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Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

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Bestandtheile des Bodens.
bensorgans vorhanden. Jede organische Natur eignet sich während ihres Lebens im-
mer mehrere rohe Naturstoffe an, und verarbeitet sie am Ende zu Humus, so daß
diese Materie sich um so stärker vermehrt, je Menschen- und Thierreicher eine Gegend
ist, und je größere Produktion man aus dem Boden zu ziehen sucht; vorausgesetzt,
daß man sie nicht muthwillig durch das Wasser in den Ocean fortführen oder durch
Feuer zerstören läßt. Wir können die Geschichte des Humus von Anbeginn der Welt
studieren, wenn wir nur die Fortschritte der Vegetation auf kahlen Felsen betrachten.
Erst erzeugen sich Flechten und Moose, in deren Moder vollkommnere Pflanzen
Nahrung finden, die durch ihre Verwesung immer die Masse desselben vermehren,
und somit endlich ein Lager von Humus hervorbringen, worin die stärksten Bäume
wachsen können.

Die Dammerde, sagt Voigt im Anhange zu Saussures Untersuchungen
der Vegetation sehr schön, ist das zum Theil entmischte, aber nicht gänzlich desorga-
nisirte Vegetabil. Sie bildet eine große allgemeine Pflanze ohne Organisation, und
trägt die andern Pflanzen nur auf sich, und nähret sie, wie eine Knospe vom Stamme
getragen und ernähret wird, oder wie ein Kaktustrieb auf Kosten des alten Blatt-
astes. Die Dammerde besteht aus vegetabilischen Substanzen, kann also auch wie-
der darin verwandelt werden, und wird zu dieser Absicht oft sorgfältig vorbereitet.

§. 110.

Bestandtheile.Der Humus ist in der Qualität seiner Bestandtheile denen Körpern gleich, aus
welchen er entstand. Allein im quantitativen Verhältnisse erleiden sie eine Verände-
rung. Die Urstoffe treten in eine andere Verbindung, ein Theil verflüchtigt sich.
Der Humus hat nach Saussure weniger Oxygen, aber mehr Kohlenstoff und
Azot, als die Gewächse, woraus er entstand. Aber auch die Umstände, unter wel-
chen sich der Humus bildet, haben auf das quantitative Verhältniß und die besondere
Verbindungsart seiner elementarischen Theile ohne Zweifel einen großen Einfluß.
Er ist deshalb verschieden, wenn er sich unter der freien oder unter dem verschlossenen
Zutritt der Atmosphäre bildet; verschieden bei dem Zutritte von vielen Wasser, oder
bei geringer Feuchtigkeit. Dies ist ausgemacht; obgleich weder die Umstände, die
auf die Bildung des Humus Einfluß haben, noch die Abweichungen, die sich dabei
finden, schon genugsam untersucht sind.


Beſtandtheile des Bodens.
bensorgans vorhanden. Jede organiſche Natur eignet ſich waͤhrend ihres Lebens im-
mer mehrere rohe Naturſtoffe an, und verarbeitet ſie am Ende zu Humus, ſo daß
dieſe Materie ſich um ſo ſtaͤrker vermehrt, je Menſchen- und Thierreicher eine Gegend
iſt, und je groͤßere Produktion man aus dem Boden zu ziehen ſucht; vorausgeſetzt,
daß man ſie nicht muthwillig durch das Waſſer in den Ocean fortfuͤhren oder durch
Feuer zerſtoͤren laͤßt. Wir koͤnnen die Geſchichte des Humus von Anbeginn der Welt
ſtudieren, wenn wir nur die Fortſchritte der Vegetation auf kahlen Felſen betrachten.
Erſt erzeugen ſich Flechten und Mooſe, in deren Moder vollkommnere Pflanzen
Nahrung finden, die durch ihre Verweſung immer die Maſſe deſſelben vermehren,
und ſomit endlich ein Lager von Humus hervorbringen, worin die ſtaͤrkſten Baͤume
wachſen koͤnnen.

Die Dammerde, ſagt Voigt im Anhange zu Sauſſures Unterſuchungen
der Vegetation ſehr ſchoͤn, iſt das zum Theil entmiſchte, aber nicht gaͤnzlich deſorga-
niſirte Vegetabil. Sie bildet eine große allgemeine Pflanze ohne Organiſation, und
traͤgt die andern Pflanzen nur auf ſich, und naͤhret ſie, wie eine Knoſpe vom Stamme
getragen und ernaͤhret wird, oder wie ein Kaktustrieb auf Koſten des alten Blatt-
aſtes. Die Dammerde beſteht aus vegetabiliſchen Subſtanzen, kann alſo auch wie-
der darin verwandelt werden, und wird zu dieſer Abſicht oft ſorgfaͤltig vorbereitet.

§. 110.

Beſtandtheile.Der Humus iſt in der Qualitaͤt ſeiner Beſtandtheile denen Koͤrpern gleich, aus
welchen er entſtand. Allein im quantitativen Verhaͤltniſſe erleiden ſie eine Veraͤnde-
rung. Die Urſtoffe treten in eine andere Verbindung, ein Theil verfluͤchtigt ſich.
Der Humus hat nach Sauſſure weniger Oxygen, aber mehr Kohlenſtoff und
Azot, als die Gewaͤchſe, woraus er entſtand. Aber auch die Umſtaͤnde, unter wel-
chen ſich der Humus bildet, haben auf das quantitative Verhaͤltniß und die beſondere
Verbindungsart ſeiner elementariſchen Theile ohne Zweifel einen großen Einfluß.
Er iſt deshalb verſchieden, wenn er ſich unter der freien oder unter dem verſchloſſenen
Zutritt der Atmoſphaͤre bildet; verſchieden bei dem Zutritte von vielen Waſſer, oder
bei geringer Feuchtigkeit. Dies iſt ausgemacht; obgleich weder die Umſtaͤnde, die
auf die Bildung des Humus Einfluß haben, noch die Abweichungen, die ſich dabei
finden, ſchon genugſam unterſucht ſind.


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[108/0152] Beſtandtheile des Bodens. bensorgans vorhanden. Jede organiſche Natur eignet ſich waͤhrend ihres Lebens im- mer mehrere rohe Naturſtoffe an, und verarbeitet ſie am Ende zu Humus, ſo daß dieſe Materie ſich um ſo ſtaͤrker vermehrt, je Menſchen- und Thierreicher eine Gegend iſt, und je groͤßere Produktion man aus dem Boden zu ziehen ſucht; vorausgeſetzt, daß man ſie nicht muthwillig durch das Waſſer in den Ocean fortfuͤhren oder durch Feuer zerſtoͤren laͤßt. Wir koͤnnen die Geſchichte des Humus von Anbeginn der Welt ſtudieren, wenn wir nur die Fortſchritte der Vegetation auf kahlen Felſen betrachten. Erſt erzeugen ſich Flechten und Mooſe, in deren Moder vollkommnere Pflanzen Nahrung finden, die durch ihre Verweſung immer die Maſſe deſſelben vermehren, und ſomit endlich ein Lager von Humus hervorbringen, worin die ſtaͤrkſten Baͤume wachſen koͤnnen. Die Dammerde, ſagt Voigt im Anhange zu Sauſſures Unterſuchungen der Vegetation ſehr ſchoͤn, iſt das zum Theil entmiſchte, aber nicht gaͤnzlich deſorga- niſirte Vegetabil. Sie bildet eine große allgemeine Pflanze ohne Organiſation, und traͤgt die andern Pflanzen nur auf ſich, und naͤhret ſie, wie eine Knoſpe vom Stamme getragen und ernaͤhret wird, oder wie ein Kaktustrieb auf Koſten des alten Blatt- aſtes. Die Dammerde beſteht aus vegetabiliſchen Subſtanzen, kann alſo auch wie- der darin verwandelt werden, und wird zu dieſer Abſicht oft ſorgfaͤltig vorbereitet. §. 110. Der Humus iſt in der Qualitaͤt ſeiner Beſtandtheile denen Koͤrpern gleich, aus welchen er entſtand. Allein im quantitativen Verhaͤltniſſe erleiden ſie eine Veraͤnde- rung. Die Urſtoffe treten in eine andere Verbindung, ein Theil verfluͤchtigt ſich. Der Humus hat nach Sauſſure weniger Oxygen, aber mehr Kohlenſtoff und Azot, als die Gewaͤchſe, woraus er entſtand. Aber auch die Umſtaͤnde, unter wel- chen ſich der Humus bildet, haben auf das quantitative Verhaͤltniß und die beſondere Verbindungsart ſeiner elementariſchen Theile ohne Zweifel einen großen Einfluß. Er iſt deshalb verſchieden, wenn er ſich unter der freien oder unter dem verſchloſſenen Zutritt der Atmoſphaͤre bildet; verſchieden bei dem Zutritte von vielen Waſſer, oder bei geringer Feuchtigkeit. Dies iſt ausgemacht; obgleich weder die Umſtaͤnde, die auf die Bildung des Humus Einfluß haben, noch die Abweichungen, die ſich dabei finden, ſchon genugſam unterſucht ſind. Beſtandtheile.

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Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 108. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/152>, abgerufen am 24.11.2024.