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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Der Gyps.
ligt stinkenden Geruch, und Fourcroy leitet daher den Gestank in gewissen Gegen-
den von Paris ab.

§. 87.

Die Kalkerde ist der Schwefelsäure näher verwandt, wie die Alkalien;
mithin läßt sich der Gyps durch diese nicht zerlegen. Kohlensaure Alkalien brin-
gen aber eine völlige Zersetzung des Gypses leicht hervor, welches vermittelst einer
doppelten Wahlanziehung bewerkstelligt wird. Kocht man z. B. gepulverten
Gyps in einer Auflösung des kohlensauren Kali, so geht das Kali mit der Schwe-
felsäure und die Kalkerde mit der Kohlensäure zusammen. Diese Kalkerde bleibt
dann als kohlensaurer Kalk unaufgelöst als ein weißes Pulver zurück. Das schwe-
felsaure Kali wird aber in der Flüssigkeit aufgelöst. Diese chemischen Eigenschaf-
ten des Gypses bemerken wir hier besonders in Hinsicht auf die Lehre von der
Gypsdüngung, welche bisher noch dunkel, obwohl durch die augenscheinlichsten
Resultate genug bestätigt war.

§. 88.

Der im Mineralreiche vorkommende Gyps bildet oft ganze Gebirge. ErGyps-Mine-
ralien.

findet sich unter verschiedener Gestalt; entweder als ein pulverförmiger Körper,
oder in derben Massen, oder krystallisirt. Zu den gewöhnlichsten Arten ge-
hören folgende:

1) Der Mehlgyps, gypsartige Bergmilch, Himmelsmehl. Dies
ist Gyps in pulverförmigem Zustande, und er findet sich in der Nachbarschaft von
Gypsfelsen, wo er wohl vermittelst des Wassers abgerissen und in pulverförmiger
Gestalt zu Tage gebracht wird. An einigen Orten sieht man ihn aus der Erde
hervorquillen. In Zeiten der Hungersnoth glaubte man, dies sey vom Himmel
herabgeschicktes Mehl, und vermischte es mit wirklichem Getreidemehle, backte
Brod daraus, was freilich keine Nahrung geben konnte, indessen doch nicht so
tödtlich war, wie manche es von dem mit Gyps vermischten Mehle glaubten.

2) Der gemeine dichte Gypsstein. Man findet ihn an Flötzgebirgen
in großen Massen. Er ist nicht sehr hart, läßt sich mit den Zähnen zerbeißen, wo
er ein Knistern verursacht, nimmt keine Politur an, und ist ziemlich zähe, so daß
man ihn schwer zu Pulver schaffen kann. Man findet ihn von verschiedener
Farbe, meistens gräulich und weiß. Eine Abart von ihm ist der Alabaster,

Der Gyps.
ligt ſtinkenden Geruch, und Fourcroy leitet daher den Geſtank in gewiſſen Gegen-
den von Paris ab.

§. 87.

Die Kalkerde iſt der Schwefelſaͤure naͤher verwandt, wie die Alkalien;
mithin laͤßt ſich der Gyps durch dieſe nicht zerlegen. Kohlenſaure Alkalien brin-
gen aber eine voͤllige Zerſetzung des Gypſes leicht hervor, welches vermittelſt einer
doppelten Wahlanziehung bewerkſtelligt wird. Kocht man z. B. gepulverten
Gyps in einer Aufloͤſung des kohlenſauren Kali, ſo geht das Kali mit der Schwe-
felſaͤure und die Kalkerde mit der Kohlenſaͤure zuſammen. Dieſe Kalkerde bleibt
dann als kohlenſaurer Kalk unaufgeloͤſt als ein weißes Pulver zuruͤck. Das ſchwe-
felſaure Kali wird aber in der Fluͤſſigkeit aufgeloͤſt. Dieſe chemiſchen Eigenſchaf-
ten des Gypſes bemerken wir hier beſonders in Hinſicht auf die Lehre von der
Gypsduͤngung, welche bisher noch dunkel, obwohl durch die augenſcheinlichſten
Reſultate genug beſtaͤtigt war.

§. 88.

Der im Mineralreiche vorkommende Gyps bildet oft ganze Gebirge. ErGyps-Mine-
ralien.

findet ſich unter verſchiedener Geſtalt; entweder als ein pulverfoͤrmiger Koͤrper,
oder in derben Maſſen, oder kryſtalliſirt. Zu den gewoͤhnlichſten Arten ge-
hoͤren folgende:

1) Der Mehlgyps, gypsartige Bergmilch, Himmelsmehl. Dies
iſt Gyps in pulverfoͤrmigem Zuſtande, und er findet ſich in der Nachbarſchaft von
Gypsfelſen, wo er wohl vermittelſt des Waſſers abgeriſſen und in pulverfoͤrmiger
Geſtalt zu Tage gebracht wird. An einigen Orten ſieht man ihn aus der Erde
hervorquillen. In Zeiten der Hungersnoth glaubte man, dies ſey vom Himmel
herabgeſchicktes Mehl, und vermiſchte es mit wirklichem Getreidemehle, backte
Brod daraus, was freilich keine Nahrung geben konnte, indeſſen doch nicht ſo
toͤdtlich war, wie manche es von dem mit Gyps vermiſchten Mehle glaubten.

2) Der gemeine dichte Gypsſtein. Man findet ihn an Floͤtzgebirgen
in großen Maſſen. Er iſt nicht ſehr hart, laͤßt ſich mit den Zaͤhnen zerbeißen, wo
er ein Kniſtern verurſacht, nimmt keine Politur an, und iſt ziemlich zaͤhe, ſo daß
man ihn ſchwer zu Pulver ſchaffen kann. Man findet ihn von verſchiedener
Farbe, meiſtens graͤulich und weiß. Eine Abart von ihm iſt der Alabaſter,

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[93/0137] Der Gyps. ligt ſtinkenden Geruch, und Fourcroy leitet daher den Geſtank in gewiſſen Gegen- den von Paris ab. §. 87. Die Kalkerde iſt der Schwefelſaͤure naͤher verwandt, wie die Alkalien; mithin laͤßt ſich der Gyps durch dieſe nicht zerlegen. Kohlenſaure Alkalien brin- gen aber eine voͤllige Zerſetzung des Gypſes leicht hervor, welches vermittelſt einer doppelten Wahlanziehung bewerkſtelligt wird. Kocht man z. B. gepulverten Gyps in einer Aufloͤſung des kohlenſauren Kali, ſo geht das Kali mit der Schwe- felſaͤure und die Kalkerde mit der Kohlenſaͤure zuſammen. Dieſe Kalkerde bleibt dann als kohlenſaurer Kalk unaufgeloͤſt als ein weißes Pulver zuruͤck. Das ſchwe- felſaure Kali wird aber in der Fluͤſſigkeit aufgeloͤſt. Dieſe chemiſchen Eigenſchaf- ten des Gypſes bemerken wir hier beſonders in Hinſicht auf die Lehre von der Gypsduͤngung, welche bisher noch dunkel, obwohl durch die augenſcheinlichſten Reſultate genug beſtaͤtigt war. §. 88. Der im Mineralreiche vorkommende Gyps bildet oft ganze Gebirge. Er findet ſich unter verſchiedener Geſtalt; entweder als ein pulverfoͤrmiger Koͤrper, oder in derben Maſſen, oder kryſtalliſirt. Zu den gewoͤhnlichſten Arten ge- hoͤren folgende: Gyps-Mine- ralien. 1) Der Mehlgyps, gypsartige Bergmilch, Himmelsmehl. Dies iſt Gyps in pulverfoͤrmigem Zuſtande, und er findet ſich in der Nachbarſchaft von Gypsfelſen, wo er wohl vermittelſt des Waſſers abgeriſſen und in pulverfoͤrmiger Geſtalt zu Tage gebracht wird. An einigen Orten ſieht man ihn aus der Erde hervorquillen. In Zeiten der Hungersnoth glaubte man, dies ſey vom Himmel herabgeſchicktes Mehl, und vermiſchte es mit wirklichem Getreidemehle, backte Brod daraus, was freilich keine Nahrung geben konnte, indeſſen doch nicht ſo toͤdtlich war, wie manche es von dem mit Gyps vermiſchten Mehle glaubten. 2) Der gemeine dichte Gypsſtein. Man findet ihn an Floͤtzgebirgen in großen Maſſen. Er iſt nicht ſehr hart, laͤßt ſich mit den Zaͤhnen zerbeißen, wo er ein Kniſtern verurſacht, nimmt keine Politur an, und iſt ziemlich zaͤhe, ſo daß man ihn ſchwer zu Pulver ſchaffen kann. Man findet ihn von verſchiedener Farbe, meiſtens graͤulich und weiß. Eine Abart von ihm iſt der Alabaſter,

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 93. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/137>, abgerufen am 24.11.2024.