Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Arbeit der Beackerung.

Bei den vierfährigen Brachen wird die erste Furche von Rechtswegen schon im
Herbste gegeben, zuweilen wird dies aber auch fehlerhaft bis im Frühjahre verschoben.

Das fünf-, sechs- und siebenmalige Pflügen findet man nur selten, und nur
bei den vorzüglichsten Ackerbauern auf fruchtbarem Boden, welche diesen genug zu
schätzen wissen, um ihn, falls sie den Ertrag eines Jahres aufopfern, in den vollkom-
mensten Stand zu setzen. Eine solche Bearbeitung ist aber allerdings auch in unserm
Klima anwendbar.

§. 172.

Die erste nennt man im eigentlichen Verstande die Brachfurche oderBenennungen
der verschie-
denen Pflug-
arten.

Breekfurche. Das Pflügen derselben heißt also Breeken, an einigen Orten
ausschließlich dann, wenn es Grasnarbe war. Denn wo es Getreidestoppel ist,
nennt man es Stürzen oder Stoppeln.

Die zweite heißt die Wendefahre, weil der Pflugstreifen hier wieder her-
umgewandt wird.

Die dritte Fahre heißt die Ruhrfahre, weil der Boden hierdurch gerühret
werden soll. Folgt dieser noch eine Fahre, eher zur Saat gepflügt wird, so heißt
sie die zweite Ruhrfahre.

Die letzte ist dann die Saatfahre.

Schon die Römer unterschieden diese verschiedenen Pflugarten mit besonderen
Namen. Sie nannten die erste Furche praescindere, die zweite vertere, die dritte
fringere, die vierte offringere, die fünfte refringere, und die sechste oder Saat-
furche liraro, weil hier der Acker das Ansehn einer bespannten Leyer erhielt. Fast
alle Nationen und Provinzen haben diesen Fahren besondere-Namen gegeben, die
man kennen muß, wenn man über den Ackerbau der Gegend Erkundigungen
einziehen will.

Wenn zum Sommergetreide, oder auch zum Wintergetreide, welches in die
Stoppel kommt, mehrere Male gepflügt wird, so bezeichnet man die Fahren oft noch
mit andern Ausdrücken. So heißt das zweite Pflügen zur Gerste oder Hafer fal-
gen, felgen
oder falzen, und daher nennt man den Hafer, der mehrere Fahren
erhalten hat, Felgehafer, im Gegensatze von dem, der nur eine Fahre bekommen,
und welcher Hartlandshafer heißt. Unter letzterem Ausdrucke versteht man aber
nicht, wie es scheinen möchte, denjenigen, der in umgebrochener Grasnarbe gesäet

Die Arbeit der Beackerung.

Bei den vierfaͤhrigen Brachen wird die erſte Furche von Rechtswegen ſchon im
Herbſte gegeben, zuweilen wird dies aber auch fehlerhaft bis im Fruͤhjahre verſchoben.

Das fuͤnf-, ſechs- und ſiebenmalige Pfluͤgen findet man nur ſelten, und nur
bei den vorzuͤglichſten Ackerbauern auf fruchtbarem Boden, welche dieſen genug zu
ſchaͤtzen wiſſen, um ihn, falls ſie den Ertrag eines Jahres aufopfern, in den vollkom-
menſten Stand zu ſetzen. Eine ſolche Bearbeitung iſt aber allerdings auch in unſerm
Klima anwendbar.

§. 172.

Die erſte nennt man im eigentlichen Verſtande die Brachfurche oderBenennungen
der verſchie-
denen Pflug-
arten.

Breekfurche. Das Pfluͤgen derſelben heißt alſo Breeken, an einigen Orten
ausſchließlich dann, wenn es Grasnarbe war. Denn wo es Getreideſtoppel iſt,
nennt man es Stuͤrzen oder Stoppeln.

Die zweite heißt die Wendefahre, weil der Pflugſtreifen hier wieder her-
umgewandt wird.

Die dritte Fahre heißt die Ruhrfahre, weil der Boden hierdurch geruͤhret
werden ſoll. Folgt dieſer noch eine Fahre, eher zur Saat gepfluͤgt wird, ſo heißt
ſie die zweite Ruhrfahre.

Die letzte iſt dann die Saatfahre.

Schon die Roͤmer unterſchieden dieſe verſchiedenen Pflugarten mit beſonderen
Namen. Sie nannten die erſte Furche praescindere, die zweite vertere, die dritte
fringere, die vierte offringere, die fuͤnfte refringere, und die ſechſte oder Saat-
furche liraro, weil hier der Acker das Anſehn einer beſpannten Leyer erhielt. Faſt
alle Nationen und Provinzen haben dieſen Fahren beſondere-Namen gegeben, die
man kennen muß, wenn man uͤber den Ackerbau der Gegend Erkundigungen
einziehen will.

Wenn zum Sommergetreide, oder auch zum Wintergetreide, welches in die
Stoppel kommt, mehrere Male gepfluͤgt wird, ſo bezeichnet man die Fahren oft noch
mit andern Ausdruͤcken. So heißt das zweite Pfluͤgen zur Gerſte oder Hafer fal-
gen, felgen
oder falzen, und daher nennt man den Hafer, der mehrere Fahren
erhalten hat, Felgehafer, im Gegenſatze von dem, der nur eine Fahre bekommen,
und welcher Hartlandshafer heißt. Unter letzterem Ausdrucke verſteht man aber
nicht, wie es ſcheinen moͤchte, denjenigen, der in umgebrochener Grasnarbe geſaͤet

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <div n="4">
              <pb facs="#f0117" n="95"/>
              <fw place="top" type="header">Die Arbeit der Beackerung.</fw><lb/>
              <p>Bei den vierfa&#x0364;hrigen Brachen wird die er&#x017F;te Furche von Rechtswegen &#x017F;chon im<lb/>
Herb&#x017F;te gegeben, zuweilen wird dies aber auch fehlerhaft bis im Fru&#x0364;hjahre ver&#x017F;choben.</p><lb/>
              <p>Das fu&#x0364;nf-, &#x017F;echs- und &#x017F;iebenmalige Pflu&#x0364;gen findet man nur &#x017F;elten, und nur<lb/>
bei den vorzu&#x0364;glich&#x017F;ten Ackerbauern auf fruchtbarem Boden, welche die&#x017F;en genug zu<lb/>
&#x017F;cha&#x0364;tzen wi&#x017F;&#x017F;en, um ihn, falls &#x017F;ie den Ertrag eines Jahres aufopfern, in den vollkom-<lb/>
men&#x017F;ten Stand zu &#x017F;etzen. Eine &#x017F;olche Bearbeitung i&#x017F;t aber allerdings auch in un&#x017F;erm<lb/>
Klima anwendbar.</p>
            </div><lb/>
            <div n="4">
              <head>§. 172.</head><lb/>
              <p>Die er&#x017F;te nennt man im eigentlichen Ver&#x017F;tande die <hi rendition="#g">Brachfurche</hi> oder<note place="right">Benennungen<lb/>
der ver&#x017F;chie-<lb/>
denen Pflug-<lb/>
arten.</note><lb/><hi rendition="#g">Breekfurche</hi>. Das Pflu&#x0364;gen der&#x017F;elben heißt al&#x017F;o <hi rendition="#g">Breeken</hi>, an einigen Orten<lb/>
aus&#x017F;chließlich dann, wenn es Grasnarbe war. Denn wo es Getreide&#x017F;toppel i&#x017F;t,<lb/>
nennt man es <hi rendition="#g">Stu&#x0364;rzen</hi> oder <hi rendition="#g">Stoppeln</hi>.</p><lb/>
              <p>Die zweite heißt die <hi rendition="#g">Wendefahre</hi>, weil der Pflug&#x017F;treifen hier wieder her-<lb/>
umgewandt wird.</p><lb/>
              <p>Die dritte Fahre heißt die <hi rendition="#g">Ruhrfahre</hi>, weil der Boden hierdurch geru&#x0364;hret<lb/>
werden &#x017F;oll. Folgt die&#x017F;er noch eine Fahre, eher zur Saat gepflu&#x0364;gt wird, &#x017F;o heißt<lb/>
&#x017F;ie die <hi rendition="#g">zweite Ruhrfahre</hi>.</p><lb/>
              <p>Die letzte i&#x017F;t dann die <hi rendition="#g">Saatfahre</hi>.</p><lb/>
              <p>Schon die Ro&#x0364;mer unter&#x017F;chieden die&#x017F;e ver&#x017F;chiedenen Pflugarten mit be&#x017F;onderen<lb/>
Namen. Sie nannten die er&#x017F;te Furche <hi rendition="#aq">praescindere,</hi> die zweite <hi rendition="#aq">vertere,</hi> die dritte<lb/><hi rendition="#aq">fringere,</hi> die vierte <hi rendition="#aq">offringere,</hi> die fu&#x0364;nfte <hi rendition="#aq">refringere</hi>, und die &#x017F;ech&#x017F;te oder Saat-<lb/>
furche <hi rendition="#aq">liraro,</hi> weil hier der Acker das An&#x017F;ehn einer be&#x017F;pannten Leyer erhielt. Fa&#x017F;t<lb/>
alle Nationen und Provinzen haben die&#x017F;en Fahren be&#x017F;ondere-Namen gegeben, die<lb/>
man kennen muß, wenn man u&#x0364;ber den Ackerbau der Gegend Erkundigungen<lb/>
einziehen will.</p><lb/>
              <p>Wenn zum Sommergetreide, oder auch zum Wintergetreide, welches in die<lb/>
Stoppel kommt, mehrere Male gepflu&#x0364;gt wird, &#x017F;o bezeichnet man die Fahren oft noch<lb/>
mit andern Ausdru&#x0364;cken. So heißt das zweite Pflu&#x0364;gen zur Ger&#x017F;te oder Hafer <hi rendition="#g">fal-<lb/>
gen, felgen</hi> oder <hi rendition="#g">falzen</hi>, und daher nennt man den Hafer, der mehrere Fahren<lb/>
erhalten hat, <hi rendition="#g">Felgehafer</hi>, im Gegen&#x017F;atze von dem, der nur eine Fahre bekommen,<lb/>
und welcher <hi rendition="#g">Hartlandshafer</hi> heißt. Unter letzterem Ausdrucke ver&#x017F;teht man aber<lb/>
nicht, wie es &#x017F;cheinen mo&#x0364;chte, denjenigen, der in umgebrochener Grasnarbe ge&#x017F;a&#x0364;et<lb/></p>
            </div>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[95/0117] Die Arbeit der Beackerung. Bei den vierfaͤhrigen Brachen wird die erſte Furche von Rechtswegen ſchon im Herbſte gegeben, zuweilen wird dies aber auch fehlerhaft bis im Fruͤhjahre verſchoben. Das fuͤnf-, ſechs- und ſiebenmalige Pfluͤgen findet man nur ſelten, und nur bei den vorzuͤglichſten Ackerbauern auf fruchtbarem Boden, welche dieſen genug zu ſchaͤtzen wiſſen, um ihn, falls ſie den Ertrag eines Jahres aufopfern, in den vollkom- menſten Stand zu ſetzen. Eine ſolche Bearbeitung iſt aber allerdings auch in unſerm Klima anwendbar. §. 172. Die erſte nennt man im eigentlichen Verſtande die Brachfurche oder Breekfurche. Das Pfluͤgen derſelben heißt alſo Breeken, an einigen Orten ausſchließlich dann, wenn es Grasnarbe war. Denn wo es Getreideſtoppel iſt, nennt man es Stuͤrzen oder Stoppeln. Benennungen der verſchie- denen Pflug- arten. Die zweite heißt die Wendefahre, weil der Pflugſtreifen hier wieder her- umgewandt wird. Die dritte Fahre heißt die Ruhrfahre, weil der Boden hierdurch geruͤhret werden ſoll. Folgt dieſer noch eine Fahre, eher zur Saat gepfluͤgt wird, ſo heißt ſie die zweite Ruhrfahre. Die letzte iſt dann die Saatfahre. Schon die Roͤmer unterſchieden dieſe verſchiedenen Pflugarten mit beſonderen Namen. Sie nannten die erſte Furche praescindere, die zweite vertere, die dritte fringere, die vierte offringere, die fuͤnfte refringere, und die ſechſte oder Saat- furche liraro, weil hier der Acker das Anſehn einer beſpannten Leyer erhielt. Faſt alle Nationen und Provinzen haben dieſen Fahren beſondere-Namen gegeben, die man kennen muß, wenn man uͤber den Ackerbau der Gegend Erkundigungen einziehen will. Wenn zum Sommergetreide, oder auch zum Wintergetreide, welches in die Stoppel kommt, mehrere Male gepfluͤgt wird, ſo bezeichnet man die Fahren oft noch mit andern Ausdruͤcken. So heißt das zweite Pfluͤgen zur Gerſte oder Hafer fal- gen, felgen oder falzen, und daher nennt man den Hafer, der mehrere Fahren erhalten hat, Felgehafer, im Gegenſatze von dem, der nur eine Fahre bekommen, und welcher Hartlandshafer heißt. Unter letzterem Ausdrucke verſteht man aber nicht, wie es ſcheinen moͤchte, denjenigen, der in umgebrochener Grasnarbe geſaͤet

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/117
Zitationshilfe: Thaer, Albrecht: Grundsätze der rationellen Landwirthschaft. Bd. 3. Berlin, 1812, S. 95. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/thaer_landwirthschaft03_1810/117>, abgerufen am 23.11.2024.