Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810.

Bild:
<< vorherige Seite

Vegetabilische Düngungsmittel.
die Ruhe Kräfte wieder erhalten. Er thut dies freilich, indem noch immer einige
Produktion darauf vorgeht, aber weit langsamer und in weit geringerer Progres-
sion, als wenn er in mehrerer Kraft niedergelegt wurde. Je fruchtbarer der nie-
dergelegte Boden noch ist, um desto mehr Blätter und Wurzeln, auch desto mehr
Würmer und Insekten werden sich darauf erzeugen, desto mehr Mist wird darauf
fallen; und er wird sich um so stärker bereichern, je reicher die Quelle von Nah-
rungsstoff ist, den er in sich hält.

§. 47.

Eine schnellere und reichhaltigere vegetabilische Düngung geben wir aber demUnterpflügen
grüner Saa-
ten.

Acker, wenn wir angemessene Pflanzen, die zu einer größeren Stärke und Ent-
wickelung kommen, darauf aussäen, und sie im Zeitpunkte ihrer Blüte entweder
geradezu unterpflügen oder sie erst durch draufgetriebenes Vieh abfressen und nieder-
treten lassen, dann aber sogleich unterbringen. Diese Methode ist uralt und stand
bei den Römern im größten Rufe. Sie hat sich in Italien bis auf den heutigen
Tag fortgepflanzt, und man hält daselbst eine solche grüne Düngung, auch wo es
an thierischem Miste nicht mangelt, dennoch für höchst nützlich, um den Boden
in die höchste Fruchtbarkeit zu versetzen. Das dortige Klima begünstigt diese Me-
thode freilich mehr wie das unsrige, indem man solche Saaten erst nach der frü-
hern Aberntung aussäet, wo dann noch Zeit genug zu ihrem Heranwachsen übrig
bleibt. Unter allen Pflanzen, die hierzu gebraucht werden, hat keine so viel
Ruhm, wie die weiße Lupine, welche von den ältesten Zeiten an bis auf die
jetzigen bloß zu dieser Absicht angebauet wird, indem sie sonst weder als menschli-
ches noch als thierisches Nahrungsmittel im Kraut und in der Frucht, wegen ihres
barschen Geschmacks, nützlich gebraucht werden kann. Bei einer vorläufigen Un-
tersuchung, die wir nächstens genauer anstellen werden, hat sich gezeigt, daß diese
Pflanze vielen kleberartigen Stoff in sich enthalte, woraus sich die vorzügliche
düngende Kraft, die ihr beigemessen wird, erklären läßt. Der Samen selbst wird
nach Simondes Gemählde der Toskanischen Landwirthschaft, S. 114, nach-
dem man ihm seine Keimkraft genommen hat, um die Olivenbäume eingegraben,
um ihnen Düngung zu geben. Ob diese Pflanze sich in ihrer düngenden Kraft
so besonders auszeichne, daß sie dieserhalb bei uns angebaut zu werden verdiene,
werden uns anzustellende Versuche lehren. Wir haben sie zu dem Ende vermehrt

F f 2

Vegetabiliſche Duͤngungsmittel.
die Ruhe Kraͤfte wieder erhalten. Er thut dies freilich, indem noch immer einige
Produktion darauf vorgeht, aber weit langſamer und in weit geringerer Progreſ-
ſion, als wenn er in mehrerer Kraft niedergelegt wurde. Je fruchtbarer der nie-
dergelegte Boden noch iſt, um deſto mehr Blaͤtter und Wurzeln, auch deſto mehr
Wuͤrmer und Inſekten werden ſich darauf erzeugen, deſto mehr Miſt wird darauf
fallen; und er wird ſich um ſo ſtaͤrker bereichern, je reicher die Quelle von Nah-
rungsſtoff iſt, den er in ſich haͤlt.

§. 47.

Eine ſchnellere und reichhaltigere vegetabiliſche Duͤngung geben wir aber demUnterpfluͤgen
gruͤner Saa-
ten.

Acker, wenn wir angemeſſene Pflanzen, die zu einer groͤßeren Staͤrke und Ent-
wickelung kommen, darauf ausſaͤen, und ſie im Zeitpunkte ihrer Bluͤte entweder
geradezu unterpfluͤgen oder ſie erſt durch draufgetriebenes Vieh abfreſſen und nieder-
treten laſſen, dann aber ſogleich unterbringen. Dieſe Methode iſt uralt und ſtand
bei den Roͤmern im groͤßten Rufe. Sie hat ſich in Italien bis auf den heutigen
Tag fortgepflanzt, und man haͤlt daſelbſt eine ſolche gruͤne Duͤngung, auch wo es
an thieriſchem Miſte nicht mangelt, dennoch fuͤr hoͤchſt nuͤtzlich, um den Boden
in die hoͤchſte Fruchtbarkeit zu verſetzen. Das dortige Klima beguͤnſtigt dieſe Me-
thode freilich mehr wie das unſrige, indem man ſolche Saaten erſt nach der fruͤ-
hern Aberntung ausſaͤet, wo dann noch Zeit genug zu ihrem Heranwachſen uͤbrig
bleibt. Unter allen Pflanzen, die hierzu gebraucht werden, hat keine ſo viel
Ruhm, wie die weiße Lupine, welche von den aͤlteſten Zeiten an bis auf die
jetzigen bloß zu dieſer Abſicht angebauet wird, indem ſie ſonſt weder als menſchli-
ches noch als thieriſches Nahrungsmittel im Kraut und in der Frucht, wegen ihres
barſchen Geſchmacks, nuͤtzlich gebraucht werden kann. Bei einer vorlaͤufigen Un-
terſuchung, die wir naͤchſtens genauer anſtellen werden, hat ſich gezeigt, daß dieſe
Pflanze vielen kleberartigen Stoff in ſich enthalte, woraus ſich die vorzuͤgliche
duͤngende Kraft, die ihr beigemeſſen wird, erklaͤren laͤßt. Der Samen ſelbſt wird
nach Simondes Gemaͤhlde der Toskaniſchen Landwirthſchaft, S. 114, nach-
dem man ihm ſeine Keimkraft genommen hat, um die Olivenbaͤume eingegraben,
um ihnen Duͤngung zu geben. Ob dieſe Pflanze ſich in ihrer duͤngenden Kraft
ſo beſonders auszeichne, daß ſie dieſerhalb bei uns angebaut zu werden verdiene,
werden uns anzuſtellende Verſuche lehren. Wir haben ſie zu dem Ende vermehrt

F f 2
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0275" n="227"/><fw place="top" type="header">Vegetabili&#x017F;che Du&#x0364;ngungsmittel.</fw><lb/>
die Ruhe Kra&#x0364;fte wieder erhalten. Er thut dies freilich, indem noch immer einige<lb/>
Produktion darauf vorgeht, aber weit lang&#x017F;amer und in weit geringerer Progre&#x017F;-<lb/>
&#x017F;ion, als wenn er in mehrerer Kraft niedergelegt wurde. Je fruchtbarer der nie-<lb/>
dergelegte Boden noch i&#x017F;t, um de&#x017F;to mehr Bla&#x0364;tter und Wurzeln, auch de&#x017F;to mehr<lb/>
Wu&#x0364;rmer und In&#x017F;ekten werden &#x017F;ich darauf erzeugen, de&#x017F;to mehr Mi&#x017F;t wird darauf<lb/>
fallen; und er wird &#x017F;ich um &#x017F;o &#x017F;ta&#x0364;rker bereichern, je reicher die Quelle von Nah-<lb/>
rungs&#x017F;toff i&#x017F;t, den er in &#x017F;ich ha&#x0364;lt.</p>
          </div><lb/>
          <div n="3">
            <head>§. 47.</head><lb/>
            <p>Eine &#x017F;chnellere und reichhaltigere vegetabili&#x017F;che Du&#x0364;ngung geben wir aber dem<note place="right">Unterpflu&#x0364;gen<lb/>
gru&#x0364;ner Saa-<lb/>
ten.</note><lb/>
Acker, wenn wir angeme&#x017F;&#x017F;ene Pflanzen, die zu einer gro&#x0364;ßeren Sta&#x0364;rke und Ent-<lb/>
wickelung kommen, darauf aus&#x017F;a&#x0364;en, und &#x017F;ie im Zeitpunkte ihrer Blu&#x0364;te entweder<lb/>
geradezu unterpflu&#x0364;gen oder &#x017F;ie er&#x017F;t durch draufgetriebenes Vieh abfre&#x017F;&#x017F;en und nieder-<lb/>
treten la&#x017F;&#x017F;en, dann aber &#x017F;ogleich unterbringen. Die&#x017F;e Methode i&#x017F;t uralt und &#x017F;tand<lb/>
bei den Ro&#x0364;mern im gro&#x0364;ßten Rufe. Sie hat &#x017F;ich in Italien bis auf den heutigen<lb/>
Tag fortgepflanzt, und man ha&#x0364;lt da&#x017F;elb&#x017F;t eine &#x017F;olche gru&#x0364;ne Du&#x0364;ngung, auch wo es<lb/>
an thieri&#x017F;chem Mi&#x017F;te nicht mangelt, dennoch fu&#x0364;r ho&#x0364;ch&#x017F;t nu&#x0364;tzlich, um den Boden<lb/>
in die ho&#x0364;ch&#x017F;te Fruchtbarkeit zu ver&#x017F;etzen. Das dortige Klima begu&#x0364;n&#x017F;tigt die&#x017F;e Me-<lb/>
thode freilich mehr wie das un&#x017F;rige, indem man &#x017F;olche Saaten er&#x017F;t nach der fru&#x0364;-<lb/>
hern Aberntung aus&#x017F;a&#x0364;et, wo dann noch Zeit genug zu ihrem Heranwach&#x017F;en u&#x0364;brig<lb/>
bleibt. Unter allen Pflanzen, die hierzu gebraucht werden, hat keine &#x017F;o viel<lb/>
Ruhm, wie die <hi rendition="#g">weiße Lupine</hi>, welche von den a&#x0364;lte&#x017F;ten Zeiten an bis auf die<lb/>
jetzigen bloß zu die&#x017F;er Ab&#x017F;icht angebauet wird, indem &#x017F;ie &#x017F;on&#x017F;t weder als men&#x017F;chli-<lb/>
ches noch als thieri&#x017F;ches Nahrungsmittel im Kraut und in der Frucht, wegen ihres<lb/>
bar&#x017F;chen Ge&#x017F;chmacks, nu&#x0364;tzlich gebraucht werden kann. Bei einer vorla&#x0364;ufigen Un-<lb/>
ter&#x017F;uchung, die wir na&#x0364;ch&#x017F;tens genauer an&#x017F;tellen werden, hat &#x017F;ich gezeigt, daß die&#x017F;e<lb/>
Pflanze vielen kleberartigen Stoff in &#x017F;ich enthalte, woraus &#x017F;ich die vorzu&#x0364;gliche<lb/>
du&#x0364;ngende Kraft, die ihr beigeme&#x017F;&#x017F;en wird, erkla&#x0364;ren la&#x0364;ßt. Der Samen &#x017F;elb&#x017F;t wird<lb/>
nach <hi rendition="#g">Simondes</hi> Gema&#x0364;hlde der Toskani&#x017F;chen Landwirth&#x017F;chaft, S. 114, nach-<lb/>
dem man ihm &#x017F;eine Keimkraft genommen hat, um die Olivenba&#x0364;ume eingegraben,<lb/>
um ihnen Du&#x0364;ngung zu geben. Ob die&#x017F;e Pflanze &#x017F;ich in ihrer du&#x0364;ngenden Kraft<lb/>
&#x017F;o be&#x017F;onders auszeichne, daß &#x017F;ie die&#x017F;erhalb bei uns angebaut zu werden verdiene,<lb/>
werden uns anzu&#x017F;tellende Ver&#x017F;uche lehren. Wir haben &#x017F;ie zu dem Ende vermehrt<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">F f 2</fw><lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[227/0275] Vegetabiliſche Duͤngungsmittel. die Ruhe Kraͤfte wieder erhalten. Er thut dies freilich, indem noch immer einige Produktion darauf vorgeht, aber weit langſamer und in weit geringerer Progreſ- ſion, als wenn er in mehrerer Kraft niedergelegt wurde. Je fruchtbarer der nie- dergelegte Boden noch iſt, um deſto mehr Blaͤtter und Wurzeln, auch deſto mehr Wuͤrmer und Inſekten werden ſich darauf erzeugen, deſto mehr Miſt wird darauf fallen; und er wird ſich um ſo ſtaͤrker bereichern, je reicher die Quelle von Nah- rungsſtoff iſt, den er in ſich haͤlt. §. 47. Eine ſchnellere und reichhaltigere vegetabiliſche Duͤngung geben wir aber dem Acker, wenn wir angemeſſene Pflanzen, die zu einer groͤßeren Staͤrke und Ent- wickelung kommen, darauf ausſaͤen, und ſie im Zeitpunkte ihrer Bluͤte entweder geradezu unterpfluͤgen oder ſie erſt durch draufgetriebenes Vieh abfreſſen und nieder- treten laſſen, dann aber ſogleich unterbringen. Dieſe Methode iſt uralt und ſtand bei den Roͤmern im groͤßten Rufe. Sie hat ſich in Italien bis auf den heutigen Tag fortgepflanzt, und man haͤlt daſelbſt eine ſolche gruͤne Duͤngung, auch wo es an thieriſchem Miſte nicht mangelt, dennoch fuͤr hoͤchſt nuͤtzlich, um den Boden in die hoͤchſte Fruchtbarkeit zu verſetzen. Das dortige Klima beguͤnſtigt dieſe Me- thode freilich mehr wie das unſrige, indem man ſolche Saaten erſt nach der fruͤ- hern Aberntung ausſaͤet, wo dann noch Zeit genug zu ihrem Heranwachſen uͤbrig bleibt. Unter allen Pflanzen, die hierzu gebraucht werden, hat keine ſo viel Ruhm, wie die weiße Lupine, welche von den aͤlteſten Zeiten an bis auf die jetzigen bloß zu dieſer Abſicht angebauet wird, indem ſie ſonſt weder als menſchli- ches noch als thieriſches Nahrungsmittel im Kraut und in der Frucht, wegen ihres barſchen Geſchmacks, nuͤtzlich gebraucht werden kann. Bei einer vorlaͤufigen Un- terſuchung, die wir naͤchſtens genauer anſtellen werden, hat ſich gezeigt, daß dieſe Pflanze vielen kleberartigen Stoff in ſich enthalte, woraus ſich die vorzuͤgliche duͤngende Kraft, die ihr beigemeſſen wird, erklaͤren laͤßt. Der Samen ſelbſt wird nach Simondes Gemaͤhlde der Toskaniſchen Landwirthſchaft, S. 114, nach- dem man ihm ſeine Keimkraft genommen hat, um die Olivenbaͤume eingegraben, um ihnen Duͤngung zu geben. Ob dieſe Pflanze ſich in ihrer duͤngenden Kraft ſo beſonders auszeichne, daß ſie dieſerhalb bei uns angebaut zu werden verdiene, werden uns anzuſtellende Verſuche lehren. Wir haben ſie zu dem Ende vermehrt Unterpfluͤgen gruͤner Saa- ten. F f 2

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/275
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 2. Berlin, 1810, S. 227. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft02_1810/275>, abgerufen am 24.11.2024.