gab doch keiner die
Fruchtfolge des Dreifeldersystems auf. Zwar waren die meisten durch die zum
Gesetz gewordene Observanz des eingeführten Systems daran verhindert; aber es
gab doch viele Gutsbesitzer größerer und kleinerer Art in Deutschland, die mit
ihren Feldern machen konnten, was sie wollten.

Mich selbst hat weder das Nachdenken noch die Lesung der englischen Schriften
zuerst auf diese Folge der Früchte geführt, sondern nur Zufall und Roth, und da

Der Fruchtwechſel.
mit ſchlechtem Koͤrnerertrage, wenn er gleich in einem Boden, der vom vorigen
Jahre noch unzerſetzten Duͤnger enthaͤlt, im zweiten Jahre uͤppiger wie im er-
ſten ins Kraut ſchießt. Gerſte nach Wintergetreide iſt in der Regel vortheilhafter,
wie umgekehrt. Wenn aber eine Zwiſchenfrucht zwiſchen beide kommt, ſo ſcheint
ſich’s nach vielen Verſuchen umgekehrt zu verhalten.

Ueberhaupt kommen Halmfruͤchte, die ununterbrochen aufeinanderfolgen,
nie zu der Vollkommenheit und dem Koͤrneranſatze, als wenn ſie mit Fruͤchten aus
einer andern Klaſſe abwechſeln; weshalb man laͤngſt, wo man in der Felderwirth-
ſchaft die Brache zu beſtellen anfing, in ſelbige doch andere Fruͤchte zu nehmen
ſich bewogen fand.

§. 366.

Ungeachtet dies ſo ſehr vor Augen lag, ſo fielen doch nur wenige auf den Ge-
danken, die Fruchtfolge zu aͤndern, und z. B. bei der Vierfelderwirthſchaft ſtatt
1) Winterung; 2) Soͤmmerung; 3) Erbſen; nun 1) Winterung; 2) Erbſen;
3) Soͤmmerung zu ſaͤen, und dann Brache zu halten. Einige aber, die es thaten,
ſtanden ſich ungleich beſſer dabei. Sie gewannen mehrere Koͤrner und mehreres
Stroh. Manche deutſche Landwirthe waren der Sache ſehr nahe, zu denen auch
der praktiſche von Eckart in ſeiner ſogenannten Experimental-Oekonomie gehoͤrte.
Aber noch war in dieſen Zeiten die Blendung des Vorurtheils ſo groß, daß man
nicht ſah was dicht vor Augen lag, oder ſeinen Augen nicht traute, wenn das Ge-
ſehene der auf Autoritaͤt begruͤndeten Meinung widerſprach.

Auch Woͤllner und ſelbſt Germershauſen fuͤhrten ſchon Gruͤnde fuͤr
jene Einrichtung der Fruchtfolge an. Aber obwohl viele lehrten, daß die aufein-
ander folgenden Fruͤchte um ſo beſſer geriethen, je ungleichartiger ſie waͤren, und
niemand dieſer Lehre in der Theorie ſeinen Beifall verſagte, ſo gab doch keiner die
Fruchtfolge des Dreifelderſyſtems auf. Zwar waren die meiſten durch die zum
Geſetz gewordene Obſervanz des eingefuͤhrten Syſtems daran verhindert; aber es
gab doch viele Gutsbeſitzer groͤßerer und kleinerer Art in Deutſchland, die mit
ihren Feldern machen konnten, was ſie wollten.

Mich ſelbſt hat weder das Nachdenken noch die Leſung der engliſchen Schriften
zuerſt auf dieſe Folge der Fruͤchte gefuͤhrt, ſondern nur Zufall und Roth, und da

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[349/0395] Der Fruchtwechſel. mit ſchlechtem Koͤrnerertrage, wenn er gleich in einem Boden, der vom vorigen Jahre noch unzerſetzten Duͤnger enthaͤlt, im zweiten Jahre uͤppiger wie im er- ſten ins Kraut ſchießt. Gerſte nach Wintergetreide iſt in der Regel vortheilhafter, wie umgekehrt. Wenn aber eine Zwiſchenfrucht zwiſchen beide kommt, ſo ſcheint ſich’s nach vielen Verſuchen umgekehrt zu verhalten. Ueberhaupt kommen Halmfruͤchte, die ununterbrochen aufeinanderfolgen, nie zu der Vollkommenheit und dem Koͤrneranſatze, als wenn ſie mit Fruͤchten aus einer andern Klaſſe abwechſeln; weshalb man laͤngſt, wo man in der Felderwirth- ſchaft die Brache zu beſtellen anfing, in ſelbige doch andere Fruͤchte zu nehmen ſich bewogen fand. §. 366. Ungeachtet dies ſo ſehr vor Augen lag, ſo fielen doch nur wenige auf den Ge- danken, die Fruchtfolge zu aͤndern, und z. B. bei der Vierfelderwirthſchaft ſtatt 1) Winterung; 2) Soͤmmerung; 3) Erbſen; nun 1) Winterung; 2) Erbſen; 3) Soͤmmerung zu ſaͤen, und dann Brache zu halten. Einige aber, die es thaten, ſtanden ſich ungleich beſſer dabei. Sie gewannen mehrere Koͤrner und mehreres Stroh. Manche deutſche Landwirthe waren der Sache ſehr nahe, zu denen auch der praktiſche von Eckart in ſeiner ſogenannten Experimental-Oekonomie gehoͤrte. Aber noch war in dieſen Zeiten die Blendung des Vorurtheils ſo groß, daß man nicht ſah was dicht vor Augen lag, oder ſeinen Augen nicht traute, wenn das Ge- ſehene der auf Autoritaͤt begruͤndeten Meinung widerſprach. Auch Woͤllner und ſelbſt Germershauſen fuͤhrten ſchon Gruͤnde fuͤr jene Einrichtung der Fruchtfolge an. Aber obwohl viele lehrten, daß die aufein- ander folgenden Fruͤchte um ſo beſſer geriethen, je ungleichartiger ſie waͤren, und niemand dieſer Lehre in der Theorie ſeinen Beifall verſagte, ſo gab doch keiner die Fruchtfolge des Dreifelderſyſtems auf. Zwar waren die meiſten durch die zum Geſetz gewordene Obſervanz des eingefuͤhrten Syſtems daran verhindert; aber es gab doch viele Gutsbeſitzer groͤßerer und kleinerer Art in Deutſchland, die mit ihren Feldern machen konnten, was ſie wollten. Mich ſelbſt hat weder das Nachdenken noch die Leſung der engliſchen Schriften zuerſt auf dieſe Folge der Fruͤchte gefuͤhrt, ſondern nur Zufall und Roth, und da

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 1. Berlin, 1809, S. 349. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft01_1809/395>, abgerufen am 26.11.2024.